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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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lockte ihn die Vorstellung, erneut mit Marina vereint zu sein, die ihn seit Jahren treu erwartete und nicht müde wurde, ihn in ihren Briefen heimzurufen, die stets gespickt waren mit Segenswünschen und Vorwürfen. Spanien war die Vergangenheit, Chile die Zukunft. Auf der Karte waren Almagros Routen verzeichnet und die heikelsten Passagen markiert: das Gebirge, die Wüste und die Gegenden, in denen der Feind sich sammelte. »Südlich des Bío Bío ist kein Durchkommen, dort sind die Mapuche«, hatte Almagro ihm wieder und wieder versichert. Diese Worte verfolgten Valdivia und stachelten ihn an. Ich hätte es geschafft, dachte er, wiewohl er am Mut des Adelantado nicht zweifelte.
    In solcherlei Überlegungen war er versunken, als durch den Lärm der Schenke das Krakeelen eines Betrunkenen zu ihm her drang und er unwillkürlich aufhorchte. Der Mann redete davon, jemandem eine tüchtige und wohlverdiente Abreibung zu verpassen, einer gewissen Inés, einem eingebildeten Weibsstück, das es wagte, einen ehrenwerten Leutnant des christlichen Kaisers Karl V. zum besten zu halten. Der Name kam Valdivia bekannt vor, und bald war ihm klar, daß es sich um die junge Witwe aus der Calle del Templo de las Vírgenes handeln mußte, die Kleider wusch und flickte. Er hatte ihre Dienste nie in Anspruch genommen – seine Wäsche erledigten die indianischen Mädchen –, aber zuweilen war sie ihm auf der Straße oder in der Kirche aufgefallen, weil sie eine der wenigen Spanierinnen in Cuzco warund er sich fragte, wie lange eine Frau wie sie wohl allein bleiben würde. Zweimal war er ihr in einiger Entfernung durch die Gassen gefolgt, weil es ihm eine Freude war zu sehen, wie ihre Hüften sich im Takt ihres ausladenden, entschlossenen Zigeunerschritts wiegten und ihr Haar im Sonnenlicht kupferfarben schimmerte. Sie wirkte selbstsicher und charakterfest, beides Eigenschaften, die er von seinen Hauptleuten verlangte und die bei einer Frau zu suchen ihm nie in den Sinn gekommen wäre. Er hatte sich stets zu sanften, verletzlichen Mädchen hingezogen gefühlt, die den Wunsch weckten, sie zu beschützen, daher hatte er Marina geheiratet. Diese Inés war alles andere als zerbrechlich oder unschuldig, konnte einem eher Angst einjagen, wirkte unbändig wie ein mühsam im Zaum gehaltener Wirbelwind; und doch war es ebendas, was ihm am besten an ihr gefiel. So jedenfalls hat er es mir später erzählt.
    Aus den Satzfetzen, die zu ihm herüberwehten, konnte Valdivia sich zusammenreimen, daß der betrunkene Leutnant die Frau offenbar in der Nacht entführen und in sein Haus verschleppen wollte, und eben brüllte er, er brauche zwei Freiwillige. Die Forderung wurde mit einem Chor aus Gelächter und obszönen Bemerkungen aufgenommen, aber niemand bot seine Hilfe an, denn eine solche Tat war nicht nur feige, sondern auch gefährlich. Den indianischen Frauen beizuwohnen und sie im Krieg zu schänden war das eine, sie kümmerten niemanden, hier jedoch ging es um eine spanische Witwe, die vom Gouverneur persönlich empfangen worden war. Er solle sich das lieber aus dem Kopf schlagen, rieten ihm seine Saufkumpane, aber Núñez tönte, er werde schon jemanden finden, der ihm zur Hand ginge.
    Pedro de Valdivia ließ ihn nicht aus den Augen und folgte ihm eine halbe Stunde später auf die Straße. Der Leutnant torkelte und merkte nicht, daß sich jemand an seine Fersen geheftet hatte. Er näherte sich meinem Haus und blieb eineWeile unschlüssig vor meiner Tür stehen, scheute sich dann aber doch, seinen Vorsatz allein auszuführen; der Alkohol mochte ihm den Sinn vernebeln, aber daß sein Ruf und seine militärische Laufbahn auf dem Spiel standen, das begriff er wohl noch. Valdivia sah ihn weggehen und pflanzte sich im Dunkel der Straßenecke auf. Es dauerte nicht lang, da gewahrte er zwei Indios, die leise an der Hauswand entlanghuschten und meine Tür und die Fensterläden zur Straße befühlten. Alle waren von innen verriegelt, deshalb schlichen die beiden weiter zu der Mauer, die den Hof nach hinten abschloß. Sie war kaum fünf Fuß hoch, und die beiden waren im Nu oben, rissen jedoch bei ihrem unglücklichen Sprung in meinen Hof einen großen Tonkrug um, der scheppernd in Scherben ging. Ich habe einen leichten Schlaf, und das Gepolter weckte mich. Pedro ließ die Eindringlinge einen Moment gewähren, weil er sehen wollte, wie weit sie gehen würden, und sprang dann hinter ihnen her. Unterdessen hatte ich eine Lampe entzündet und nach dem schweren

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