Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Indische Naechte

Titel: Indische Naechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
die Berge über ihnen. »Das ist perfekt.«
    Ian folgte seinem Blick und sah ein dunkles Loch, das die Öffnung einer kleinen Höhle sein mußte. Wer immer sich dort versteckte, würde eine klare Sicht auf den Feind haben, aber praktisch nicht zu treffen sein.
    »Ausgezeichnet, Gulab Khan«, sagte Ian. »Mit genug Proviant und Munition kann ein Mann in der Höhle ewig durchhalten.«
    »Also klettern wir da hinauf und warten auf die Afghanen?« fragte Laura, während sie die Höhle musterte.
    »Nicht >wir<.« Ian wappnete sich bereits gegen den Widerspruch, der nun kommen würde. »Ich werde mich dort oben verkriechen, während du Gulab Khan und die Pferde zurück ins Dorf bringst. Dort wirst du seinem dankbaren Volk eine Eskorte abringen, die dich in den Punjab bringt, wo du ein britisches Regiment suchst, das du wiederum hierher zurückführst.«
    Ihr Kopf wirbelte herum, und sie funkelte ihn mit wilden goldenen Augen an. »Nein! Ich lasse dich nicht hier allein.«
    »O doch«, gab er mit einer Stimme zurück, die wie eine Peitsche einschnitt. »Wir hatten ausgemacht, daß du gehorchen mußt, wenn du mitkommen willst. Nun ist die Zeit gekommen, und ich lasse keinen Widerspruch zu. Meine Pflicht liegt hier, deine darin, Verstärkung zu holen.«
    Schmollend antwortete sie: »Also soll ich dich hier allein lassen, einer ganzen Arme gegenüber?«
    »Spar dir dein Mitgefühl für die Afghanen. Ihnen wird es schlechter gehen als mir.« Seine Stimme wurde weicher. »Glaub mir, Larischka, meine Überlebenschancen sind ausgezeichnet. Diese Höhle da ist buchstäblich uneinnehmbar. Es ist durchaus möglich, daß die Afghanen sich zurückziehen und statt dessen versuchen werden, den Khyber-Paß zu stürmen. Selbst an der schmälsten Stelle ist er Hunderte von Yards breiter als der Paß hier.«
    »Und was, wenn sie versuchen, sich durchzubeißen?«
    »Dann sterbe ich vielleicht hier«, sagte er kühl. »Aber selbst wenn das geschieht, kann ich sie vielleicht lange genug aufhalten, um die Rebellion im Keim zu ersticken. Du weißt doch, der Punjab erhebt sich erst, wenn die Afghanen da sind, und Rajiv Singh wird allein auch nichts unternehmen. Ist das nicht wichtiger als mein Leben? Oder, Gott vergib mir, unser beider Leben?«
    Tränen brannten in ihren Augen, als sie ihn anstarrte. Niemals zuvor hatte sie diese eiserne Kraft und Entschlossenheit an ihm gesehen, die ihn auch den Schwarzen Brunnen hatte überleben lassen. Und niemals zuvor hatte sie ihn mehr geliebt. Mit einem Kloß in der Kehle sagte sie: »Ich nehme an, das ist es wert. Also gut. Ich gehe ohne weitere Diskussion. Was denkst du, wie nah könnten die britischen Truppen sein?«
    »Wenn alles reibungslos funktioniert hat — wenn Rawdon augenblicklich losmarschiert ist, als er Zafirs Nachricht erhalten hat dann müßte die Vorhut innerhalb weniger Tage hier sein.«
    Laura verzichtete auf den Hinweis, daß es Wochen dauern konnte, wenn es nicht reibungslos funktioniert hatte, denn Ian wußte das selbst. Sie blickte den steilen Anstieg hinauf und dachte, daß sie wohl würde hinaufklettern können. »Ich helfe dir, die Sachen raufzutragen.«
    »Gut. Dann geht es schneller. Wenn du danach sofort losreitest, kannst du vor der Dunkelheit noch aus dem Paß heraus sein.«
    Laura ging zu ihrem Pferd und lud das meiste vom Proviant und einen vollen Wasserschlauch ab. Gulab Khan, der halb ohnmächtig auf Ians Pferd zusammengesunken war, wurde wieder ein bißchen munterer. »Dein Diener ist ziemlich geschwätzig, Huzar«, murmelte er.
    »Sie ist mehr als mein Diener«, erwiderte Ian trocken. »Sie ist meine Frau.«
    Der Pathane hob den Kopf. »Eine Frau?« fragte er ungläubig.
    Ian nickte. »Ich verlasse mich darauf, daß du sie beschützt, Havildar.«
    »Mit meinem Leben, Huzar«, erwiderte Gulab Khan feierlich.
    Laura blickte zweifelnd auf die beiden Männer. Sie war sich nicht sicher, ob Ian ihr einen Extraschutz verschaffen wollte oder ob er versuchte, den Verwundeten mit der ihm übertragenen Verantwortung ein wenig zu beleben. Aber es war doch wahrscheinlich, daß sie diejenige war, die sich und Gulab Khan notfalls verteidigen mußte.
    Ohne weitere Worte schlang sie den Proviantsack über die Schulter und begann zu klettern.
    Ian war direkt hinter ihr. Als er sich neben sie hinaufzog, stellte er Gewehr und Munition ab und blickte dann in Richtung Afghanistan. »Unsichtbarer kann man praktisch nicht sein.«
    Laura folgte seinem Blick. »Wenn du einen Steinwall baust,

Weitere Kostenlose Bücher