Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Messer gegriffen, mit dem ich das Fleisch für die Empanadas hackte. Ich war entschlossen, es zu benutzen, betete jedoch, daß es nicht nötig sein würde, denn Sebastián Romero lastete schwer auf mir, und es wäre bitter gewesen, hätte ich mir einen weiteren Toten aufs Gewissen laden müssen. Ich trat in den Hof, Catalina dicht hinter mir. Für den Höhepunkt der Vorstellung kamen wir zu spät, der vornehme Herr hatte die beiden Eindringlinge bereits in die Enge getrieben und war gerade dabei, sie mit dem Strick zu binden, der eigentlich für mich bestimmt gewesen war. Alles war sehr schnell gegangen, Valdivia hatte sich nicht weiter anstrengen müssen und sah eher belustigt als verärgert aus, als ginge es um einen Dummejungenstreich.
Wir boten ein recht komisches Bild: Ich ungekämmt und im Nachthemd, Catalina auf quechua fluchend, zwei vor Angst schlotternde Indios und ein Ritter in samtnem Wams, seidenen Beinkleidern und hohen, weichenSchaftstiefeln, der, den Degen in der Hand, zum Gruß mit der Feder seines Huts den Boden meines Hofs fegte. Wir mußten beide lachen.
»Diese Strolche werden Euch nicht mehr belästigen, Señora«, sagte er galant.
»Die machen mir weniger Sorgen, eher schon derjenige, der sie geschickt hat.«
»Auch der wird seine Schufterei bleibenlassen, ich knöpfe ihn mir morgen vor.«
»Wißt Ihr denn, wer es ist?«
»Ich kann es mir denken, doch sollte ich mich irren, werden diese beiden unter der Folter seinen Namen schon preisgeben.«
Als die zwei Indios das hörten, warfen sie sich vor dem Mann auf die Knie, küßten seine Stiefel und flehten mit dem Namen von Leutnant Núñez auf den Lippen um ihr Leben. Catalina knurrte, wir sollten an Ort und Stelle Gehacktes aus ihnen machen, und Valdivia wollte schon zur Tat schreiten, aber ich stellte mich schützend vor die beiden Unglücksraben.
»Nein, bitte nicht. Ich will keine Toten in meinem Hof, sie machen alles schmutzig und bringen nur Unglück.«
Valdivia lachte wieder, öffnete die Pforte in der Hofmauer und verabschiedete die zwei mit einem Tritt in den Hintern, nachdem er ihnen eingeschärft hatte, unverzüglich aus Cuzco zu verschwinden, wenn sie ungeschoren bleiben wollten.
»Ich fürchte, Leutnant Núñez wird weniger gnädig sein als Ihr«, sagte ich. »Bestimmt setzt er Himmel und Hölle in Bewegung, um die beiden zu finden, sie wissen zu viel, und er muß fürchten, daß sie reden.«
»Glaubt mir, Señora, ich kann dafür sorgen, daß dieser Núñez in der Wildnis der Chunchos verfault, und ebendas werde ich tun, dessen dürft Ihr gewiß sein.«
Da erst erkannte ich ihn. Es war PizarrosOberfeldmeister, der Held vieler Schlachten, einer der reichsten und mächtigsten Männer Perus. Ich hatte ihn ein paarmal gesehen, aber immer nur von weitem, hatte sein arabisches Roß bewundert und seine gebieterische Ausstrahlung.
In dieser Nacht entschied sich mein Leben und das von Pedro de Valdivia. Über Jahre hatten wir einander gesucht, hatten blind unsere Kreise gezogen, bis wir uns im Hof dieses Häuschens in der Calle del Templo de las Vírgenes schließlich fanden. Zum Dank für seine Hilfe bat ich ihn in meine bescheidene Stube, und Catalina holte Wein, der in meinem Haus nie fehlte, um ihn zu bewirten. Ehe sie sich lautlos wie immer davonmachte, gab sie mir hinter dem Rücken meines Gasts zu verstehen, daß dies der Mann sei, den ihre prophetischen Muscheln mir verheißen hatten. Ich erschrak, nie hätte ich mir träumen lassen, daß das Schicksal jemand Bedeutenden wie Valdivia für mich bereithielte, und ungläubig musterte ich ihn im gelben Schein der Lampe von Kopf bis Fuß.
Was ich sah, gefiel mir: Augen, so blau wie der Himmel der Extremadura, die Gesichtszüge männlich und ernst, aber doch offen, die Haltung aufrecht, gestählt in vielen Kämpfen, die Hände schwielig vom Führen der Waffen, aber mit langen, wohlgeformten Fingern. Ein kompletter Mann wie dieser war in den Neuen Indien zweifellos ein Luxus, die meisten waren entstellt von grausigen Narben, hatten ein Auge, die Nase oder ganze Gliedmaßen eingebüßt. Und was sah er? Eine schmale Frau, mittelgroß, mit offenem, ungekämmtem Haar, kastanienbraunen Augen, kräftigen Brauen und bloßen Füßen unter einem gewöhnlichen Leinennachthemd. Stumm sahen wir uns eine Ewigkeit an, unfähig, den Blick voneinander zu wenden. Die Nacht war kühl, aber meine Haut glühte, und ein Rinnsal aus Schweiß lief mir über den Rücken. Ihn muß dasselbe Gewitterbeben
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