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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Folgen hatte, jedoch für den Charakter von Pedro de Valdivia sehr bezeichnend ist.
    Mein Geliebter war ein großmütiger Mensch, er vertrat edle Überzeugungen, stand fest zu katholischen Grundsätzen und war unerschütterlich tapfer – gute Gründe, ihn zu bewundern –, aber er besaß auch Schwächen, einige davon recht schwerwiegend. Die schlimmste war gewiß sein maßloses Streben nach Ruhm, das ihn und viele andere schließlich das Leben kostete; doch was mir am meisten zu schaffen machte, war seine Eifersucht. Daß ich ihn nicht betrügen konnte, wußte er, ich bin dafür nicht gemacht, und ich liebte ihn zu sehr, warum zweifelte er also an mir? Oder zweifelte er am Ende an sich selbst?
    Die Soldaten konnten so viele indianische Frauen haben, wie sie wollten, nahmen sich die einen mit Gewalt, trafen bei anderen auf echte Zuneigung, sehnten sich jedoch gewiß zuweilen nach Liebesgeflüster in ihrer Sprache. Der Mensch wünscht sich, was er nicht hat. Ich war die einzige Spanierin der Expedition, die Mätresse des Befehlshabers, war nicht zu übersehen, zum Greifen nah und doch unberührbar und eben deshalb begehrt. Manchmal frage ich mich, ob ich schuld war an dem, was Sebastián Romero, Leutnant Núñez oder dieser junge Soldat Escobar taten. Ich sehe nicht, was ich falsch gemacht hätte, außer, daß ich eine Frau bin, aber schon das ist offenbar ein Verbrechen. Uns gibt man die Schuld an der Wollust der Männer, aber ist sie nicht die Sünde desjenigen, der sie verspürt? Warum soll ich für das Fehlverhalten anderer büßen?
    Als wir aufbrachen, kleidete ich mich, wie ich es in Plasencia getan hatte – Unterröcke, Mieder, Hemd, Überrock, Haube, Schultertuch, flache Schuhe –, aber sehr bald mußte ich mich den Gegebenheiten anpassen. Man kann unmöglich tausend Meilen im Damensitz reiten, das macht der Rücken nicht mit; ich mußte mich aufs Pferd setzen wie ein Mann. Ich beschaffte mir eine Kniehose und Stiefel, verzichtete auf das Mieder mit den Fischbeinstäben, das kein Mensch aushalten kann, legte die Haube ab und flocht mir Zöpfe wie eine Indianerin, weil mir der Knoten im Nacken zu schwer wurde, aber ich ließ nie freizügig mein Dekolleté sehen und erlaubte mir keine Vertraulichkeiten mit den Soldaten. Drohten Attacken von feindlichen Indios, setzte ich einen Helm auf, schlüpfte in einen leichten Lederharnisch und schützte meine Beine mit Platten, die Pedro für mich hatte fertigen lassen, sonst wäre ich schon auf dem ersten Wegstück durch Pfeile getötet worden. Sollte das die Begierden von Escobar und anderen geweckt haben, so begreife ich nicht, was in den Männern vorgeht. Mehr als einmal hörte ich Francisco de Aguirre sagen, daßMänner nur an Essen, Huren und Morden denken, es war einer seiner Lieblingssätze, aber die ganze Wahrheit sieht anders aus, denn sie denken auch an Macht. Doch obwohl ich viele männliche Schwächen selbst erlebt habe, weigere ich mich, Aguirre recht zu geben. Nicht alle sind so.
    Unsere Soldaten redeten viel über Frauen, vor allem, wenn wir für mehrere Tage lagerten und außer Wachehalten und Warten nichts zu tun war. Dann machten sie Bemerkungen über die Indianerinnen, brüsteten sich ihrer Großmannstaten – Vergewaltigungen – und sprachen voll Neid von denen des berüchtigten Aguirre. Leider tauchte auch mein Name oft in diesen Gesprächen auf, es hieß, ich sei ein unersättliches Weibsstück, reite wie ein Mann, um mich am Pferd zu erhitzen, und trüge Hosen unter den Röcken. Letzteres stimmte, ich konnte ja nicht mit blanken Schenkeln im Sattel sitzen.
    Mit seinen achtzehn Jahren war Escobar, der in zartem Kindesalter als Schiffsjunge nach Peru gekommen war, der jüngste unserer Soldaten, und das Gerede über mich wühlte ihn auf. Das Kriegshandwerk hatte ihn noch nicht verroht, und er machte sich romantische Vorstellungen von mir. Er war in einem Alter, in dem man sich in die Liebe verliebt. In seinen Augen war ich ein gefallener Engel, wurde von Valdivias Begierden besudelt und wie eine Hure auf sein Lager gezwungen. Das erfuhr ich von den Dienstmädchen, die mich stets auf dem laufenden gehalten haben. Ihnen bleibt nichts verborgen, weil die Männer vor einer Frau so wenig ihre Worte wägen wie vor ihren Pferden oder Hunden. Sie denken wohl, daß wir nicht verstehen, was wir hören. Ich hatte unauffällig ein Auge auf den Jungen und mußte erkennen, daß er mir nachstellte. Ob er nun tat, als wollte er Baltasar, der kaum je von meiner

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