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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Seen, der Reichtum der Gold- und Silberminen, all das übersteige die menschliche Vorstellungskraft. Doch nahmen sich all die Schätze klein aus gegen den Ruhm, dagegen, das Leben ganz zu erfüllen, die Wilden zu unterwerfen, einer höheren Bestimmung zu folgen und, so Gott wollte, eine Dynastie zu gründen. Das und vieles mehr sei in den neuen Grenzlanden der Krone möglich, dort gebe es Vögel mit juwelenbesetztem Gefieder und Frauen von einer Farbe wie Honig, die nackt seien und willfährig. »Verzeiht, Doña Marina, das war so dahergesagt …«, fügte ermit einem ängstlichen Blick zur Hausherrin an. Die Worte der spanischen Sprache reichten nicht, um die Fülle zu beschreiben, die sich jenseits des Meeres darbot: Perlen, groß wie Wachteleier, Gold, das von den Bäumen regnete, und so viel Land und Indios, daß jeder Soldat zum Herrn über ein Gut von der Größe einer spanischen Provinz werden konnte. Doch wesentlicher noch sei, daß zahlreiche Völker weiter auf das Wort des einzigen und wahren Gottes warteten und auf die Segnungen der edlen spanischen Lebensart. Auch der gemeinsame Freund Francisco de Aguirre wolle sich einschiffen, ja es dürste ihn so sehr nach dem Abenteuer, daß er sich dafür von seiner geliebten Frau trennen würde und von den fünf Kindern, die sie ihm in den letzten Jahren geschenkt hatte.
    »Ihr glaubt wirklich, es gibt in den neuen Landen noch etwas zu tun für Männer wie uns?« fragte Valdivia ungläubig. »Seit Kolumbus dort vor Anker ging, sind über vierzig Jahre vergangen und fast zwanzig seit der Eroberung von Mexiko durch Cortés.«
    »Und ebenso viele, seit Magellan zu seiner Weltumsegelung aufbrach. Wie Ihr seht, wird die Erde größer, unerschöpfliche Möglichkeiten tun sich auf. Nicht allein die Neue Welt gilt es zu erkunden, auch Afrika, Indien, die neuen Inseln im Osten und vieles mehr«, ereiferte sich Alderete.
    Dann kam er auf das zu sprechen, was allerorten in Spanien für Aufsehen gesorgt hatte: die Eroberung Perus und seine unermeßlichen Schätze. Einige Jahre zuvor hatten sich die beiden unbekannten Soldaten Francisco Pizarro und Diego de Almagro zusammengetan, um eine Expedition nach Peru auszurichten. Auf zwei Erkundungsfahrten trotzten sie homerischen Gefahren zu Wasser und zu Land: Ihre Schiffe stachen in Panama in See und folgten blindlings, ohne Karten, der zerklüfteten Küste des Pazifiks nach Süden, immer nach Süden. Von den Eingeborenen verschiedener Stämme hatten sie Gerüchte gehört über ein Land,in dem die Kochtöpfe und Ackergeräte mit Smaragden besetzt waren, in den Bachbetten flüssiges Silber rann und das Laub an den Bäumen und die Käfer aus purem Gold waren. Da sie das Ziel ihrer Reise nicht kannten, mußten sie immer wieder anlanden und diese Gegenden erkunden, in die kein Europäer je seinen Fuß gesetzt hatte. Viele Spanier ließen ihr Leben auf dem Weg, und andere überlebten nur, weil sie Schlangen und anderes Gewürm aßen.
    Auf der dritten Reise schließlich, an der Almagro nicht teilnahm, weil er sich um neue Soldaten und um Mittel für ein weiteres Schiff bemühte, erreichten Pizarro und seine Männer das Hoheitsgebiet der Inkas. Dumpf vor Erschöpfung und Schweiß, wirr von zuviel Himmel und Meer, gingen die Spanier von Bord ihrer gebeutelten Schiffe und fanden ein gesegnetes Land mit fruchtbaren Tälern und majestätischen Bergen, kein Vergleich zu den vergifteten Wäldern weiter im Norden. Zweiundsechzig schmutzstarrende Reiter und hundertsechs erschöpfte Fußsoldaten setzten sich vorsichtig in ihren schweren Rüstungen in Marsch, trugen das Kreuz voran, hatten die Hakenbüchsen geladen, die Schwerter gezogen. Menschen von einer Farbe wie Holz kamen ihnen entgegen, sie waren in Kleider aus fein gewebten, vielfarbigen Stoffen gehüllt, redeten in einer sanft tönenden Sprache und schienen sich zu ängstigen, denn sie hatten nie zuvor solche bärtigen Wesen gesehen, die halb Tier waren, halb Mensch. Die Überraschung muß beidseitig gewesen sein, denn die Seefahrer hatten nicht erwartet, eine Kultur wie die dortige vorzufinden. Voller Staunen betrachteten sie die Bauwerke und Straßen, die Stoffe, den Schmuck. Prunkvoll wie Süleiman der Prächtige lagerte der Inka Atahualpa, Herrscher über dieses Reich, in jenen Tagen mit seinem vieltausendköpfigen Hofstaat bei einigen heilkräftigen Thermen. Dorthin schickte Pizarro einen seiner Hauptleute, damit er den Inka zu einem Treffen bat. Der empfing den Gesandten im Kreis

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