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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Gepäck nach einem Stück Draht. Er bohrte eine Weile vorsichtig in dem Schloß herum, bis es plötzlich klickend aufsprang.
    »Du hast wirklich ein paar erstaunliche Talente«, sagte Laura beeindruckt.
    »Ein Offizier und Gentleman sollte auf alles vorbereitet sein«, erwiderte Ian fröhlich.
    Laura zog eine Braue hoch. »Das hast du aber doch sicher nicht auf der Kadettenschule in Addiscombe gelernt.«
    Er grinste. »In einem langweiligen Winter an der Front hatten wir nichts Besonderes zu tun, also brachte mir ein Sergeant mit einer turbulenten Vergangenheit bei, wie man Schlösser aufbricht. Eigentlich war es ein Zeitvertreib, aber manchmal hat es sich schon als recht nützlich erwiesen.«
    Anerkennend lächelnd hob Laura den Deckel der Schatulle. Die Kiste war bis zum Rand mit Papieren und Tagebüchern angefüllt. »Onkel Pjotr hat ja schon gesagt, daß hier nichts drin wäre, was einen Fürsten in Versuchung führen könnte«, bemerkte sie mit einem Hauch Enttäuschung. »Aber ich habe wohl doch auf etwas Aufregenderes als nur Papier gehofft.«
    »Nimm doch einfach alles mal heraus«, schlug Ian vor. »Vielleicht verbirgt sich etwas Interessanteres darunter.«
    Laura begann also, die Papiere herauszunehmen und stapelte sie sorgfältig auf dem Tisch. Als sie sich fast zum Boden durchgearbeitet hatte, sagte sie: »Du hast recht. Hier sind ein paar eingewickelte Dinge.«
    Sie holte den ersten Gegenstand heraus. Als sie ihn von seiner Baumwollumhüllung befreit hatte, hielt sie eine goldene Uhr in ihrer Hand. »Daran kann ich mich erinnern!« rief sie erfreut aus. Sie öffnete den Deckel, und die ersten Töne einer Melodie erklangen. »Die Uhr gehörte ursprünglich meinem Großvater Kuschutkin. Die Familiengeschichte behauptet, sie ist von einem Uhrmacher hergestellt worden, der auch für die französischen Könige arbeitete.«
    »Pjotr hat sie sicher hiergelassen, damit man ihn nicht für einen Europäer hielt, wenn er durch Zentralasien reiste.«
    Laura musterte das Innere des Deckels, in dem kyrillische Buchstaben eingraviert waren. »Mein Onkel hat die Uhr immer vor meinen Augen hin- und herpendeln lassen, damit sich das Licht darin fing, wenn die Melodie spielte. Ich war noch sehr klein und wahrscheinlich ziemlich lästig, und er glaubte, er könnte mich damit ruhigstellen.« Sie schloß die Uhr und wog sie in ihrer Hand. Dann reichte sie sie Ian. »Hier — ich denke, er würde sie dir schenken wollen.«
    Verdutzt blickte Ian die Uhr an. »Du gibst sie mir?«
    »In seinem Gefängnistagebuch hat Pjotr einmal gesagt, du wärst ihm der Sohn, den er niemals hatte, also muß die Uhr in deinen Besitz übergehen.« Sie lächelte schelmisch. »Und wenn ich sie meinem Mann schenke, kann ich sie immer betrachten, wenn ich will.«
    »Vielen Dank.« Ian strich über das leicht fleckige Gold. »Ich muß dir wohl nicht erst sagen, was sie mir bedeutet.«
    »Nein, das brauchst du nicht.« Laura schenkte ihm ein liebes, zufriedenes Lächeln. Dies war einer der Momente perfekten Einverständnisses, der Ian einmal mehr nach mehr Nähe hungern ließ.
    Seine Sehnsucht spürend, ließ Laura ihren Blick sinken und begann, die anderen Objekte, die sich noch in der Truhe befanden, auszuwickeln. Sie fand eine antike emaillierte Schnupftabaksdose, eine chinesische Jadefigur, die eine graziöse Frau darstellte, ein flaches silbernes Etui, das immer noch ein paar ausgetrocknete Zigarren enthielt, einen spitzen Dolch, dessen Griff mit Silberdraht eingelegt war. Das Seltsamste allerdings war eine verformte Bleikugel aus einem Gewehr.
    Laura blickte ein wenig wehmütig auf die Sammlung. »Ich kenne nichts von diesen Dingen. Ich werde wohl nie erfahren, wo sie herstammen und was sie Onkel Pjotr bedeutet haben.«
    Ian betastete die Gewehrkugel. »Diese hier könnte durchaus an irgendeinem Punkt von Pjotrs Karriere aus ihm herausgeholt worden sein. Männer tendieren dazu, seltsame sentimentale Gefühle für Kugeln zu entwickeln, die sie fast getötet hatten. Ich habe auch ein paar von solchen Sachen im Gepäck, das von Cambay nach Schottland verschifft wird.«
    Sie zog ein Gesicht. »Also ist dies hier eine der berühmten Kugeln, die mit dem Namen eines Mannes beschriftet sind?«
    »Die Kugeln, über die ich mir Sorgen gemacht habe, sind eher die, auf denen >für wen auch immer sie bestimmt sein mag< steht«, erwiderte er trocken. »Davon gibt es weit mehr, und sie bringen dich genauso effektiv um.«
    Wie Pjotr schon gesagt hatte, war nichts

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