Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
das durch Hunger und Gewalt und die Wirren des Krieges geschwächt war, beugte sein Haupt. Doch Francisco Pizarro und seine Brüder dachten gar nicht daran, Almagro für sein Eingreifen zu danken, sondern wandten sich gegen ihn, um ihm Cuzco zu entreißen, das ihm bei der Aufteilung des Inkareichs durch Kaiser Karl V. zugefallen war. Das weite Land und sein unermeßlicher Reichtum genügten nicht, um den Hunger der Pizarros zu stillen; sie wollten mehr, sie wollten alles.
Francisco Pizarro und Diego de Almagro griffen schließlich zu den Waffen und lieferten sich im Tal von Abancay eine kurze Schlacht, in der Pizarro unterlag. In seiner ihm eigenen Großmut behandelte Almagro seine gefangenen Widersacher außergewöhnlich milde, auch die ihm erbittert feindlich gesinnten Brüder Pizarro. Viele der besiegten Soldaten bewunderten ihn für diese Haltung und liefen zu ihm über, aber die ihm ergebenen Hauptleute flehten ihn an, er möge die Brüder Pizarro hinrichten und seinen Sieg dazu nutzen, sich des ganzen Landes zu bemächtigen. Almagro schlug den Rat in den Wind und entschied sich für die Aussöhnung mit seinem undankbaren Weggefährten von einst, der ihm so übel mitgespielt hatte.
So standen die Dinge, als Pedro de Valdivia Peru erreichte und sich in den Dienst dessen stellte, der ihn gerufen hatte: Francisco Pizarro. In seiner Gesetzestreue hinterfragte Valdivia weder die Befehlsgewalt noch die Absichten des Gouverneurs; der repräsentierte Karl V., und das genügte. Doch das letzte, was Valdivia wünschte, war die Teilnahme an einem Bruderkrieg. Die lange Reise hatte er auf sich genommen, um gegen aufständische Indios zu kämpfen, und dasselbe gegen Spanier zu tun war ihm nie in den Sinn gekommen. Deshalb diente er sich Pizarro und Almagro als Vermittler an und suchte nach einer friedlichen Einigung,die für Momente greifbar nah schien. Er kannte Pizarro nicht, der das eine behauptete, im verborgenen indes andere Pläne spann. Der Gouverneur erging sich in Freundschaftsbekundungen und bereitete derweil Almagros Vernichtung vor, besessen von der Idee, allein zu herrschen und Cuzco in die Hände zu bekommen. Er neidete Almagro seine Verdienste, seine ständige Zuversicht und vor allem die Treue, in der die Soldaten zu ihm standen, denn er selbst wußte sich verachtet.
Über ein Jahr währten die Scharmützel, wurden Absprachen gebrochen und Verrätereien begangen, bis die beiden Widersacher in Las Salinas, nahe Cuzco, zur entscheidenden Schlacht riefen. Francisco Pizarro führte sein Heer nicht selbst an, sondern stellte es unter den Befehl von Pedro de Valdivia, dessen militärische Meriten allgemein bekannt waren. Valdivia hatte unter dem Marchese di Pescara in Italien gekämpft und war erfahren darin, sich mit Europäern zu schlagen, und da es diesmal nicht gegen schlecht bewaffnete, führungslose Indios, sondern gegen disziplinierte spanische Soldaten gehen sollte, machte Pizarro ihn zum Oberfeldmeister. Der Gouverneur selbst ließ sich von seinem Bruder Hernando vertreten, der gehaßt wurde, weil er grausam und überheblich war. Ich möchte das hier klarstellen, damit man Pedro de Valdivia nicht der Untaten zeiht, die in diesen Tagen begangen wurden und für die ich bittere Beweise sah, als ich die Unglücklichen versorgte, deren Wunden noch Monate nach der Schlacht nicht verheilt waren. Pizarros Streitmacht verfügte über Kanonen und zweihundert Mann mehr als Almagro; die Soldaten waren ausgezeichnet bewaffnet mit neuen Arkebusen und todbringenden Kugeln, die in viele messerscharfe Splitter zersprangen. Die Männer waren kampfwillig und ausgeruht, ihren Gegnern steckten dagegen noch die mörderischen Entbehrungen der Chile-Expedition und die Kämpfe gegen die aufständischen Indios von Peru in den Knochen.Diego de Almagro war schwerkrank und nahm wie Francisco Pizarro nicht selbst an der Schlacht teil.
Die beiden Heere trafen im rosigen Morgendämmer im Tal von Las Salinas aufeinander, wo auf den umliegenden Hügeln Tausende Quechuaindianer auf das vergnügliche Schauspiel warteten, das die Viracochas bieten würden, wenn sie wie tollwütige Tiere aufeinander losgingen. Die Indios verstanden weder das Brimborium zum Auftakt noch die Beweggründe der bärtigen Krieger. Die nahmen zunächst in ihren blitzblanken Rüstungen neben ihren stolzen Schlachtrössern Aufstellung, dann beugten sie ein Knie auf die Erde, und andere, schwarz gekleidete Viracochas vollführten Zauber mit Kreuzen und funkelnden
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