Indische Naechte
empfinde, möglich«, sagte sie erschöpft. »Aber nicht mit dir, Ian, denn meine Gefüh-
le sind zu stark. Du bist auch nicht ganz davor gefeit. Weißt du noch, wie zornig du geworden bist, als du dachtest, ich würde auf dem Ball mit allen flirten? Die Nacht endete mit Gelächter, aber es hätte auch eine Tragödie werden können.«
»Ich gebe zu, daß ich mehr als einmal daran gedacht habe, dir den Hals umzudrehen. Eine Frau wie du kann einen heiligen Stein aus dem Gleichgewicht bringen«, erwiderte er mit einem Hauch bitteren Humors. »Aber das hat nichts mit echter Gewalt zu tun. Auch wenn ich mich in Cambay wie ein Idiot benommen habe, habe ich dich nicht angegriffen. Und das könnte ich auch nie, egal was du getan haben magst.«
»Vielleicht du nicht. Aber dummerweise bin ich mir nicht so sicher, was ich tun könnte. Ich habe Angst davor, daß wir beide einen Wahn erschaffen könnten, der uns vernichtet wie meine Eltern.« Ihre Stimme brach. »Das... das darf ich nicht zulassen. Niemals.«
Mit grauem Gesicht rieb Ian sich die Schläfen. »Ich habe niemals das Hirn meines Vaters an der Tapete gesehen, so daß ich mich nicht in der Position befinde, deine Befürchtungen nachzuempfinden. Also mag es so sein. Wenigstens verstehe ich jetzt deine Gründe.«
»Es tut mir leid, Ian«, sagte sie, am Boden zerstört. »Du verdienst es nicht, durch meine Schwäche zu leiden.«
»Wir sind, was wir sind, Laura. Entschuldige dich nicht. Ich war derjenige, der die Regeln unserer Ehe verändert hat, als ich wieder zu einem ganzen Mann wurde.« Er lächelte freudlos. »Ironie des Schicksals. Ich war überglücklich, als ich feststellte, daß ich nicht auf Dauer impotent bin. Ich dachte, wir könnten deine Probleme schon beseitigen. Aber ich habe mich wohl geirrt. Und ob ich nun etwas verdient habe oder nicht...« Sein Gesicht wurde verschlossen. »Wenn meine calvinistischen Vorfahren recht haben, dann ist dies die gerechte Strafe für meine Sünden. Eunuch zu bleiben, wäre zu einfach gewesen.«
Laura biß sich auf die Lippe. »Vielleicht kann ich mich mit der Zeit an den Gedanken gewöhnen, daß du eine Geliebte hast.« Der Gedanke allein verursachte ihr Stiche der Eifersucht und der Wut, aber sie fuhr ungerührt fort. »Andere Frauen leben auch mit einem solchen Arrangement, also sollte ich es auch schaffen. Insbesondere wenn ich keine Einzelheiten weiß.«
»Irgendwie kann ich Ehebruch nicht als Lösung akzeptieren. Es gibt schlimmere Dinge als Enthaltsamkeit, Larischka. Falkirk ist groß, und wir sollten in der Lage sein, uns ganz gut aus dem Weg zu gehen. Aber du wirst deinen Teil dazu beitragen müssen. Ich kann gerade eben meine Lust kontrollieren, aber es ist verdammt noch mal zuviel verlangt, daß ich es auch für dich tue. Ich unterstelle dir bestimmt nicht, mich absichtlich zu betören, aber deine Wankelmütigkeit macht es mir sehr schwer.« Sein Gesicht wurde hart. »Nicht schwer — unmöglich!«
»Ich glaube, ein Teil von mir möchte überwältigt werden, so daß ich keine Verantwortung dafür tragen muß, was geschieht. Nun, da ich es erkannt habe, werde ich in Zukunft besser darauf aufpassen.« Sie zögerte, dann preßte sie hervor: »Ich liebe dich, Ian. Daher fällt es mir schwer, mich zu beherrschen.«
Sie hoffte, daß ihn ihr Geständnis milde stimmen würde, daß er vielleicht sagen würde, auch er liebe sie. Statt dessen schien er sich nur noch mehr zurück-
zuziehen. »Wenn du mich liebst, dann lerne, dich zurückzunehmen. Ansonsten werden wir nicht zusammen leben können.« Er stieß sich von der Wand ab. »Rajiv Singh hat mich gebeten, mit ihm seine Festungen zu besuchen. Wir reisen morgen. Wenn ich zurückkomme, sollten wir beide eine Verständigung gefunden haben.«
Während Laura ihren Mann musterte, erkannte sie, daß eine neue Dunkelheit in ihm gewachsen war
— nicht die Hoffnungslosigkeit, die er ausgestrahlt hatte, als sie sich zuerst begegnet waren, sondern eine grimmige Entschlossenheit, die sie beide trennte wie eine steinerne Mauer. Wenn es dies war, was sie zum gemeinsamen Überleben brauchten, mochte die Lösung genauso qualvoll sein wie das Problem selbst. Sie konnte nur hoffen, daß sie beide mit der Zeit ihren freundschaftlichen Umgang wieder aufnehmen würden. »Ich werde daran arbeiten, während du fort bist.«
»Gute Idee.« Er wandte sich um und wollte in sein Zimmer gehen, dann blieb er jedoch auf der Schwelle stehen. »Ich weiß, daß es nicht sehr wahrscheinlich
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