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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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physischem und emotionalem Schmerz. Ein Teil von mir wollte am liebsten so schnell wie möglich zurück nach Boston zu Julia, um von ihr die Wahrheit zu erfahren.
    Garrets Hand hielt inne. »Gütiger Himmel. Zeigen Sie doch etwas Respekt«, sagte er. »Habe ich gesagt, dass Sie hereinkommen können?«
    Ich wich einen Schritt zurück. »Wir wollen dich nicht lange stören«, erklärte ich.
    Er seufzte tief und drehte sich auf seinem Schreibtischstuhl herum. »Was wollen Sie?«
    »Wir wollen nur reden«, antwortete ich.
    »Dann reden Sie«, sagte er.
    »Nette Sammlung übrigens«, sagte ich, um die Stimmung zu lockern, und deutete auf die Wände voller Bücher.
    Er ignorierte das Kompliment. »Wenn das hier länger dauert, dann sollten wir besser woandershin gehen«, sagte er. »Ich darf mich hier nicht länger als zwei Stunden pro Tag aufhalten. Ich will nichts davon verschwenden.«
    »Was willst du damit sagen, du darfst dich hier nicht länger als zwei Stunden aufhalten?«, wollte Anderson wissen. »Das hier ist doch dein Zimmer, oder nicht?«
    »Darwin macht sich Sorgen, ich könnte ein Einsiedler werden, ein Bücherwurm, vielleicht sogar eine Schwuchtel«, erwiderte er, wobei seine Stimme halb verbittert und halb amüsiert klang. »Schlimmer noch, ich könnte anfangen, ›zu viel zu denken‹, wie er es ausdrückt. Es ist viel besser für mich, einen Filzball über ein Netz zu schlagen oder ein Pferd fast zu Tode zu reiten, während ich einen langen Stock schwinge.«
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass du kein Polo-Fan bist?«, bemerkte ich.
    »In letzter Zeit nicht mehr. Früher habe ich gern diesem einen Pferd zugeschaut. Ihr Name war Brandy«, sagte er. »Sie war etwas Besonderes.«
    »Inwiefern?«, fragte ich.
    »Ihr Fell war unbeschreiblich – zimtbraun und weich wie Samt. Jeder ihrer Muskeln war perfekt geformt. Wenn sie galoppiert ist, war es das reinste Gedicht. Und sie war so gutmütig. Sie ist immer zu mir gekommen, wenn ich in die Ställe gegangen bin, und hat mich mit diesen großen braunen Augen angesehen, fast so, als wüsste sie, dass wir beide in der gleichen Klemme steckten.«
    »Was für eine Klemme?«, fragte Anderson.
    »Von Darwin geschunden zu werden«, antwortete Garret.
    Garret klang menschlicher und verletzlicher als bei unseren vorigen Begegnungen. »Siehst du Brandy noch manchmal?«, fragte ich ihn.
    »Längst zu Leim verarbeitet.« Er zwinkerte. Die Schärfe hatte sich wieder in seine Stimme gestohlen.
    »Sie ist gestorben?«, sagte Anderson.
    »Sie hat nicht mehr gewonnen, und dann ist sie verschwunden.« Garret zuckte mit den Schultern. »Es ist alles sehr darwinistisch. Nur die Starken überleben.« Er sah mich an. »Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«, erkundigte er sich. »Sie sehen völlig tot aus.«
    Die Muskeln in meinem Rücken hatten sich verkrampft, und ich hatte Mühe, mich auf den Beinen zu halten. »Alles bestens«, presste ich hervor. »Muskelzerrung.« Ich änderte die Taktik. »Chief Anderson und ich sind hier, weil ich noch keine Gelegenheit hatte, mit dir zu sprechen, seit wir uns das letzte Mal im Tennisclub unterhalten haben«, sagte ich. »Das war am Tag, bevor Tess ins Krankenhaus eingeliefert wurde.«
    »Und …«
    »Und ich wollte fragen, ob du uns helfen kannst.«
    »Ihnen helfen … wie?«
    »Falls du irgendetwas Merkwürdiges gesehen hast, bevor du zu Brookes Beerdigung gefahren oder nachdem du zurückgekommen bist, dann würden wir es gern wissen.«
    »Kann ich mir denken«, bemerkte er.
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Genug, um dafür zu bezahlen?«, fragte er.
    Anderson und ich sahen einander an.
    Bevor noch einer von uns antworten konnte, grinste Garret breit. »War nur ein Scherz«, sagte er. »Das Letzte, was ich brauche, ist Geld. Würden Sie bitte die Tür schließen?«
    Anderson kam seiner Bitte nach. »Alles, was du uns erzählst, wird natürlich vertraulich behandelt«, versicherte er.
    »Na schön«, sagte Garret. »Ich habe Dr. Clevenger bereits erklärt, dass ich nicht vor Gericht als Zeuge aussagen werde, falls es je zum Prozess kommen sollte. Dad hat Johnny McBride angeheuert, nur damit Sie es wissen.«
    »Wissen wir«, sagte ich.
    »Es gibt in diesem Fall ja nicht einmal irgendwelche Blutspuren«, fuhr Garret fort. »Was denken Sie, wie leicht es für McBride sein wird, die Polizei und den Staatsanwalt wie Idioten dastehen zu lassen?« Er sah Anderson an. »Übrigens haben diese Typen die Durchsuchung des Hauses total vermasselt. UPS hat

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