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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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aller Augen! Wir werden ein Exempel statuieren!« befahl Hernando Pizarro.
    »Mit Verlaub, Exzellenz, ohne mich. Die Soldaten werden es nicht hinnehmen. Es war hart, sich unter Brüdern zu schlagen, wir sollten nicht noch Salz in die Wunde streuen. Das könnte zu einem Aufstand der Truppe führen«, gab Valdivia zu bedenken.
    »Almagro ist als Gemeiner geboren, er soll wie ein Gemeiner sterben.«
    Valdivia verkniff es sich, sein Gegenüber daran zu erinnern, daß auch die Pizarros nicht von edlerem Geblüt waren. Genau wie Diego de Almagro war Francisco Pizarro ein illegitimes Kind, hatte nie eine Ausbildung erhalten und war von seiner Mutter verlassen worden. Beide waren sie namenlose Habenichtse gewesen, ehe ein glücklicher Wind des Schicksals sie nach Peru blies und reicher machte als König Salomon.
    »Don Diego de Almagro führt die Titel Adelantado und Gouverneur von Neu Toledo. Wie wollt Ihr es unserem König erklären?« ließ Valdivia nicht locker. »Bei allem Respekt, Exzellenz, ich kann nur wiederholen, daß es nicht ratsam ist, die Truppe zu provozieren, die Gemüter sind schon jetzt recht erhitzt. Diego de Almagro ist ein untadliger Soldat.«
    »Der aus Chile zurückgekommen ist, weil ihn eine Horde nackter Wilder besiegt hat!« brauste Hernando Pizarro auf.
    »Nein, Exzellenz. Der aus Chile zurückkehrte, um dem Bruder Eurer Exzellenz beizustehen, dem Gouverneur.«
    Hernando Pizarro sah ein, daß der Oberfeldmeister recht hatte, doch offen einzulenken oder einen Gegner gar zu begnadigen war ihm nicht gegeben. Er ordnete an, Almagro auf dem Platz von Cuzco zu enthaupten.
    In den Tagen vor der Hinrichtung saß Valdivia oft allein mit Almagro in dem düsteren, verdreckten Verlies, das zum letzten Obdach des Adelantado geworden war. Valdivia bewunderte den Mann für seine soldatischen Bravourstükke und seine legendäre Großmut, auch wenn er um einige seiner Fehlentscheidungen und Schwächen wußte. Dort im Kerker berichtete Almagro seinem Besucher von den achtzehn Monaten der Erkundung in Chile und legte so die Saat für Valdivias Vorhaben einer Eroberung, die er selbst nicht hatte vollenden können. Er beschrieb ihm die grauenhafteWanderung durch das Gebirge, wo die Kondore gemächlich über den Köpfen der Wanderer kreisten und warteten, daß wieder einer zusammenbrach und bis auf die Knochen abgenagt werden konnte. Von den Indios der Hilfstruppen, den Yanaconas, erfroren über zweitausend, außerdem zweihundert Schwarze, annähernd fünfzig Spanier und ungezählte Pferde und Hunde. Selbst die Läuse verschwanden, und die Flöhe rieselten aus den Kleidern wie Samenkörner. Nichts wuchs dort oben, keine einzige Flechte, alles war Fels, Wind, Eis und Einsamkeit.
    »Wir wußten uns nicht zu helfen, Don Pedro, wir aßen das rohe Fleisch der erfrorenen Tiere. Bei Tag marschierten wir, so schnell wir konnten, sonst hätte der Schnee uns begraben oder wir wären starr geworden vor Angst. Nachts schliefen wir an die Tiere gepreßt. Im Morgengrauen zählten wir die toten Indios und murmelten ein rasches Vaterunser für ihre Seelen, zu groß war die Eile. Sie blieben liegen, wo sie zusammengebrochen waren, und weisen dem verirrten Reisenden fortan wie eisige Grenzsteine den Weg.«
    Die Rüstungen seien ihnen am Leib festgefroren, die Spanier waren gefangen darin, und wenn sie Stiefel oder Handschuhe auszogen, lösten sich Zehen und Finger ohne Schmerz. Nicht einmal ein Wahnsinniger hätte für den Rückweg dieselbe Route gewählt, deshalb entschied sich Almagro für den Weg durch die Wüste; er machte sich kein Bild von dem Grauen, das ihn dort erwartete. Wieviel Mühsal und Leid kostet die Christenpflicht der Eroberung! dachte Valdivia bei sich.
    »Tagsüber ist die Wüste heiß wie ein Feuer, und das gleißende Licht bringt Männer und Pferde um den Verstand, sie sehen Bäume und stille Teiche, aus denen man trinken kann«, berichtete der Adelantado. »Doch kaum ist die Sonne fort, wird es bitterkalt, ein eisiger Nebel fällt, der uns zusetzte wie der Tiefschnee im Gebirge. Wir führten reichlich Wasser in Fässern und Schläuchen mit, aber es dauertenicht lang, da wurde es knapp. Der Durst tötete viele Indios und verrohte die Spanier.«
    »Das klingt wie eine Reise in die Hölle, Don Diego.«
    »Das war es, Don Pedro, aber ich versichere Euch, würde mein Leben hinreichen, ich versuchte es erneut.«
    »Aber warum nur, wenn der Hindernisse so viele sind und der Lohn dürftig ist?«
    »Weil man, wenn das

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