Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
hast du zusätzlichen Schutz.«
    »Gute Idee. Das tue ich, während ich auf die Company warte.« Ian drehte sich um und betrat die Höhle. Seine Stimme hallte, als er sagte: »Sie ist größer, als ich dachte.«
    Laura folgte ihm. Sie fand einen Raum, der hoch genug war, daß man aufrecht stehen konnte, sich nach hinten aber wieder verjüngte und in der Dunkelheit verschwand. Ian wies auf ein Rinnsal Wasser, das die Wand heruntertröpfelte. »Mit Wasser kann ich ewig hier ausharren. Mir scheint, es gibt hier noch einen anderen Ausgang. Spürst du den Luftzug?«
    Laura hörte seine Worte kaum. Der Hauptgrund, warum sie mit ihm hier hatte heraufklettern wollen, war der Wunsch nach einem privaten Abschied gewesen. Sie konnte nur daran denken, daß sie sich nun trennen mußten... vielleicht für immer. Mit erstickter Stimme sagte sie: »Paß auf dich auf, Duschenka.«
    Er zog sie in seine Arme und küßte sie innig. »Das tue ich. Und du, du auch auf dich. Glaub mir, ich hasse es noch mehr, dich fortschicken zu müssen, als du es verabscheust, gehen zu müssen.«
    Sie hielt ihn ganz fest und nahm diesen Augenblick in sich auf. Das Gefühl seines Körpers, der Klang seiner Stimme, die Empfindung, nur mit ihm ein Ganzes zu bilden — all das war so real, daß sie nicht glauben konnte, sie würde es vielleicht nie wieder erfahren. »Ich liebe dich, Ian«, flüsterte sie.
    Seine Arme drückten ihre Rippen, bis ihr Brustkorb schmerzte. »Ich hatte eine Menge Glück in meinem Leben, Larissa Alexandrowna, doch das größte Glück war, dich zu treffen. Möge Gott mit dir sein, mein schönes Mädchen.«
    Er küßte sie ein letztes Mal, und es tat weh. Dann kletterten sie den Felsen wieder hinunter, Ian voran, damit er sie auffangen konnte, falls sie ausrutschte. Doch sie tat es nicht — sie konnte es sich nicht leisten, wenn Ians Leben davon abhing, daß sie schnell genug Hilfe herbeibringen konnte.
    Laura stieg auf ihr Pferd und trieb es an, Gulab Khan folgte ihr auf dem von Ian. Sie blickte nur ein einziges Mal zurück: Ian sah ihnen hinterher, reglos wie die Felsen um ihn herum. Er hatte den Turban nicht wieder aufgesetzt, und sein Haar leuchtete rotbraun in der kalten Wintersonne. Sie wollte umkehren und in seine Arme stürzen, doch statt dessen hob sie die Hand und warf ihm einen Kuß zu. Sie würde diesen Anblick niemals vergessen. Ian lächelte und drehte sich dann um.
    Langsam ritten sie den Pfad entlang. Laura war zutiefst dankbar, daß Gulab Khan von ihrer Identität wußte. Sonst hätte er ihre Tränen bestimmt mit Verachtung zur Kenntnis genommen.

Kapitel 33
    Ian hörte die Afghanen lange bevor er sie sah, denn es war einer solchen Masse unmöglich, sich lautlos durch die Berge zu bewegen. Zuerst war es nur ein unbestimmtes Geräusch, wie das Summen ferner Bienen. Schließlich jedoch ließen sich verschiedene Einzelheiten unterscheiden. Stimmen, manchmal ein gebrüllter Fluch. Fußtritte und Hufschlag, ab und zu das dumpfe Geräusch, wenn ein Ausrüstungsgegenstand auf den Boden fiel. Jeder Soldat würde die Geräusche einer marschierenden Armee zuordnen, obwohl sie seltsam dünn erklangen, weil sie meilenweit auseinandergezogen waren und vom windigen Pfad geweht wurden.
    Es war später Morgen, und Ian wartete geduldig. Er hatte am Tag zuvor bereits alle Vorbereitungen getroffen. Nachdem er einen behelfsmäßigen Schutzwall an der Kante der Höhle errichtet hatte, war er den Pfad hinuntergegangen und hatte an verschiedenen Stellen Steine zu Barrikaden gehäuft. Die Afghanen würden diese umgehen müssen, und das unter seinem Gewehr. Obwohl all das vielleicht nicht nötig war, wollte er lieber zuviel tun, als zuwenig.
    Die Nacht war ruhig gewesen. Mit trockenem Holz, das nicht qualmen würde, hatte er ein kleines Feuer entzündet und alles verbleibende Mehl zu Chapatis verbacken, damit er genug Vorrat besaß. Dann lehnte er sich mit dem Rücken an die Felswand und sah dem Feuer zu, das zur Glut niederbrannte. Es war ein simples Vergnügen von der Art, wie er es im Gefängnis zu schätzen gelernt hatte.
    Seine Stimmung war eine Mischung von Resignation und fatalistischer Ruhe. Auch wenn er Laura beruhigt hatte, hielt er es für unwahrscheinlich, mit dem Leben davonzukommen. In einer Schlacht gab es tausend Dinge, die schiefgehen konnten. Ihm konnte schließlich auch die Munition ausgehen.
    Doch irgendwie schien es ihm passend, auf diese Art zu sterben, denn sich für eine solche Sache zu opfern, konnte endlich seine

Weitere Kostenlose Bücher