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INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

Titel: INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Wegmann
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niedersausen, die dieser daraufhin sofort zurückzog. Anschließend preschte sie dem Ausgang der Kammer entgegen und verschwand im Keller. Sid stieß ein schrilles Kreischen aus, während er sich aufrichtete und seine rechte Hand schüttelte, als hätte er sich verbrannt.
„Yeah, geschieht dem Idioten recht!“, sagte Billy.
„Hätte der das Vieh erwischt, hätte er ihm mit einem Bissen den Kopf abgerissen und erst mal mit dem aus dem Hals fließenden Blut seinen Durst gestillt, nehme ich an“, sagte Bagel.
„So etwas in der Art habe ich auch befürchtet. Guck dir an, wie er jetzt ausschaut. Wie ein Kind, dem man gerade das Spielzeug weggenommen hat.“
Sid hielt sich die Hand, die Bekanntschaft mit den Krallen der Katze gemacht hatte, und blickte zum Ausgang der Kammer. Er hatte seine Unterlippe ein Stück weit vorgeschoben, was ihm einen weinerlichen, schmollenden Gesichtsausdruck verlieh. Dann wandte er seinen Kopf in Richtung der Truhe und augenblicklich wich seine leidende Miene einem glückseligen Lächeln. Er griff sich die Hand, die in der Truhe lag und betrachtete sie aufmerksam von allen Seiten, als handele es sich um eine wertvolle Reliquie. Und wahrscheinlich war sie auch genau das für Sid, was ihn allerdings nicht daran hinderte, herzhaft in einen der gefrorenen Finger zu beißen. Es klang, als esse jemand einen knusprigen Cracker.
„Mahlzeit“, sagte Bagel und beobachtete wie Sid das Gesicht verzog.
„Offenbar hat er empfindliche Beißerchen und der Snack ist etwas zu kalt“, frotzelte Billy.
Sid kaute und schmatzte, dann schluckte er den Finger runter. Aus seinen Mundwinkeln lief Blut in dünnen Rinnsalen herab. Anscheinend war das zuvor gefrorene Blut des Fingers in seinem Mund geschmolzen. Sid legte die Hand, an der nunmehr nur noch drei Finger verblieben waren, sorgfältig zurück in die Truhe und verschloss diese. Dann leckte er sich genüsslich über die Lippen, grunzte und verließ die Kammer entschlossenen Schrittes.
„Was blinkt denn da unten rechts?“, fragte Billy.
Bagel klickte auf einen aufblinkenden Menüpunkt der Webseite, der mit blutroten Lettern „Xtras“ versprach. Ein neues Fenster öffnete sich und über einer Eingabemaske stand: Sid liebt offensichtlich Kinderreime. Schickt uns jetzt einen eigenen zwei- bis vierzeiligen Reim, in dem der Name Sid auftaucht, und gewinnt mit etwas Glück 1000 US-Dollar. Bagel schaute Billy an und grinste. „Na, Einstein? Fällt dir einer ein?“
„Nein, mir fällt keiner ein. Und ehrlich gesagt finde ich das auch etwas albern und infantil. Insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hier offenbar Menschen gegen ihren Willen als Nahrungsmittel für einen Irren benutzt werden.“
„Infantil. Deine Wortwahl verrät, dass immer noch ein kleiner Streber in dir steckt. Nun sei doch nicht so spießig. Dir gefällt das Ganze doch auch, gib es doch zu!“
„Von gefallen kann keine Rede sein. Ich finde es durchaus spannend, ja. Gefallen täte es mir vielleicht, wenn das eine gespielte Show wäre und ich das beklemmende Gefühl loswerden würde, dass das hier alles echt ist, so wie es auf der Seite ja auch behauptet wird. So fühle ich mich ein Stück weit wie ein Spanner, der diese Perversitäten hier noch unterstützt.“
„Ob real oder fiktiv, was spielt das eigentlich für eine Rolle? Du kennst doch den Film „Matrix“, den haben wir mal zusammen geguckt. Vielleicht ist das ganze Leben nur eine Illusion.“
„Für die beiden Mädels in dem Haus spielt das durchaus eine Rolle“, sagte Billy.
„Nun sei mal keine Spaßbremse, bist du doch sonst auch nicht. Hilf mir lieber bei dem Reim.“
„Mir fällt nichts ein.“
„Ha! Aber mir!“ Bagel tippte mit einem dicken Grinsen im Gesicht „Ri Ra Rutsch, wenn Sid kommt ist ein Finger nach dem anderen futsch!“ in die Eingabemaske und klickte auf Enter. Billy seufzte und verdrehte die Augen.

 
    21
     
    Sarah hörte es ganz in der Nähe poltern, dann war es plötzlich still. Kein Laut war zu vernehmen, der ihr verriet, wo der Wahnsinnige sich aufhielt.
Ob er schon weiß, wo ich bin? Vielleicht kommt er gleich so schnell angestürmt, dass mir gar keine Chance bleibt, um zu reagieren. Vielleicht steht er auch bereits auf der anderen Seite der Kommode und macht sich bereit, mit seinen schwieligen Händen nach mir zu grapschen.
Sarah konnte ihr Herz pochen hören. Adrenalin – das Benzin der Angst – schoss durch ihren Körper.
Wo bleibt nur die Polizei? Die

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