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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Raum, der einen einschüchtern konnte mit seinen protzigen Vorhängen, Wappen und Standarten und dem vielen Gold und Silber überall, das dem nüchternen spanischen Stil zuwiderlief und einem Spanier, zumal wenn er aus der Extremadura stammte, eigentlich widerstreben mußte. Der Gouverneur war von zweiGardisten mit federbuschbesetzten Helmen flankiert, mehr als ein Dutzend Schreiber, Sekretäre, Paragraphenkenner, Seminaristen und Mönche saßen vor schweren Büchern und blätterten in Dokumenten, die er nicht lesen konnte, und etliche Indianerinnen, die in Bediententracht steckten, aber barfuß waren, trugen Wein, Früchte und Zuckerzeug aus dem Frauenkloster auf. Francisco Pizarro saß etwas erhöht auf einem Sessel aus Samt und Silber, hatte die Güte, mich wiederzuerkennen, und erwähnte kurz unsere erste Begegnung. Ich war ganz in Schwarz gekommen, in einem Witwenkleid, das ich mir für den Anlaß geschneidert hatte, mit Mantille und einem Schleier, der mein Haar vollständig verbarg. Den schlauen Marqués konnte ich damit wohl kaum hinters Licht führen; er wußte sehr gut, weshalb Valdivia mich mitnehmen wollte.
    »Womit kann ich Ihnen dienen, Señora?« fragte er mich in seinem unangenehm schnarrenden Tonfall.
    »Ich bin es, die Euch und Spanien zu dienen wünscht, Exzellenz«, antwortete ich in einer Demut, die zu verspüren mir fernlag, und entfaltete die vergilbte Karte von Diego de Almagro, die Pedro sonst in einer Tasche am Herzen trug. Ich deutete auf die Route durch die Wüste, auf der die Expedition nach Chile ziehen würde, und berichtete ihm, daß ich von meiner Mutter die Gabe geerbt hatte, Wasser zu finden.
    Francisco Pizarro sah mich an, als wollte ich ihn auf den Arm nehmen. Vermutlich hatte er nie zuvor von dieser Fähigkeit gehört, obwohl sie doch recht verbreitet ist.
    »Wollt Ihr behaupten, Ihr könnt in der Wüste Wasser finden?«
    »Ja, Exzellenz.«
    »Wir reden vom trockensten Ort, der sich denken läßt!«
    »Einige der Soldaten, die an der letzten Expedition teilnahmen, sagen, es wachsen dort Gräser und einiges Strauchwerk, Exzellenz. Also muß es Wasser geben, wennauch wahrscheinlich in einiger Tiefe. Falls es aber Wasser gibt, kann ich es finden.«
    Mittlerweile war alles Tun im Audienzsaal zum Stillstand gekommen, und die Anwesenden, selbst die indianischen Diener, lauschten mit offenen Mündern unserem Gespräch.
    »Gestattet mir, daß ich Euch vorführe, wovon ich berichte, Exzellenz. Nennt mir den kargsten Flecken Erde im Umkreis, und ich werde dort vor Zeugen beweisen, daß ich mit einer Rute Wasser finden kann.«
    »Das wird nicht nötig sein, Señora. Ich glaube Euch«, sagte Pizarro endlich nach langem Schweigen.
    Dann gab er Anweisung, mir die Bewilligung auszustellen, um die ich gebeten hatte, und bot mir als Zeichen seiner Freundschaft zudem ein mit allen Annehmlichkeiten ausgestattetes Zelt an, »um die Entbehrungen der Reise zu mildern«, wie er sich ausdrückte. Anstatt dem Sekretär zu folgen, der mich zur Tür bugsieren wollte, stellte ich mich neben eins der Schreibpulte und wartete auf mein Dokument, denn andernfalls konnte das Monate dauern. Eine halbe Stunde später drückte Pizarro sein Siegel auf die Urkunde und überreichte sie mir mit einem gequälten Lächeln. Jetzt brauchte ich nur noch das Einverständnis der Kirche.
    Pedro und ich kehrten nach Cuzco zurück, um die Expedition vorzubereiten, was nicht nur wegen der Ausgaben ein schwieriges Unterfangen wurde, sondern auch, weil sich nur wenige Soldaten fanden, die sich uns anschließen wollten. Daß an gut gerüsteten Männern kein Mangel sein würde, wie Valdivia beteuert hatte, erwies sich als Hohn. Diejenigen, die vor Jahren mit Diego de Almagro aufgebrochen waren, hatten Schreckliches von diesem Ort berichtet, den sie das »Grab der Spanier« nannten und an dem nichts zu holen war, ja wo nicht einmal dreißig Landherren einAuskommen finden konnten. Die »geschundenen Chilenen« waren mit leeren Händen heimgekehrt und lebten von milden Gaben, was zur Genüge bewies, daß Chile einzig Leid zu bieten hatte. Ihr Los nahm selbst den kühnsten Spaniern den Mut, aber Valdivia konnte sehr überzeugend sein, wenn er beschrieb, wie wir, lägen die Fährnisse des Weges erst hinter uns, auf ein fruchtbares und gesegnetes Land stoßen würden, wo reine Freude unser harrte und gutes Gelingen. »Und Gold?« kam stets die Frage. Ja, auch Gold gebe es, man müsse es nur suchen. Die wenigen Freiwilligen waren so knapp

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