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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zerriß die Luft. Der Afghane schrie auf und taumelte zur Seite, dann stürzte er in die Schlucht. Seine Stimme hallte von den Steinwänden wider, bis sie nach einem dumpfen Aufprall verstummte.
    Ian lud rasch nach, als auch schon der nächste kam. Geduckt und mit dem Jezail im Anschlag suchte er die Berge über ihm ab. Ian feuerte wieder. Noch ein Schuß, noch ein Treffer. Dieser fiel auf den Pfad, nicht in die Schlucht.
    Er erschoß ein halbes Dutzend Männer, bevor sie nicht weiter nachdrängten. Sechs Kugeln, sechs Treffer. Hervorragende Zielgenauigkeit, aber Ian konnte sich nicht daran freuen. Menschen zu töten war höchstens eine Notwendigkeit, keine Quelle des Stolzes.
    Eine lange Zeit geschah nichts. Den Blick auf den Pfad fixiert, trank Ian etwas Wasser. Schließlich erklang eine Stimme in Pashto. »Wer ist da? Wir sind keine Feinde. Wenn du Wegzoll willst, dann bezahlen wir ihn. Dann kannst du dich zu uns gesellen, denn wir können einen Krieger wie dich gebrauchen.«
    »Aber wir sind Feinde«, rief Ian zurück. »Ich diene dem Sirkar, und ich sage euch, daß ihr nicht vorbeikönnt!«
    Schweigen. Dann, wie er es erwartet hatte, schoß eine kleine Gruppe Männer hinter der Biegung hervor und suchte eine Deckung, um von dort aus das Feuer zu erwidern. Aber es gab keine Deckung. Methodisch schoß er einen nach dem anderen ab. Drei schafften es noch, wild herumzuballern, bevor sie stürzten, aber sie hatten keine Zeit mehr, seine Position auszumachen, und die Kugeln schlugen nicht einmal in seiner Nähe ein.
    Es war kein Krieg, es war eher, als würde man zahme Vögel abknallen. Aber es war effektiv. Sehr effektiv.
    Wieder entstand eine Pause. Dann brüllte eine Stimme: »Im Namen Allahs, wirst du uns erlauben, die Verwundeten zu holen?«
    »In seinem Namen, ja. Ihr könnt sie holen!« erwiderte er.
    Der erste Mann kam um die Biegung, die Hände hoch in der Luft. Als klar wurde, daß der Schütze sein Wort hielt, huschten mehrere herbei. Hastig hoben sie ihre Gefallenen auf und verschwanden wieder.
    Ein Stimmengewirr folgte. Die Afghanen berieten sich, was sie tun sollten. Es war schade um die armen Bastarde. Sie hatten keine Chance gehabt. Dennoch hörte er keine Geräusche eines Rückzugs.
    So wartete er ruhig auf den nächsten Angriff.
    Es war nicht überraschend, daß Laura sich verirrt hatte. Wenn sie nicht so erschöpft und so sattelmüde gewesen wäre, hätte sie es für eine Alptraumlandschaft gehalten: karg, kalt und endlos. Doch leider war dies die Wirklichkeit, so wie Gulab Khan, der über dem Widerrist von Ians Pferd zusammengesun-ken war. Am Abend zuvor hatte er noch genug Kraft gehabt, selbst abzusteigen, und mit Begeisterung hatte er gegessen. Als der Morgen dämmerte, fieberte er und war kaum mehr in der Lage, allein auf das Pferd zu steigen.
    Und so hielt er sich zwar gerade noch auf dem Sattel, konnte ihr aber nicht den Weg weisen. Sie hatte versucht, ihrer Spur zurück zum Dorf Nushki zu folgen, wo sie den Führer gefunden hatten, doch aus der anderen Richtung sah alles anders aus. Nun hatten sie sich also gründlich verirrt. Im Augenblick ritten sie auf etwas, das wie ein Ziegenpfad aussah, und sie hoffte, er könnte sie zu einer Ansiedlung bringen.
    Ganz plötzlich veränderte sich die Lage. Drei Pathanen tauchten hinter den Felsen auf und hielten die Jezails auf sie gerichtet. Einer brüllte sie auf Pashto an. Sehr behutsam zügelte Laura ihr Pferd und hob die Hände. »Spricht einer von euch Urdu oder Persisch?«
    Keine Antwort. Als sie sich ihr näherten, versuchte sie es mit verschiedenen Dialekten, ohne etwas zu erreichen. Aber es gab zumindest ein Wort, das sie sicher erkennen würden. »Anglezi«, sagte Laura.
    Das drang durch, obwohl die Männer bei ihrem Anblick verwirrt waren. Sie sah nicht gerade englisch aus. Langsam hob sie die Hände zu ihrem Turban und wiederholte: »Anglezi.« Dann riß sie sich den Turban vom Kopf, und ihr Haar fiel frei über ihre Schultern.
    Die Pathanen starrten sie an. Wie auch immer sie über die Briten denken mochten, sie konnte sich nicht vorstellen, daß sie eine Frau sofort über den Haufen schießen würden. Dann deutete sie auf Gu-lab Khan, der über dem Sattelknauf hing und nicht bemerkte, was um ihn herum geschah. »Afridi.«
    Einer der Männer kam näher heran. Nachdem er dem Havildar ins Gesicht gesehen hatte, rief er: »Gulab Khan!«
    Plötzlich begannen alle zugleich zu reden, und die drei Männer senkten ihre Waffen. Laura dankte Gott,

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