Indische Naechte
ist, aber besteht die Möglichkeit, daß du in der Nacht bei Habibur empfangen hast?«
Sie wünschte sich aus ganzem Herzen, ja sagen zu können, aber dem war nicht so. »Nein«, sagte sie traurig.
»Schade. Ein Kind... würde vieles wiedergutmachen.« Er trat in sein Zimmer, und der Vorhang fiel an seinen Platz zurück.
Zitternd löschte Laura die Lampe und kroch unter ihre Decke. Es war gut, daß sie alles geklärt hatten, aber sie fühlte sich dennoch hundeelend, und ihr Körper schmerzte vor unerfüllter Begierde.
Sie mußte lernen, damit zu leben, denn Ian hatte recht. Sie konnten nur Zusammenleben, wenn sie sich voneinander fernhielten.
Unmöglich, aber sie mußte es tun. Und wenn nicht, dann hätte sie eine noch unmöglichere Aufgabe zu bewältigen: Sie mußte sich aus dem Käfig ihrer Ängste befreien.
Kapitel 26
Laura betrat den privaten Empfangsraum der Maharani und machte einen Knicks. »Guten Tag, Kamala«, sagte sie, als sie sich wieder aufrichtete. »Du hast mir ausrichten lassen, du hättest eine Überraschung für mich?«
Die Maharani lächelte schelmisch. »O ja, das habe ich, Laura. Der Priester hat das Horoskop für dich und deinen Mann fertiggestellt.« Sie wies auf einen kleinen, verhutzelten Brahmanen, der ein schlichtes weißes Gewand trug und einen Ausdruck unerschütterlicher Ruhe zur Schau stellte. Als er sich verbeugte, setzte Kamala hinzu: »Nun wird Srinivasa es dir deuten.«
Laura hatte schon fast vergessen, daß sie Kamala ihre Geburtsdaten gegeben hatte, aber nun wurde sie wieder neugierig. Der Himmel wußte, wie sehr sie Hilfe gebrauchen konnte.
Nachdem sie die beiden einander vorgestellt hatte, sagte Kamala: »Möchtest du lieber, daß ich mich zurückziehe, während Srinivasa spricht?«
»Nein, bitte bleib«, antwortete Laura und ließ sich dem Brahmanen gegenüber auf einem Kissen nieder.
»Ich weiß nicht einmal, was ich für Fragen stellen soll.«
Er wies auf zwei Bogen Papier, die zwischen ihnen auf einem niedrigen Ebenholztisch lagen, und die beide mit für Laura unverständlichen Diagrammen und Symbolen beschriftet waren. »Ein Horoskop ist eine Karte des Himmels zu dem Zeitpunkt und an dem Ort, wo du geboren worden bist, Lady Falkirk«, erklärte er. »Jeder Augenblick in der Zeit ist einzigartig. Die Person, die geboren wird, ist geprägt von den besonderen Eigenschaften dieses Momentes, zumindest für die Dauer des gegenwärtigen Lebens.«
Laura war etwas amüsiert über den festen Glauben an die Wiedergeburt, nickte jedoch gehorsam. »Du kannst wirklich aus diesen Zeichen das Leben eines Menschen erkennen?«
»O ja, und nicht nur sein Leben.« Er sah auf, und seine Augen sahen sie prüfend an. »Soll ich dir den Tag und die Stunde deines Todes sagen?«
Sie glaubte zuerst, der Brahmane mache sich über sie lustig. Aber dann erkannte sie, daß er es ernst meinte. »Lieber Gott, nein!« rief sie aus. »Das möchte ich wirklich nicht wissen!« Sie dachte an ihren Stiefvater, dem man seinen Tod vorausgesagt hatte. Hätte er stärker gegen die Krankheit angekämpft, wenn er nicht daran geglaubt hätte? Sie unterdrückte ein Schaudern — solche Dinge gingen zu tief, um sie zu ergründen. »Für einen Europäer ist ein solches Wissen unerträglich.«
Er nickte verstehend. »Es muß schwierig sein, zu glauben, man habe nur ein einziges Leben, um all die Lektionen der Existenz erlernen zu können. Aber wenn auch die Christen nicht an Reinkarnation glauben, so sind doch alle Menschen den Gesetzen des Universums unterworfen.«
»Srinivasa«, warnte Kamala von dem Sofa aus, auf dem sie sich niedergelassen hatte.
Der Brahmane neigte den Kopf. »Verzeih, Lady Falkirk. Die Maharani sagte, ich solle nicht von spirituellen Dingen sprechen, doch ich vergaß. Für mich sind Geist, Körper und Seele so miteinander verschlungen, daß ich sie nur schwer voneinander trennen kann.« Er deutete auf einen der Zettel. »Ich denke, du wirst nicht traurig sein, zu erfahren, daß du noch viele, reiche Jahre vor dir hast, bevor du diese Hülle verläßt.«
»Das hört man gerne«, stimmte Laura zu, »aber was sagt das Horoskop über meine Ehe?«
»Die Aspekte zwischen dir und deinem Gemahl sind sehr mächtig, Memsahib«, antwortete er. »Ihr seid füreinander geboren.«
Sie dachte zurück an die Umstände ihres ersten Treffens mit Ian. »Das kann ich kaum glauben. Es war reiner Zufall, daß unsere Pfade sich kreuzten.«
»Kein Zufall«, sagte der Brahmane bestimmt. »Von dem
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