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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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drohte meinem Beichtvater, seine Gelüste dem Konsistorium anzuzeigen, und preßte ihm so ein schriftliches Zeugnis über meine moralische Unbescholtenheit ab. Von meinem Ersparten erwarb ich alles Nötige für die Überfahrt, zu viel, um es hier im einzelnen aufzuführen, auch wenn ich mich noch an alles erinnere. Es soll genügen, wenn ich sage, daß ich Lebensmittel für drei Monate einpackte, darunter einen Käfig voller Hühner, außerdem Kleidung und Küchengerät, um mich in den Neuen Indien einzurichten.
    Pedro de Valdivia wuchs in einem Herrenhaus in Castuera auf, dem Landsitz verarmter Edelleute, etwa drei Tagesmärsche südlich von Plasencia. Ich bedaure, daß wir uns in jungen Jahren nicht begegnet sind, als er, ein stattlicherLeutnant auf dem Rückweg von einem Feldzug, in meiner Stadt weilte. Womöglich liefen wir am selben Tag durch die verwinkelten Gassen, er schon ein ganzer Mann, in der prächtigen Uniform der königlichen Reiterei und mit dem Degen am Gürtel, ich noch ein Mädchen mit rötlichen Zöpfen, die ich damals hatte, bevor mein Haar schließlich dunkler wurde. Möglich, daß wir zur selben Zeit die Kirche betraten, seine Hand im Weihwasserbecken die meine streifte und unsere Blicke sich trafen ohne Erkennen. Weder dieser aufrechte Soldat, der im Getriebe der Welt gereift war, noch ich, ein Mädchen, das Kleider nähte, hätten erahnen können, was das Schicksal für uns bereithielt.
    Pedro entstammte einer soldatischen Familie, die kein Vermögen, indes einen altehrwürdigen Namen besaß. Ihre Großtaten reichten zurück bis in vorchristliche Zeit, als man gegen die römischen Legionen zu Felde zog, darauf folgten sechshundert Jahre Kampf gegen die Mauren, und noch immer brachte diese Familie temperamentvolle Männer hervor für die nimmer endenden Kriege zwischen den gekrönten Häuptern der Christenheit. Pedros Vorfahren waren einst aus dem Gebirge gekommen, um in den Ebenen der Extremadura zu siedeln. Als Kind hörte er oft von seiner Mutter die Heldengeschichte von den sieben Brüdern aus dem Valle de Ibia, den Valdivias, und von ihrem erbitterten Kampf gegen ein schreckliches Untier. Wenn man der phantasiebegabten Frau Mutter glauben durfte, so war das kein herkömmlicher Drache gewesen wie der, den der heilige Georg besiegt hatte – Echsenschwanz, Fledermausflügel und zwei oder drei Schlangenköpfe –, nein, dieses Scheusal war zehnmal größer und grimmiger, es war Jahrhunderte alt und verkörperte alle Feinde Spaniens, angefangen bei den Römern über die Muselmanen bis hin zu den verfluchten Franzosen, die sich in jüngster Zeit erdreisteten, unserem König die angestammten Rechte streitig zu machen. »Stell dir nur vor, mein Junge!« rief die gute Frauan dieser Stelle der Geschichte stets. »Wir müßten französisch reden!«
    Einer nach dem anderen wurden die Brüder Valdivia niedergemacht, von den Flammen versengt, die das Untier spie, oder von seinen Tigerkrallen in Stücke gerissen. Als sechs bereits gefallen waren und der Kampf verloren schien, hieb der jüngste der Brüder, der sich noch auf den Beinen hielt, einen dicken Ast von einem Baum, spitzte ihn an beiden Enden an und rammte ihn dem Scheusal zwischen die Lefzen. Der Drache wand sich vor Schmerz, unter seinem peitschenden Schwanz barst die Erde, und die Staubwolke reichte bis nach Afrika. Alsdann packte der Held sein Schwert mit beiden Händen, stieß es dem Drachen ins Herz, und so ward Spanien befreit.
    Von diesem Jungen, dem Tapfersten unter den Tapferen, stammte Pedro in direkter mütterlicher Linie ab, und davon gaben zwei Trophäen beredtes Zeugnis: das Schwert, das sich noch immer im Familienbesitz befand, und das Wappen mit den zwei Schlangen auf goldenem Grund, die sich in den Stamm eines Baumes verbissen haben. Der Wappenspruch lautete: »Wer den Tod nicht scheut, am Leben sich freut.« Für einen Sproß solcher Ahnen war es nur natürlich, bereits in jungen Jahren dem Ruf zu den Waffen zu folgen. Pedros Mutter gab, was von ihrer Mitgift geblieben war, und stattete ihn für die Unternehmung aus: mit Kettenhemd und vollständiger Rüstung, den Waffen eines Ritters, einem Knappen und zwei Pferden. Das sagenumwobene Schwert der Valdivias war ein rostiges Stück Eisen, es war unhandlich wie ein Knüppel und nur noch als Andenken und Wandschmuck von Wert, deshalb kaufte sie ihrem Sohn einen Degen aus bestem Toledostahl, biegsam und leicht. Mit ihm sollte Pedro unter dem Banner Karls V. für Spanien kämpfen

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