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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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die Ernten, um Trockenheit und Fröste, um Ränke und Eifersüchteleien im Dorf. Lesen, Karten spielen, Messen und wieder Messen. Da er sich auf Gesetzestexte und Rechtsfragen verstand, suchten die Leute seinen Rat in juristischen Angelegenheiten, und selbst die zuständigen Amtspersonen folgten seinen Empfehlungen. Sein größtes Vergnügen waren Bücher, vor allem Berichte von Reisen, und Landkarten, die er bis in alle Einzelheiten studierte. Den Canto del Mio Cid hatte er auswendig gelernt, fand Zerstreuung in den phantastischen Beschreibungen des Solinus und den imaginären Fahrten eines John Mandeville, doch am liebsten las er die Berichte aus der Neuen Welt, die in Spanien gedruckt wurden. Die Heldentaten von Kolumbus und Magellan, von Amerigo Vespucci, Hernán Cortés und so vielen anderen ließen ihn nächtelang nicht schlafen; den Blick starr auf den brokatenen Baldachin über dem Bett gerichtet, träumte er mit offenen Augen davon, ferne Orte des Erdenrunds zu entdecken und zu erobern, Städte zu gründen, das Kreuz zum Ruhme Gottes in barbarische Landstriche zu tragen, der Geschichte mit Feuer und Schwert seinen Namen einzuschreiben. Unterdessen bestickte seine Fraumit golddurchwirkten Garnen Meßgewänder und betete in einer endlosen Litanei einen Rosenkranz nach dem anderen. Obwohl Pedro sich mehrmals in der Woche durch die erniedrigende Öffnung ihres Nachtgewands wagte, blieben die ersehnten Kinder aus. So vergingen die Jahre, fade und langsam, in der lähmenden Glut des Sommers und der Zurückgezogenheit des Winters. Hart, sehr hart ist das Leben in der Extremadura.
    Etliche Jahre später, als Valdivia sich bereits damit abgefunden hatte, ruhmlos in dem stillen Haus in Castuera neben seiner Frau alt zu werden, klopfte ein Reisender an seine Tür, der einen Brief von Francisco de Aguirre brachte. Er stammte aus Olmedo und hieß Jerónimo de Alderete. Sein Gesicht war ansprechend, er hatte eine Mähne honigfarbener Locken, einen Türkenschnauzbart mit nach oben gezwirbelten Spitzen und die leuchtenden Augen eines Träumers. Valdivia empfing ihn mit der Gastfreundschaft, die einem guten Spanier ziemte, und bot ihm sein Haus an, das aller Pracht entbehrte, aber doch behaglicher und sicherer war als die Herbergen am Weg. Es war Winter, und Marina hatte den Kamin in der großen Stube befeuern lassen, jedoch vermochten die glühenden Scheite nur wenig gegen die Zugluft und die Düsternis. In dem kargen Raum, in dem nur einige unverzichtbare Möbel standen und jeder Zierat fehlte, spielte sich in den Wintermonaten das Leben der Ehegatten ab – hier las er, widmete sie sich ihrer Handarbeit, hier nahmen sie ihre Mahlzeiten ein, und hier, auf den Kniebänken vor der Altarnische, beteten beide. Marina brachte den Männern etwas vom herben Wein des Hauses, dazu Hartwurst, Käse und Brot, und zog sich dann in ihren Winkel zurück, um im Schein eines Kandelabers zu sticken, während die beiden sich unterhielten.
    Jerónimo de Alderete war unterwegs, um Männer für die Neuen Indien anzuwerben, und als Lockung zeigte erin Schenken und auf Plätzen eine Halskette aus dicken gehämmerten Goldperlen vor, die sich an einem starken Silberfaden reihten. In dem Brief von Francisco de Aguirre an seinen Freund Pedro de Valdivia ging es ebenfalls um die Neue Welt. Mit Verve beschrieb Alderete seinem Gastgeber die phantastischen Möglichkeiten, die der neue Kontinent bot und die in aller Munde waren. Er sagte, in Europa sei kein Raum mehr für die edle Tat, die alte Welt sei verkommen und greisenhaft, zersetzt von politischen Verschwörungen, von höfischen Intrigen und den ketzerischen Lehren der Lutherischen, die die Christenheit entzweiten. Die Zukunft lag jenseits des Ozeans, das dürfe man ihm glauben. Es gab so viel zu tun in den Neuen Indien oder Amerika, so nannte man den Kontinent ja neuerdings, seit ein deutscher Kartograph ihm diesen Namen zu Ehren von Amerigo Vespucci gegeben hatte, der doch nur ein anmaßender florentinischer Seefahrer gewesen war und nicht sein Entdecker. Christophien oder Kolumbusland solle diese Weltgegend eigentlich heißen. Doch einerlei, nun war es einmal so, und es war nicht von Belang.
    Die Neue Welt bedürfe dringend edler Männer von unbezähmbarem Mut, die mit dem Schwert in der einen und dem Kreuz in der anderen Hand neue Gebiete erkundeten und eroberten. Die Weite dieser Landstriche, das Grün ihrer Wälder, die Fülle kristallklaren Wassers in ihren Flüssen, die Tiefe ihrer stillen

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