Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
ist es zu verdanken, daß wir heil durch die Wüste kamen und die Verschwörung des Sancho de la Hoz fehlschlug«, sagte Pedro. »Sie verdient es vor allen anderen, an unserem Rat teilzunehmen.«
Niemand wagte, ihm zu widersprechen. Juan Gómez, der sehr angespannt aussah, weil seine Frau Cecilia seit Stunden in den Wehen lag, reihte die fünf gleichen Dolche vorsich auf, erklärte, was er über den Anschlag hatte herausfinden können, und nannte die Namen der Soldaten, deren Treue in Frage stand, vor allem einen gewissen Ruiz, der den Verschwörern den Zugang zum Lager ermöglicht und die Wachen vor unserem Zelt abgelenkt hatte. Ausführlich besprachen die Hauptleute die Folgen, die eine Hinrichtung von Sancho de la Hoz nach sich ziehen konnte, und schließlich setzte sich die Meinung von Rodrigo de Quiroga durch, die auch meine war. Ich hütete mich wohl, den Mund aufzumachen, wollte mir nicht den Vorwurf einhandeln, ich sei ein Mannweib, das Pedro de Valdivia beherrschte. Ich hatte ein Auge darauf, daß die Becher am Tisch mit Wein gefüllt waren, hörte aufmerksam zu und nickte kaum merklich, wenn Quiroga sprach. Valdivia hatte seine Entscheidung bereits getroffen, wartete jedoch, daß ein anderer sie ins Spiel brachte, weil es nicht aussehen sollte, als schreckte ihn die königliche Ermächtigung des Verräters.
Die Gerichtsverhandlung fand wie angekündigt am nächsten Morgen im Gefängniszelt statt. Valdivia war einziger Richter, ihm zur Seite saßen Rodrigo de Quiroga und ein weiterer Hauptmann, der als Sekretär fungierte und die Gerichtsakten ausstellte. Ich war diesmal nicht selbst zugegen, hatte jedoch keine Mühe, den genauen Hergang des Geschehens zu erfahren. Um das Zelt waren bewaffnete Wachen postiert, die die Neugierigen vom Lauschen abhalten sollten, innen hatte man einen Tisch für die drei Hauptleute aufgestellt, und rechts und links davon standen zwei Negersklaven, die sich auf Marterungen und Hinrichtungen verstanden. Der Sekretär schlug das dicke Gerichtsbuch auf, zückte seine Feder und stellte das Tintenfaß vor sich hin, während Rodrigo de Quiroga die fünf Dolche in einer Reihe auf den Tisch legte. Eins meiner peruanischen Kohlebecken hatte man ebenfalls ins Zelt geschafft und glühende Scheite hineingehäuft, die weniger den Raum wärmen als die Gefangenen in Angst und Schrecken versetzen sollten,weil die Marter fester Bestandteil eines solchen Gerichtsverfahrens ist; Feuer wird zwar eher bei Indios als bei spanischen Rittern verwendet, aber was Valdivia tun würde, stand in den Sternen. Über eine Stunde mußten die Gefangenen in Ketten vor dem Tisch stehen und die gegen sie erhobenen Vorwürfe anhören. Sollten sie daran gezweifelt haben, daß der »Usurpator«, als den sie Valdivia ansahen, in allen Einzelheiten über die Verschwörung unterrichtet war, so wurden sie eines besseren belehrt, weil Valdivia sogar die Namen sämtlicher Anhänger kannte, die Sancho de la Hoz in unserer Expedition hatte. Es gab nichts, was sie zu ihrer Entlastung hätten vorbringen können. Ein langes Schweigen folgte auf Valdivias Ausführungen, bis der Sekretär die Feder sinken ließ.
»Habt Ihr etwas zu sagen«, wandte sich Rodrigo de Quiroga an Sancho de la Hoz.
Da war es um dessen Selbstgewißheit geschehen, er fiel auf die Knie und flehte, er gestehe ja alles, aber niemals habe er beabsichtigt, den Generalhauptmann umzubringen, den sie alle fünf doch achteten und bewunderten, ja für den sie ihr Leben geben würden. Die Dolche seien doch ein Scherz gewesen, die müsse man ja nur ansehen, das seien doch keine ernsthaften Waffen. Die anderen vier taten es ihm nach, flehten auf Knien um Gnade und schworen ewige Treue. Valdivia gebot ihnen, still zu sein. Auf sein Wort folgte erneut unerträgliches Schweigen, bis er sich endlich erhob und sein Urteil verkündete, das mir sehr ungerecht schien, aber als wir später darüber sprachen, behielt ich das wohlweislich für mich, weil er gewiß Gründe hatte für das, was er tat.
Drei der Angeklagten wurden in die Verbannung geschickt: Sie würden nach Peru zurückkehren müssen, mit ein paar wenigen Indios und einem einzigen Lama zu Fuß durch die Wüste. Einer wurde ohne jede Erklärung freigelassen. Sancho de la Hoz unterzeichnete eine Urkunde – dieerste in der Geschichte Chiles –, in der sein Bündnis mit Valdivia gelöst wurde, und blieb fürs erste ohne Urteil weiterhin in Ketten und im Fegefeuer der Ungewißheit. Das Merkwürdigste war, daß
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