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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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konnten tagelang nicht weiterziehen, krümmten sich unter Brechanfällen und einem unbarmherzigen Durchfall. Ihre Bäuche quollen auf, die Zähne hingen ihnen lose im Mund, sie schlotterten im Fieber. Einer starb, dem lief das Blut selbst aus den Augen, ein anderer wurde ins Moor hinabgezogen, einen dritten zermalmte eine Anakonda, eine monströse Wasserschlange, dick wie das Bein eines Mannes und lang wie fünf Lanzen. Die Luft war wie heißer Wasserdampf, ein stinkender, vergifteter Drachenatem. »Das Reich des Satans«, sagten die Soldaten, und sie hatten wohl recht, denn immer gereizter wurden die Gemüter, immer häufiger der Streit. Nur mit Mühe konnten die Offiziere sie zur Ordnung rufen und zum Weiterziehen bewegen. Eine einzige Lockung trieb sie voran: El Dorado.
    Mit jedem Schritt auf ihrem quälenden Weg schwand Pedro de Valdivias Glaube an dieses Unternehmen, und sein Mißfallen wuchs. Nicht das war es, wovon er in seinem geisttötenden Haus in der Extremadura geträumt hatte. Er war aufgebrochen, sich in heroischen Schlachten mit barbarischen Völkern zu messen und abgeschiedene Landstriche zum Ruhme Gottes und des Königs zu erobern, nie aber hätte er gedacht, daß er mit seinem Degen, dem Degen der Triumphe von Flandern und Italien, einst gegen Schlingpflanzen und Unterholz vorgehen würde. Die Gier und die Grausamkeit seiner Kameraden stießen ihn ab, dieses rohe Soldatenpack wußte nichts von Ehre und Idealen. Mit Ausnahme von Jerónimo de Alderete, der seinen edlen Sinn mehr als einmal bewiesen hatte, waren sie samt und sonders Lumpen der übelsten Sorte, hinterhältig und streitsüchtig. Der Hauptmann, dem die Expedition unterstand, war einNichtswürdiger, den Valdivia bald aus tiefstem Herzen verachtete: Er stahl, verschacherte Indios wie Sklaven und zahlte der Krone nicht den ihr zustehenden Anteil. Wohin drängt es uns mit solchem Furor und solcher Macht, da man Gold ja doch nicht mit ins Grab nehmen kann, fragte sich Valdivia, aber er ging weiter, denn an Umkehr war nicht zu denken. Etliche Monate währte dieses sinnlose Abenteuer, bis Pedro de Valdivia und Jerónimo de Alderete sich endlich von der unseligen Schar trennen konnten und ein Schiff bestiegen, das sie nach Santo Domingo auf der Insel Hispaniola brachte, wo sie sich von den überstandenen Strapazen erholten. Pedro schickte Marina etwas Geld, das er hatte sparen können, wie er es immer tun würde bis zu seinem Tod.
    Etwa um diese Zeit wurde auf der Insel bekannt, daß Francisco Pizarro in Peru Verstärkung brauchte. Diego de Almagro, sein Bundesgenosse bei der Eroberung des Inkareichs, war in den tiefen Süden des Kontinents aufgebrochen, um die barbarischen Landstriche von Chile zu unterwerfen. Die beiden Männer hätten verschiedener nicht sein können: Pizarro war düster, argwöhnisch und mißgünstig, obschon überaus mutig, Almagro war offenherzig, loyal und großzügig und jagte dem Reichtum nur nach, um ihn zu verteilen. Daß zwei Männer von so unterschiedlichem Naturell, die dasselbe ehrgeizige Unternehmen verfolgten, sich schließlich entzweiten, war kaum zu vermeiden, auch wenn sie einst vor dem Altar die Hostie geteilt und einander Treue geschworen hatten. Das Inkareich war zu klein geworden für die beiden. Pizarro blieb, zum Marqués und Ritter des Santiagoordens geadelt und zum Gouverneur ernannt, zusammen mit seinen gefürchteten Brüdern in Peru, während Almagro ein Heer aus fünfhundert Spaniern und zehntausend unterworfenen Indios zusammenstellte und im Jahr 1535, mit dem Titel eines Adelantado versehen, in das noch unerforschte »Chile« zog, was in der Sprache derAymara soviel heißt wie »Wo die Welt zu Ende ist«. Für die Expedition brachte er aus seinem neu erlangten Vermögen eine Summe auf, die größer war als das von Atahualpa gezahlte Lösegeld.
    Kaum war Diego de Almagro mit seinen Tapferen nach Chile aufgebrochen, hatte Pizarro einen allgemeinen Aufstand zu gewärtigen. Die Eingeborenen Perus sahen, daß die Streitmacht der Viracochas – so nannten sie die Spanier – sich teilte und griffen zu den Waffen. Ohne rasche Hilfe war die Eroberung des Inkareichs in Gefahr und mit ihr das Leben der Spanier, die ihren Feinden an Zahl weit unterlegen waren. Auf der Insel Hispaniola erfuhr Valdivia von Francisco Pizarros Hilferuf, und unverzüglich machte er sich auf den Weg nach Peru.
    Peru – allein der Name dieser Weltgegend rief in Pedro de Valdivia Bilder von unermeßlichem Reichtum und einer

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