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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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herrisch und ehrgeizig; er wollte ein Königreich gründen, und ich wollte an seiner Seite sein. Was er empfand, empfand auch ich, und so teilten wir bald denselben Traum.
    Zu Anfang hörte ich nur schweigend zu, wenn er Chile erwähnte. Ich wußte nicht, wovon er sprach, verbarg meine Unkenntnis jedoch vor ihm. Ich hörte mich bei meinen Kunden um, bei den Soldaten, die mir ihre Wäsche brachten oder Empanadas kauften, und erfuhr so von Diego de Almagros gescheitertem Eroberungsversuch. Die Männer, die dieses Unternehmen und die Schlacht von Las Salinas überlebt hatten, wurden die »geschundenen Chilenen« genannt, hatten keinen Maravedi im Beutel, gingen in Lumpen, und manche von ihnen stahlen sich durch die Pforte in meinen Hof, um eine Mahlzeit zu erbitten. In die Schlange der bettelnden Eingeborenen stellten sie sich nicht, denn auch wenn sie nicht weniger elend waren als diese, bildeten sie sich doch in gewisser Weise etwas darauf ein, zu den »Geschundenen« zu gehören, weil die Bezeichnung den tapferen, verwegenen und aufrechten Mann erkennen ließ. Wenn man ihnen glauben wollte, dann war Chile ein verfluchtes Land, aber ich dachte bei mir, daß Pedro gute Gründe haben mußte, wenn er dorthin wollte. Mit dem, was er mir erzählte, begeisterte er mich mehr und mehr für seine Idee.
    »Und wenn es mein Leben kosten sollte, ich werde Chile zu erobern versuchen«, sagte er.
    »Und ich gehe mit dir.«
    »Das ist nichts für Frauen. Solchen Gefahren kann ich dich nicht aussetzen, Inés, aber ich möchte auch nicht von dir fortgehn.«
    »Untersteh dich! Wir gehen zusammen, oder du gehst nirgendwo hin.«
    Weil Pedro für seine Unternehmung die Ermächtigung von Francisco Pizarro benötigte, begaben wir uns in die Stadt der Könige, die auf einem früheren Gräberfeld der Inkas erbaut ist. Wir konnten nicht unter einem Dach wohnen – wiewohl wir jede Nacht miteinander verbrachten –, das hätte für Gerede gesorgt und die Kirchenmänner erzürnt, die in alles ihre Nase stecken, obwohl sie selbst kein Ausbund an Tugend sind. Ich sah kaum je die Sonne in der Stadt der Könige, immer war der Himmel bewölkt, und es regnete zwar nicht, aber die nebelfeuchte Luft setzte sich einem ins Haar und überzog alle Mauern mit einem grünlichen Moder. Catalina, die uns begleitet hatte, sagte, nachts geisterten die unter den Häusern bestatteten Mumien der Inkas durch die Straßen, aber mit eigenen Augen habe ich sie nie gesehen.
    Während ich Erkundigungen einholte und mir vorzustellen versuchte, was wir alles benötigen würden für die schwierige Unternehmung, eintausend spanische Meilen zu wandern, Städte zu gründen und Indios zu befrieden, verlor Pedro ganze Tage im Gouverneurspalast, nahm an Gesellschaften teil und an geheimen politischen Besprechungen, die ihm zuwider waren. Daß Pizarro ihm überschwenglich seine Achtung und Freundschaft bezeigte, weckte den grimmigen Neid der anderen Heerführer und Landherren. Schon damals war die Stadt, obgleich noch so jung, in dem Netz von Intrigen gefangen, für das sie heute bekannt ist. Der Hof war eine Brutstätte hinterhältiger Machenschaften, und alles hatte einen Preis, selbst die Ehre. Die Ehrgeizlinge und Schmeichler buhlten nach Leibeskräften um die Gunst des Marqués, dem allein es zustand, die Quellen des Reichtums zu verteilen. Unermeßlich waren die Schätze Perus und doch nicht genug für die Menge der Bittsteller. Alle rafften an sich, was sie kriegen konnten, deshalb war es Pizarro unbegreiflich, daß Valdivia seine Mine und die Ländereien zurückgeben und denFehler wiederholen wollte, der Diego de Almagro so teuer zu stehen gekommen war.
    »In Chile ist nichts zu holen, Don Pedro. Warum nur beharrt Ihr auf diesem Wagnis?« fragte er mehr als einmal.
    »Um des Ruhmes willen, und weil man sich meiner erinnern soll, Exzellenz«, antwortete Valdivia stets.
    Und in der Tat war das der einzige Grund. Der Weg nach Chile glich einer Reise durch die Hölle, die dortigen Indios waren nicht zu bändigen, und Gold gab es nicht wie in Peru in Hülle und Fülle, aber all diese Widrigkeiten waren in Valdivias Augen ein Vorteil. Die Mühen des Wegs und der Kampf gegen einen unbändigen Feind galten ihm als Herausforderung, und auch wenn er vor Pizarro nie etwas davon verlauten ließ, gefiel ihm die Armut Chiles, das hat er mir oft erklärt. Er war davon überzeugt, daß Gold die Menschen und ihre Moral verdirbt. In Peru entzweite es die Spanier, mehrte Schlechtigkeit und

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