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Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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daß sie offenbar nahe genug am Heimatdorf des Havildars waren und man ihn wiedererkannt hatte. Die drei Pathanen besprachen sich kurz, dann sagte der eine: »Kuram.« Die anderen beiden nickten, also setzte der eine sich in Bewegung, während die anderen die Zügel der Pferde ergriffen und begannen, sie durch die Berge zu führen.
    Nach einer Stunde kamen sie an ein Anwesen, das dem Habiburs sehr ähnlich war. Eine Reihe Frauen kam sofort herbei und kümmerte sich um Laura, sie berührten ihr Haar und streichelten ihre Haut. Leider sprach keine von ihnen Urdu, und Laura konnte nur wenige Worte Pashto verstehen, obwohl die beiden Dialekte sehr eng verwandt waren. Sie wurde immer ungeduldiger. Wie sollte sie sich nur verständlich machen?
    Um Gulab Khan kümmerte man sich ebenfalls sofort, und man schleppte ihn schnell ins Haus, um ihn zu versorgen. Auch wenn dies nicht sein Zuhause war, handelte es sich bestimmt um nahe Verwandte, denn hier in den Bergen gab es nur Pathanen. Sie war sicher, daß sie ihn gut pflegen und behandeln würden.
    Obwohl es schön war, verwöhnt zu werden, fühlte sich Laura nach dem Essen und einem kurzen Schlaf immer unruhiger. Als sie versuchte, ihnen zu sagen, daß sie gehen wollte, machten ihre Gastgeberinnen ihr klar, daß ihr dies nicht freistand. Immer wieder sagten die Frauen »Kuram«, und sie hoffte, daß es der Name eines Mannes war, der Urdu sprechen konnte, und den man herbeiholen wollte.
    Sie hatte fast richtig vermutet. Schließlich bedeutete ihr eine der älteren Frauen mit Gesten, ihr zu folgen. Sie betraten einen Hof und verließen dann das Anwesen, wobei die Frau ihr Gesicht verhüllte, als sie hinausgingen. »Kuram«, sagte sie und wies auf einen großen, jungen Pathanen mit intelligentem Gesicht.
    Hoffnungsfroh sagte Laura: »Sprichst du Urdu?«
    Er lächelte. »Ja«, sagte er in reinem Englisch. »Aber möchten Sie nicht lieber in Ihrer eigenen Sprache sprechen?«
    »Dem Himmel sei Dank«, sagte sie inbrünstig. »Sind Sie ein Soldat des Sirkar?«
    »Das war ich, bis ich eine jugendliche Dummheit beging«, sagte er ein wenig traurig. »Dann nahm ich eine Stellung bei einem Bergfürsten an und ging mit ihm nach England. Zwei Jahre blieb ich dort.« Er wies auf eine kleine Holzbank an einer Lehmmauer. »Sagen Sie mir, was eine Engländerin hier macht. Für meine Leute sind Sie ein Wunder.«
    In der Hoffnung, Kurams Zeit in England bedeutete auch, daß er auf britischer Seite stand, nannte Laura ihren Namen und erklärte ihm die Lage. Schließlich fügte sie hinzu: »Wollen Sie mir helfen? Ich brauche eine Eskorte und einen Führer.«
    Er dachte nach. »Meine Leute werden nicht besonders froh darüber sein, daß britische Truppen durch unser Land marschieren. Allerdings wird es ihnen noch weniger gefallen, wenn die Afghanen das Gebiet für ihre Invasion benutzen. Die Afghanen sind unsere Vettern, wissen Sie? Deswegen ist es viel leichter, sie zu hassen.« Er erhob sich von der Bank. »Ich werde eine Nachricht zu meinem Stamm schicken und vorschlagen, daß sie die Briten unbehelligt durchziehen lassen. Die meisten werden sie ebenfalls als das kleinere Übel betrachten, da sie eher wieder verschwinden werden.«
    Nach diesen Worten geschah alles sehr rasch. Innerhalb einer halben Stunde waren Laura und Kuram auf dem Weg zur Straße, die zum Khyber-Paß führte. Nun mußte sie nur noch eine Armee finden.
    Ian hatte seine Armee gefunden und wünschte sich nichts mehr, als daß sie verschwände. Die letzten Stunden hatte er oft an ein Hindu-Gebet gedacht: O Herr, vom Gift der Kobra, von den Zähnen des Tigers und von der Rache der Afghanen befreie uns!
    Es war nicht schwer zu erraten, woher die Afghanen ihren Ruf hatten. Warum konnten diese verdammten Idioten nicht einfach einsehen, daß sie den Shpola-Paß nicht benutzen konnten, und verschwinden? Aber sie taten nichts dergleichen. Sie machten Ausfälle, kletterten bergauf, bergab und auf der anderen Seite der Schlucht herum, taten alles Erdenkliche, um sich ihm zu nähern.
    Sie hatten seine luftige Position inzwischen ausgemacht. Ab und zu kam einer hervorgerannt, feuerte auf ihn und versuchte, sich zu ducken, bevor er zurückschießen konnte. Manchmal hatten sie Erfolg, meistens aber Ian. Ein cleverer Kerl versuchte es mit einer List: Er wickelte einen Turban um einen Stock und hielt ihn hoch, um Ian dazu zu verleiten, Munition zu verschwenden. Ian fiel einmal darauf herein. Danach wartete er, bis sich der restliche Körper

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