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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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wenn Ihr jemanden umbringen wollt«, und dabei strahlte sie ihn mit ihren kokageschwärzten Zähnen an, daß dem guten Mann Zweifel an seinen wunderwirksamen Arzneien kamen, die er unter großen Mühen um den halben Globus transportiert hatte. Catalina kannte machtvolle Gifte, Liebestränke, Kräuter, die einen wach und voller Tatendrang halten, und andere, die einem Schlaf schenken, Blutungen stillen oder Schmerzen lindern. Sie war empfänglich für die Dinge des Jenseits, konnte mit den Toten sprechen und in die Zukunft sehen; manchmal trank sie ein Gebräu aus verschiedenen Pflanzen, das sie in eine andere Welt schickte, und bekam Rat von den Engeln. Sie nannte sie nicht so, sagte aber, es seien durchsichtige, geflügelteWesen, deren feuriger Blick einen niederstrecken konnte; was sollten das sonst sein als Engel? Im Beisein anderer ließen wir nie ein Sterbenswörtchen über all das verlauten, man hätte uns der Hexerei geziehen und behauptet, wir seien mit dem Teufel im Bunde. In den Kerkern der Inquisition vergeht einem das Lachen; viele Unglückliche hatten für weniger als das, was wir wußten, auf dem Scheiterhaufen gebrannt.
    Natürlich zeitigten Catalinas Beschwörungen nicht immer die erhoffte Wirkung. Einmal versuchte sie, den Geist von Juan de Málaga aus unserem Haus zu vertreiben, weil er uns gar zu lästig fiel, erreichte aber nur, daß noch in derselben Nacht etliche unserer Hühner starben und am nächsten Morgen mitten in Cuzco ein Lama mit zwei Köpfen auftauchte. Um das Tier kam es zum Streit zwischen Indios und Spaniern, weil erstere es für eine Wiedergeburt des unsterblichen Atahualpa hielten, worauf letztere es mit einem Lanzenstoß ins Jenseits beförderten, um zu beweisen, daß von unsterblich nicht die Rede sein konnte. In dem darauffolgenden Handgemenge starben mehrere Indios, und ein Spanier wurde verletzt. Catalina lebte viele Jahre bei mir, wachte über meine Gesundheit, warnte mich vor Gefahren und stand mir bei wichtigen Entscheidungen zur Seite. Nur das Versprechen, mit mir zusammen alt zu werden, das hat sie nicht gehalten – sie ist schon lange tot.
    Den beiden Mädchen, die mir der Rat der Stadt zugewiesen hatte, zeigte ich, wie in Plasencia Wäsche geflickt, gewaschen und geplättet wurde, damit wir der vielen Anfragen Herr werden konnten. Außerdem ließ ich mir im Hof einen Ofen bauen und buk zusammen mit Catalina Empanadas. Weizenmehl war teuer, deshalb ersetzten wir es durch Maismehl. Die Empanadas hatten keine Zeit abzukühlen; ihr Duft wehte durchs Viertel und lockte die Nachbarn in Scharen herbei. Immer hielten wir einen Teil für die Bettler und Gedankenverlorenen zurück, die von milden Gabenlebten. Das schwere Aroma von Fleisch, gebratenen Zwiebeln, Kreuzkümmel und ausgebackenem Teig kroch mir unter die Haut und haftet noch heute an mir. Ich werde den Geruch nach Empanadas mit ins Grab nehmen.
    Ich hatte mein Auskommen, doch war es für eine Witwe in dieser teuren und sittenverdorbenen Stadt schier unmöglich, der Armut zu entfliehen. Ich hätte heiraten können, es mangelte nicht an Männern, die allein waren und verzweifelt auf der Suche, und mancher war recht ansehnlich, aber Catalina riet mir stets ab. Sie las mir die Zukunft aus ihren Tonperlen und Muscheln und sagte mir immer dasselbe: Ich würde lange leben und Königin sein, doch sei mein Los an den Mann gebunden, den sie für mich sah. Und von denen, die an meine Tür klopften oder mich auf der Straße belagerten, war es keiner, das wußte sie sicher. »Geduld, Mamita, dein Viracocha kommt schon noch«, versprach sie.
    Unter den Anwärtern war auch Leutnant Núñez, der in seinem Stolz überzeugt war, er würde mich in die Finger kriegen, wie er das wenig taktvoll nannte. Daß ich sein Drängen nicht erhörte, wollte ihm nicht in den Kopf, meine frühere Ausrede zählte nicht mehr. Es stand fest, daß ich Witwe war, das hatte er ja gleich gesagt. Offenbar hielt er meine Ablehnung für eine Art Koketterie, denn je hartnäkkiger ich ihm die kalte Schulter zeigte, desto dreister wurde er. Ich mußte ihm verbieten, mit seinen Hunden in mein Haus einzufallen, weil sich meine Dienstmädchen zu Tode ängstigten. Die Tiere waren darauf abgerichtet, Indios in Schach zu halten, und kaum daß sie deren Witterung aufnahmen, zerrten sie an ihren Ketten und fletschten knurrend und bellend die Zähne. Der Leutnant amüsierte sich königlich dabei, seine Bluthunde auf Indios zu hetzen, er überhörte meine Bitte und machte

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