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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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müßten wir unsere Gefühle geheimhalten, bis er den Lehrgang beendet hätte. Ich war dumm genug zu glauben, daß diese Situation herrlich romantisch war. Edward war der jüngere Sohn eines Viscounts. Später erfuhr ich, daß seine Familie ihn auf das College geschickt hatte, weil sie hofften, Indien würde ihn von seinen Ausschweifungen heilen. Oder wenn nicht, dann würde er wenigstens nicht in England Skandale verursachen.«
    »Er hat versucht, dich zu verführen?« fragte Ian.
    »Ja, und er war beinahe erfolgreich.« Sie hielt inne und spürte die Hitze in ihr Gesicht steigen, als sie sich erinnerte, was für leichte Beute sie für seine schönen, süßen Lügen gewesen war. Sie war unter seiner Berührung wie Wachs geschmolzen, war ganz verzaubert von der Entdeckung ihrer Gefühle gewesen.
    Ihre nächsten Worte sprudelten wie ein Wasserfall. »Ich glaubte fest an die wahre Liebe, und mit der Naivität einer Sechzehnjährigen war ich sicher, daß ich wußte, was ich tat. Natürlich hielt ich mich für klüger als meine Eltern.« Sie schauderte zusammen. »Irgendwann willigte ich ein, Edward an einem Nachmittag im Wald zu treffen, denn ich vertraute ihm. Als er mich küßte, schmolzen all mein Urteilsvermögen, all meine Vernunft dahin. Ich ließ ihm fast... seinen Willen.
    Zum Glück machte ich irgendeine alberne Bemerkung, daß wir wirklich warten sollten, bis wir verheiratet wären. Er war so verdattert, daß er herausplatzte, ausländische Püppchen wie ich wären zum Spielen da, nicht zum Heiraten.«
    Sie spürte noch einmal die Demütigung des Augenblicks und senkte den Blick. »Ich erkannte sofort, was für eine Idiotin ich gewesen war. Ich weiß nicht, was er in meinem Gesicht gesehen hatte, aber er wich zurück, als hätte ich mich in eine Kobra verwandelt. Dann rannte er davon. Ich sah ihn nie wieder. Ein paar Tage später hörte ich, daß man ihn aus dem College geworfen hatte. Nicht lange danach wurde er bei einer Prügelei in London getötet.«
    »Was das Schwein durchaus verdiente«, kommentierte Ian grimmig. »Eine schreckliche Erfahrung für ein junges Mädchen, das sein Vertrauen und seine Liebe gegeben hat. Aber die Tatsache, daß du in deiner Jugend einen Fehler gemacht hast, bedeutet nicht zwingend, daß die Leidenschaft dich vernichten wird.«
    »Nein. Es war meine Reaktion, die das beweist.« Sie rang die Hände und bohrte die Nägel in ihre Haut. »Zuerst war ich wie betäubt. In erster Linie wollte ich vor meinen Eltern verbergen, was geschehen war, denn ich hatte die furchtbare Vision, wie mein Vater Edward zu einem Duell forderte. Vielleicht würden sie auch darauf bestehen, daß er mich heiratete.
    Am nächsten Tag saß ich in meinem Zimmer und stickte, tat so, als wäre alles normal. Aber ich konnte nicht anders, als daran zu denken, was er mit mir gemacht hatte... und wie ich es genossen hatte! Dann kam eine Art scharlachroter Nebel, eine Art Wahnsinn über mich. Als ich wieder denken konnte, fand ich mich mit meiner Schere auf dem Boden kniend wieder. In meiner Wut hatte ich die Polsterung eines Sessels zerfetzt.«
    Sie schloß einen Moment die Augen. »Ich wollte Edward umbringen. Wenn er in der Nähe gewesen wäre, hätte ich es getan. Und da begriff ich, daß ich wirklich das Kind meiner Eltern war. Ich schwor mir, nie wieder in eine solche Lage zu geraten. Dann kamst du, und es sah so aus, als könnte ich doch eine Ehe eingehen, in der ich sicher war.« Sie hob den Blick und sah ihn an. »Doch es ist anders gekommen. Einmal dachte ich kurz daran, dich zu bitten, dir deine Befriedigung woanders zu suchen. Aber allein der Gedanke daran machte mich wild vor Wut. Wenn ich mich dieser russischen Seite in mir ergebe, dann weiß Gott allein, wozu ich fähig sein kann.«
    Ian lehnte sich an die Wand und wirkte so erschöpft, wie sie sich fühlte. Mit behutsam gewählten Worten sagte er: »Jeder Mensch besitzt die Fähigkeit, im richtigen - oder falschen - Moment gewalttätig zu werden. Das heißt aber nicht, daß du nicht zu einem normalen Eheleben fähig bist. Auch wenn du das Kind deiner Eltern bist, bist du immer noch du selbst. Mit sechzehn brennt die Leidenschaft in fast jedem wie ein Flächenbrand - das gehört zur Jugend. In diesem Alter habe ich Dinge getan, an die ich mich am liebsten nicht erinnere — ich würde sie sicher nie wieder tun. Du wirst dich nicht den Rest deines Lebens so verhalten wie damals.«
    »Vielleicht wäre es mit einem anderen Mann, für den ich weniger

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