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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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etwa hundert Jahre bestanden. Außerdem führten die Inkas ein verweichlichtes Leben, sie konnten es mit unserem Kampfesmut, den Waffen und Pferden nicht aufnehmen.«
    »Pizarro muß sich mit den Feinden des Indio-Königs verbündet haben, so wie es Hernán Cortés in Mexiko tat.«
    »Gewiß. Atahualpa und sein Bruder Huáscar lagen im Krieg, und den nutzten Pizarro und dann auch Almagro, der wenig nach ihm Peru erreichte, um beide zu vernichten.«
    Alderete erzählte, das Reich von Peru sei ein Land der Knechte gewesen, die Obrigkeit habe alles scharf kontrolliert. Mit einem Teil des Tributs, den die Untertanen entrichten mußten, versorgte und schützte der Inka Waisen und Witwen, Kranke und Alte und legte Vorräte für Notzeiten an. Und diese Maßnahmen seien ja eigentlich sinnvoll gewesen, nur wurden der Herrscher und sein Hofstaat vom Volk trotzdem nicht geliebt, weil dessen Dasein eine einzige Fron im Dienst der sogenannten Orejones war, der militärischen und religiösen Obrigkeit. Dem Volk sei es also im Grunde einerlei gewesen, ob es unter den Inkas oder den Spaniern dienen mußte, und es setzte den Neuankömmlingen wenig Widerstand entgegen. Mit Atahualpas Tod war Pizarros Triumph jedenfalls besiegelt; als er dem Reich den Kopf abschlug, fiel es in sich zusammen.
    »Diese beiden Männer, Pizarro und Almagro, beidesillegitime Söhne ohne Bildung und Vermögen, sind der beste Beweis dafür, was sich in der Neuen Welt erreichen läßt. Heute sind sie nicht nur vermögend, sondern von unserem geliebten König auch mit Ehrungen und Titeln überhäuft worden«, sagte Alderete.
    »Man hört nur von Ruhm und Reichtum, spricht von erfolgreichen Unternehmungen, von Perlen, Smaragden, Land und unterworfenen Völkern, kein Wort wird verloren über die Gefahren«, gab Valdivia zu bedenken.
    »Das stimmt. Und die Gefahren sind ohne Zahl. Um diese jungfräulichen Weltgegenden zu erobern, braucht es Männer von großer Beherztheit.«
    Valdivia stieg das Blut ins Gesicht. Zweifelte dieser grüne Junge etwa an seiner Beherztheit? Doch sofort mußte er sich eingestehen, daß sein Besucher, falls er es tat, allen Grund dazu hatte. Er zweifelte ja selbst; es war lange her, daß er seinen Mut auf die Probe gestellt hatte. Die Welt schritt in Siebenmeilenstiefeln voran. Ihm war das Glück beschieden, in einer strahlenden Epoche zu leben, in der sich endlich die Rätsel des Universum zu klären schienen: Nicht nur hatte sich die Erde als rund erwiesen, es wurden auch zunehmend Stimmen laut, die sagten, sie kreise um die Sonne und nicht umgekehrt. Und was tat er derweil? Er zählte Lämmer und Ziegen, hortete Eicheln und Oliven. Einmal mehr wurde sich Valdivia bewußt, wie überdrüssig er all dessen war. Er hatte genug von Vieh und Äckern, vom Kartenspiel mit den andern Gutsherren, von Messen und Rosenkränzen, von der Lektüre der immer gleichen Bücher – fast alle von der Inquisition verboten – und von den vielen Jahren der pflichtgemäßen und fruchtlosen Begegnungen mit seiner Frau. Das Schicksal hatte sich diesen vor Begeisterung sprühenden Jungen zum Boten gewählt und klopfte an seine Tür wie einst, als es hieß, in die Lombardei, nach Flandern, Pavia, Mailand und Rom zu ziehen.
    »Wann brecht Ihr in die Neuen Indien auf, Jerónimo?«
    »So Gott will, noch in diesem Jahr.«
    »Ihr könnt auf mich zählen«, sagte Valdivia mit gesenkter Stimme, damit Marina es nicht hörte. Unverwandt blickte er auf die Stelle über dem Kamin, wo sein Degen aus Toledo hing.
    Im Jahre 1537 nahm ich Abschied von meiner Familie, die ich nicht mehr wiedersehen sollte, und reiste mit meiner Nichte Constanza in das schöne, nach Orangenblüten und Jasmin duftende Sevilla und von dort auf den klaren Wassern des Guadalquivir weiter in die belebte Hafenstadt Cádiz mit ihren engen, gepflasterten Gassen und maurischen Kuppeln. Dort gingen wir an Bord eines behäbigen, aber sicheren Dreimasters, der unter dem Kommando von Kapitän Manuel Martín fuhr. Schwitzende Männer brachten in langer Reihe die Vorräte aufs Schiff: Fässer mit Wasser, Bier, Wein und Öl, Säcke mit Mehl, Trockenfleisch, lebendes Geflügel, eine Kuh und zwei Schweine zum Verzehr während der Reise und daneben etliche Pferde, die in der Neuen Welt gutes Geld einbrachten. Ich hatte ein scharfes Auge darauf, daß mein sicher verschnürtes Gepäck an dem Platz verstaut wurde, den Kapitän Martín mir zugewiesen hatte. In der winzigen Kajüte, die ich mit meiner Nichte teilen

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