Individuum und Massenschicksal
bin? Was kann der einzelne Mensch schon tun?
Aber genau dort müßt ihr zuallererst anfangen, aktiv zu werden!
Dort an eurer Arbeitsstelle und im Kreis eurer Angehörigen und Freunde ist der Schnittpunkt, an dem ihr mit der Welt zusammentrefft. In diesen Beziehungen (eindringlich) üben eure Impulse unmittelbaren Einfluß auf die Welt aus. (Pause.)
Viele von euch sind davon überzeugt, daß ihr nicht wichtig seid und wenn ihr alle dieses Gefühl hegt, wird es euch so vorkommen, als ob eure Handlungen in der Welt nichts bewirkten. Ihr werdet eure Ideale absichtlich allgemein halten und euch so vor der Notwendigkeit drücken, diesen Idealen gemäß in der einen Weise zu handeln, die euch offensteht: indem ihr euch und euren Handlungsimpulsen vertraut und die Menschen, die euch im täglichen Leben begegnen, durch euren Eigenwert überzeugt und handelnd beeindruckt.
Die Untaten der meisten Kriminellen entspringen einem Gefühl der Verzweiflung. Viele von ihnen haben hohe Ideale, doch sind dies Ideale, denen sie nie vertraut, nach denen sie nie gehandelt haben. Sie fühlen sich ohnmächtig, und so lassen sie in selbstgerechter Weise ihre Wut und Rachsucht an einer Welt aus, die in ihren Augen nichts als zynisch, habsüchtig und verdorben ist. Sie haben ihre ganze Aufmerksamkeit auf die große Kluft fixiert, die zwischen einerseits ihren Idealvorstellungen vom Menschen und andererseits ihren Vorstellungen vom Menschen, wie er tatsächlich sei, zu klaffen scheint.
Einerseits glauben sie, daß das Selbst schlecht ist, und andererseits sind sie überzeugt, daß das Selbst nicht so sein sollte. Ihre Reaktion ist übertrieben. Die meisten sehen die Gesellschaft als »Feind« des Guten.
Bei vielen - natürlich nicht allen - Kriminellen könnt ihr dieselben Eigenschaften finden, die ihr den Helden zuschreibt, nur daß den Helden bestimmte Wege und Möglichkeiten offenstehen, ihrem Idealismus Ausdruck zu verleihen; Kriminelle finden solche Zugänge völlig abgeschnitten.
Ich will nicht etwa die Verbrecher romantisieren oder ihre Handlungen rechtfertigen. Ich möchte bloß darauf hinweisen, daß nur wenige Verbrechen »aus Lust am Bösen« begangen werden, daß es sich vielmehr um verzerrte Reaktionen auf die Unmöglichkeit handelt, tief empfundene Ideale zu verwirklichen.
So kehren wir zu der Frage zurück, was das Ideale, was das Gute seiner Natur nach sei. Wer bestimmt, was richtig und falsch, was recht und unrecht - was gut und böse ist?
Ende der Sitzung, und herzlich einen guten Abend.
(»Vielen Dank, Seth.«)
(22.32 Uhr. Janes Vortrag war, ungeachtet der vermerkten Pausen, oft rasch und leidenschaftlich gewesen. Gegen Ende der Sitzung hatte sie jedoch langsamer zu sprechen begonnen. »Es gibt da noch mehr, aber mir war so, daß ich’s nicht zu fassen kriegte«, sagte sie und meinte damit ihren sehr entspannten Zustand, den sie noch immer genoß. »Aber ich nehme dieses Material ganz allgemein wahr, und dann greift Seth es an irgendeiner bestimmten Stelle auf. Ich glaube, die Sitzung heute abend war eine dieser konzentrierten, wo man in kurzer Zeit eine Menge mitkriegt...« Ich versicherte ihr, sie habe ihre Sache gut gemacht.) Sitzung 862, Montag, den 25. Juni 1979
(Am letzten Mittwoch kam es nicht zu der regulären Buchsitzung, da nach dem Abendessen unerwartet Besuch eintraf, der so lange blieb, daß Jane die Sitzung zu überspringen beschloß.
Heute abend gab Jane erneut einem Gedanken Ausdruck, den sie schon vor einer Woche zu Beginn der 861sten, nicht für das Buch bestimmten Sitzung geäußert hatte: sie glaubt, Seth sei dabei, »
Individuum und Massenschicksal« zum Abschluß zu bringen. »Zwar noch nicht in den nächsten zwei Sitzungen, aber er steuert darauf zu. Was er über die negativen Glaubensüberzeugungen, die wir als Individuen hegen und die die Mehrheit unserer Gesellschaft teilt, zu sagen hat oder sagen mag, das hat er gesagt, und er möchte mit seinem nächsten Buch anfangen, in dem es darum gehen wird, wie wir in positiver Weise den Ausweg aus unseren Schwierigkeiten finden und eine bessere Welt schaffen können... Du weißt schon - dieses Material über Werterfüllung, von dem ich dir erzählt habe. Ich habe heute sogar schon mit Buchtiteln herumjongliert, obwohl ich weiß, daß ich das nicht tun sollte.«*
Jane wollte die Sitzung früher als üblich beginnen. Doch haben wir einen ganzen Teil davon ausgelassen, da Seth noch andere Themen erörterte, bevor er um 21.09 Uhr mit Material
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