Individuum und Massenschicksal
entgleiten die Zusammenhänge zwischen seelischen Empfindungen und der Körperwirklichkeit.
Ich will hier nichts übermäßig vereinfachen. Im Verlaufe dieses Buches wird solches Verhalten immer wieder an Beispielen zu erörtern sein. Jedenfalls weiß das Kind, das zusammen mit einer ganzen Reihe von Klassenkameraden an Mumps erkrankt, daß es seine persönlichen Gründe hat, sich einem solchen biologischen Massengeschehen anzuschließen, wogegen der Erwachsene, der »Opfer« einer Grippeepidemie wird, sich seiner eigenen Beweggründe kaum bewußt ist.
Er durchschaut nicht die Massensuggestionen, die dabei im Spiel sind, oder den Grund, warum er sich eigentlich darauf einläßt. Gewöhnlich ist er davon überzeugt, daß sein Körper von einem Virus befallen wurde, ganz gleich, ob er das nun wollte oder nicht - (äußerst nachdrücklich) ganz gleich, ob er das nun wollte oder nicht! Somit ist er ein Opfer, und das Gefühl seiner eigenen Macht kommt ihm abhanden.
Hat dann jemand die Malaise glücklich überstanden, so nimmt er für gewöhnlich an, daß er seine Genesung den Medikamenten verdankt, die ihm verabreicht wurden. Oder er denkt vielleicht, daß er einfach Glück gehabt hat - aber er glaubt nicht, daß sein eigenes Entscheidungsvermögen in dieser Frage irgendeine Rolle spielt. Die Genesung scheint ihm zuzufallen, wie ihn die Krankheit zu befallen schien. Gemeinhin kann der Patient nicht sehen, daß er selbst seine Genesung bewirkt, daß er sie sich selber zuzuschreiben hat, weil er nicht zugeben kann, daß seine eigenen Intentionen auch für seine Krankheiten verantwortlich sind. Er kann also nicht aus seiner eigenen Erfahrung lernen, und jeder Ausbruch einer Krankheit wird ihm weitgehend unverständlich erscheinen.
Macht Pause.
(23.00 Uhr. Janes Sprechtempo in Trance war beträchtlich rascher gewesen als in den Sitzungen der letzten Zeit. Doch ging es um23.10 Uhr etwas langsamer weiter.)
Diktat: Vor einigen Jahren, noch bevor unsere Sitzungen begannen (Ende 1963) - doch unmittelbar davor - hatte Ruburt (Jane) eine Erfahrung, die er in seinen eigenen Büchern beschrieben hat.
Dieses Vorkommnis führte zu einem hingekritzelten, unveröffentlichten Manuskript mit dem Titel »Das materielle Universum als Ideenkonstruktion«.* Sein Wunsch und seine starke Intention, die Natur der Realität besser zu verstehen, lösten die Produktion jenes fragmentarisch gebliebenen Manuskripts aus. Als erwachsener junger Mensch zur Zeit der Ermordung des Präsidenten John F. Kennedy fand er sich selbst in einer Welt vor, die scheinbar sinnlos war. Konditioniert von den Glaubensüberzeugungen seiner Generation - Glaubenssätzen, die auch in eurer Zeit noch Geltung haben -, hielt er doch an einer tragenden Glaubensüberzeugung fest, die er seit seiner Kindheit nie völlig verloren hatte.
Sein Glaube, so unlogisch er, wenn ausgesprochen, auch klingen mochte, so widersprüchlich er, aufs tägliche Leben angewendet, auch scheinen mochte, besagte, daß das Individuum auf irgendeine Weise die Natur der Realität selbst wahrnehmen kann dank eingeborener Fähigkeiten, auf die das Individuum ein Recht hat, -
* Diese Erfahrung hat Jane im »Seth-Material«, Kapitel 1 , beschrieben.
Fähigkeiten, die Teil des menschlichen Erbes sind. Anders gesagt: Ruburt fühlte, daß eine winzige Chance bestand, Türen des Wissens zu öffnen, die ins Schloß gefallen waren, und er beschloß, diese Chance wahrzunehmen.
Die Ergebnisse, die sich ursprünglich in jenem inzwischen vergilbten Manuskript niederschlugen, ließen ihn augenblicklich erkennen, daß er auf die eine oder andere Weise die Begebenheiten seines Lebens selbst gewählt hatte und daß jeder Mensch nicht Opfer, sondern Schöpfer all der Geschehnisse ist, in die er als einzelner oder als Teil einer größeren Gemeinschaft verwickelt wird.
Während dieser im wahrsten Sinne des Wortes energiegeladenen Stunden wußte er auch, daß seine Sinne nicht so sehr materielle Erscheinungen wahrnahmen, sondern vielmehr an der Entstehung von Begebenheiten mitwirkten, die dann als tatsächlich wahrgenommen wurden.
Ende des Diktats.
(23.26 Uhr. Jane, noch immer in Trance, brachte noch einiges Material für uns, darunter die folgende Bemerkung im Zusammenhang mit Seths Erörterung des Märchens vom Aschenbrödel:) Verzeiht mir die Terminologie, aber ihr beide habt an »Magie«
geglaubt, sonst wäre es nie zu den Sitzungen gekommen. Ihr habt geglaubt, daß die Wirklichkeit mehr in sich birgt,
Weitere Kostenlose Bücher