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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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ihr dennoch sehr nah.

Kapitel 29
    Sie frühstückten erst spät am Morgen. Ian genoß es, Laura zu beobachten. Sie trug die zufriedene Miene einer schnurrenden Katze zur Schau. Er beneidete sie um die Fähigkeit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie hatte sich entschieden, körperliche Leidenschaft in ihr Leben aufzunehmen, und nun schien sie völlig im Einklang mit ihrer Entscheidung. Nicht, daß er sich beschweren wollte - schließlich war er ja Hauptnutznießer dieser Gesinnungsänderung. Mit ihrem Haar, das offen über die Schultern fiel, und ihrer natürlichen Sinnlichkeit, die sie nun nicht länger zurückhielt, bot sie einen Anblick, der jedes Männerherz erfreute.
    Er war zufrieden, sie einfach nur anzusehen, denn ihre Unterhaltung und das nachfolgende Liebesspiel in der Früh hatten ihn geistig und körperlich erschöpft.
    Dennoch empfand er, obwohl sich seine Einstellung zu seinem eigenen Verhalten nicht wundersamerweise verändert hatte, eine unerwartete Erleichterung, daß er es seiner Frau erzählt hatte. Unbewußt hatte er wohl eine stärkere Reaktion ihrerseits erwartet: Abscheu oder Schock, oder vielleicht Wut, daß ihr Onkel wegen seiner Unwürdigkeit hatte sterben müssen. Doch wieder einmal blickte sie nicht zurück. Pjotr war tot und wäre in jedem Fall gestorben, und Laura gehörte deutlich nicht zu den Menschen, die sich in >Was wäre wenn<-Überlegungen verstricken ließen.
    Ja, er konnte sich glücklich schätzen. Seine bittere Reue über seinen Selbstverrat war nicht verschwunden, aber er hatte bisher damit gelebt, und er würde weiter damit leben können. In der Zwischenzeit wollte er sich gerne der Aufgabe widmen, Laura glücklich zu machen, was für ihn fast eine Belohnung war.
    Da keiner von beiden für den Tag besondere Pläne hatte, schlug Ian vor, in die Stadt Manpur zu reiten. Doch dann kam ein Bote, der Falkirk Sahib dringend zum Maharadja rief. Ian runzelte die Stirn. »Ob etwas passiert ist?« Er stand auf. »Nun, es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.«
    Er küßte Laura schnell und folgte dann dem Boten hinaus und in einen unbekannten Teil des Gartens. Das Gebell von Hyänen verriet, daß die königliche Menagerie nicht weit entfernt war.
    Königlich und selbstbewußt stand Rajiv Singh auf einem niedrigen Felsen, von dem aus man auf ein Schlammloch blickte, das vom Fluß gebildet wurde. Drinnen suhlten sich glücklich zwei indische Nashörner. Als Ian herankam, wandte sich der Maharadja ihm zu und sagte ohne Umschweife: »Ich habe soeben eine Eilbotschaft bekommen, die Sie interessieren wird, auch wenn die Neuigkeiten Ihnen nicht willkommen sein werden. Lesen Sie selbst.«
    Die Informationen der langatmigen Botschaft waren niederschmetternd. Ian las sie einmal, noch einmal, und spürte sein Blut in den Adern gefrieren. Ohne echte Hoffnung fragte er: »Ist Eure Quelle zuverlässig? Ich kann mir kaum vorstellen, daß die ganze britische Armee in Afghanistan — fast fünftausend gutausgebildete Männer — bis auf einen Soldaten vernichtet worden ist.«
    »Mein Informant ist sehr verläßlich.« Ein Hauch Verachtung lag in Rajiv Singhs Stimme. »Die Fakten sprechen für sich. Euer britischer Befehlshaber, General Elphinstone, hat sich als ausgesprochen inkom-petent erwiesen und Fehler begangen, die einem Schuljungen die Schamesröte ins Gesicht treiben würden. Als eure Armee sich aus Kabul in Richtung Jallalabad zurückzog, war ihr Schicksal besiegelt. Sie wissen, wie das Land aussieht.«
    Ian starrte blind auf die Nachricht und versuchte, sein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Obwohl die Botschaft in flachen, emotionslosen Worten abgefaßt war, konnte sein Geist leicht die Einzelheiten des Gemetzels hinzufügen. Die Soldaten auf dem Rückzug, ein paar Briten, hauptsächlich aber Einheimische, waren von Tausenden von Menschen begleitet worden, die sich gewöhnlich einem Lager anschlossen. Viele würden Frauen und Kinder gewesen sein, und sie hatten sich bestimmt mit entsetzlicher Langsamkeit bewegt. Auf dem Hochplateau Afghanistans herrschte tiefster Winter, und heftige Winde und Schnee hatten die kämpfenden Mengen zusätzlich geschwächt.
    Die Afghanen gehörten zu den besten Reitern und Schützen der Welt. Wahrscheinlich hatten sie den Zug permanent und immer wieder angegriffen, Soldaten, die durch die Reihen stoben, mordeten und wieder fortgaloppierten, bevor die Briten etwas unternehmen konnten. Ian war durch solche Berge geritten und wußte, wie

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