Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
seinen Blick wieder auf den Springbrunnen unter ihnen. Ja, er machte wirklich gute Fortschritte, was seine Selbstbeherrschung betraf.
    Wenn Laura ihm auch verziehen zu haben schien, was bei Habibur geschehen war, so konnte Ian sich doch selbst nicht vergeben. Dennoch konnte er unmöglich glauben, daß der Schaden irreparabel war, denn keine Frau, die sich dem Liebesspiel mit solch süßer Hitze hingab, konnte dem für ewig abschwören. So groß Lauras Verzweiflung nachher auch gewesen war, so sicher war er, daß Zeit und Geduld ihr Problem, ihr Entsetzen überwinden konnten. Der Schlüssel zu einer glücklichen Zukunft war Geduld, die er haben mußte.
    Er seufzte. Dummerweise war Geduld noch nie seine Stärke gewesen. »Wie ist die Maharani? Ich nehme an, sie war es, die dich hinter den Vorhang gebeten hat.«
    »Kamala ist wirklich die schönste Frau Indiens und wahrscheinlich auch die bezauberndste. Obwohl sie etwa in meinem Alter sein muß, erinnert sie mich an meine Mutter.« Sie dachte kurz nach. »Es muß die Kombination von kluger, weiblicher Wärme sein. Meine Mutter besaß diese auch.«
    Nun lehnte sich auch Ian gegen das Geländer. »Kamala und Rajiv Singh gelten als eines der großen Liebespaare Indiens. Manche sagen, sie sind Reinkarnationen von Schah Jahan und Mumtaz Mahal.« Als Lauras Gesicht ausdruckslos blieb, fuhr er fort: »Schah Jahan war der Herrscher, der das Taj Mahal für seine geliebte Frau Mumtaz Mahal gebaut hat.«
    Laura lächelte. »Und Kamala und ihr Mann sind ihre Wiedergeburten? Ein schöner, romantischer Gedanke. Vielleicht haben sie dieses Mal ja das Glück, mehr Jahre Zusammenleben zu dürfen.«
    Ian hörte aus ihrer Stimme ein wenig Sehnsucht heraus, und er verstand es, denn er empfand ähnlich. Thema einer romantischen Legende zu sein, mußte um einiges erfreulicher sein, als in einer Ehe zu leben, die durch zuviel Leidenschaft und zu viele unlösbare Probleme verflucht war.
    Er hörte leise Schritte im Empfangszimmer und blickte durch den Türbogen, um dort zwei Diener mit Tabletts zu entdecken. Hindus aus hoher Kaste teilten den Tisch nur mit Ebenbürtigen, so daß Laura und Ian vermutlich alle Mahlzeiten in ihren Räumen einnehmen würden.
    Nachdem sie sich die Hände gewaschen hatten, setzten sie sich an den niedrigen, runden Tisch. Laura sah erstaunt das Lammcurry. »Ich dachte, Hindus der oberen Kaste sind Vegetarier?«
    »Viele ja, aber Rajputen zum Beispiel essen auch Fleisch. Zudem ist dies ein riesiger komplexer Haushalt mit Menschen aus allen möglichen Religionen und Kasten, und die müssen ja alle satt werden.« Ian nickte in Richtung des Dieners. »Dieser Geselle hier ist Moslem, also kann er nicht durch die Berührung mit Nahrungsmitteln beschmutzt werden, es sei denn, man würde uns Schweinefleisch servieren. Das wird aber genauso wenig der Fall sein, wie eine Mahlzeit aus Rindfleisch, die jeden guten Hindu beleidigen würde. Es gehört zu Rajiv Singhs Talent, daß er Männer mit den unterschiedlichsten Herkünften und Hintergründen führen kann. Seine Armee hat Regimenter aus Hindus, Moslems, sogar Sikhs. Sie wohnen zwar in eigenen Quartieren, kämpfen aber alle gemeinsam für den Maharadja.«
    Laura schluckte einen Bissen Reispilaf. »Sieht es in der britisch-indischen Armee nicht gleich aus?«
    »Exakt, was ein Grund dafür ist, daß sie die mächtigste Armee ist, die Indien je gesehen hat.« Ian wischte mit einem Stück Brot die Sauce auf. »Wie du weißt, sind die Mehrheit der Armeesoldaten Einheimische. Durch den Drill, die Waffen und die militärischen Anführer sind sie besser als die meisten indischen Krieger. Rajiv Singh tut gut daran, das Beste der modernen, europäischen Kriegskunst mit der nationalen Kampftechnik zu mischen.«
    Sie waren gerade mit dem Essen fertig, als der Kämmerer mit zwei Palastwachen eintrat. Der Kämmerer stellte ein Kästchen vor Laura ab und verbeugte sich. »Mit Empfehlung von Rajiv Singh. Dies ist der Besitz Ihres Onkels und gehört nun Ihnen.« Dann zogen er und die Wachen sich zurück.
    Erfreut untersuchte Laura Pjotrs Hinterlassenschaft. Es war eine recht große, lederbezogene Truhe, die ein wenig schäbig aussah, aber ein intaktes Schloß besaß. Laura runzelte die Stirn. »Ian, hast du vielleicht einen Schlüssel, der dazu passen könnte? Ich möchte, wenn möglich, das Schloß nicht aufbrechen.«
    Er stellte die Truhe auf den Tisch und musterte das Schloß eine Weile, dann ging er in sein Zimmer und suchte in seinem

Weitere Kostenlose Bücher