Individuum und Massenschicksal
hat. Übrigens habe ich, ungeachtet meiner Abneigung gegen den Markt, in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Bilder verkauft...)
Sitzung 854, Mittwoch, den 16. Mai 1979
(Jane hat heute ein neues Buch angefangen, und sie ist ganz begeistert, ja beseligt über diese Fortentwicklung ihrer schöpferischen Fähigkeiten.
Anlaß dazu war eine scheinbar unbedeutende Begebenheit, doch ein Vorkommnis, das kaum zufällig gewesen sein dürfte.
Heute morgen, als sie am achten Kapitel von »Oversoul Seven and the Museum of Time« schrieb, verspürte sie auf einmal den Impuls, den Raum zu wechseln, um dem grellen Sonnenlicht zu entkommen, das die dünnen Vorhänge vor den gläsernen Schiebetüren ihres Arbeitszimmers im rückwärtigen Teil des Hauses durchflutete. Beim Hinausgehen ergriff sie ein Notizbuch, das, wie sie meinte, ihre Tagebucheintragungen enthielt. Im Wohnzimmer stellte sie dann fest, daß sie statt dessen ihr Notizbuch für »Heroics« in der Hand hatte. Es enthält viele der Anmerkungen zum heroischen Selbst und zu heroischen Impulsen, die sie in den Kapiteln 25 bis 27 ihres 1976 erschienenen Buches »Psychic Politics« erörtert hatte. Außerdem enthält es eine Reihe von Einfällen zur Idee des Heroischen, die sie nach Fertigstellung des Buches niedergeschrieben hatte. »Als ich mir diese Notizen anschaute, wurde mir plötzlich klar, daß ich dieses Buch machen muß - ›Heroics‹ - und daß ich weiter Ausschau halten soll nach dem heroischen Selbst, über das ich in Politics, geschrieben habe«, sagte sie zu mir beim Mittagessen. »Jetzt ist die Zeit dafür reif.«
Doch ist ihr nicht ganz klar, warum sie »Heroics« gerade jetzt schreiben will. Wir mutmaßten, ihr schöpferisches Selbst wünsche im Hinblick auf den bevorstehenden Abschluß von »Seven«, daß sie ein neues Vorhaben beginnt. Doch vertraut sie einfach ihrer Absicht, und sie hat auch schon ein paar Zeilen für das neue Buch geschrieben. Die Ironie der Sache ist, daß sie mit »Seven« sehr gut im Zuge ist; gestern erst bemerkte sie, daß sie mit der Reinschrift der bisher abgeschlossenen Kapitel beginnen wolle. Aber jetzt hat sie »Seven« beiseitegelegt - für wer weiß wie lange?
Über den Aufbau des neuen Buches ist sie sich noch nicht im klaren, und ob »Heroics« der endgültige Titel sein wird, steht noch nicht fest. »Jedenfalls werde ich eine Menge Lyrik darin unterbringen, Sachen, die sich seit Jahren bei mir angesammelt haben. Mein Gott, der ganze Vormittag war wie verwandelt, als mir die Idee kam ! Alles sieht ganz neu aus, wie mit Energie geladen oder so...«
Ich habe die korrigierten Druckabzüge des »Emir« vor fünfeinhalb Wochen an den Verlag Delacorte Press zurückgeschickt und seither die neuen Sitzungsprotokolle sowohl für »Individuum und Massenschicksal«
als auch diejenigen über andere, allgemeine Themen sowie die für uns selbst bestimmten überarbeitet. Zudem habe ich täglich mehrere Stunden gemalt, Träume notiert, ausführende Anmerkungen zu einer Reihe verschiedener Themen geschrieben, Materialien zur Thematik unserer Bücher, die sich angesammelt hatten, in Ordnern untergebracht und neuerdings täglich im Hof unseres Hügelhauses gearbeitet. Beginn der Sitzung um 21.35 Uhr.)
Guten Abend.
(»Guten Abend, Seth.«)
Diktat: Im Grunde (Pause) glaubt ein Fanatiker, daß er machtlos ist.
Er hat kein Vertrauen in seine eigene Wesenskraft und in seine Fähigkeit, erfolgreich zu handeln. Die gemeinsame Aktion erscheint als der einzig erfolgversprechende Weg, eine gemeinsame Aktion jedoch, in der jeder einzelne zum Handeln gezwungen werden muß, getrieben von Angst oder Haß, die provoziert und geschürt werden, denn sonst, so fürchtet der Fanatiker, würde nicht ein Schritt in Richtung auf »das Ideal
« unternommen werden.
Durch solche Methoden und durch so geschürte Gruppenhysterie wird dem einzelnen Gesinnungsgenossen die Verantwortung für individuelles Handeln abgenommen und an die Gruppe delegiert, wo sie aufgelöst und verallgemeinert wird. Die Sache, was immer diese ist, kann dann jede Menge Verbrechen rechtfertigen, und kein Individuum muß die Schuld allein tragen. Fanatiker haben den Scheuklappenblick, so daß alle Anschauungen, die ihren Absichten nicht förderlich sind, ignoriert werden. Diejenigen jedoch, die ihre Überzeugungen in Frage stellen, werden augenblicklich zu Zielscheiben der Verachtung und der Aggression. (Pause.) Ganz allgemein wird in eurer Gesellschaft Macht als ein Attribut
Weitere Kostenlose Bücher