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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Selbstbeherrschung wurde.
    O’Donnell bemühte sich sichtlich, sich zu entspannen. »So laufen die Dinge nun mal, North«, sagte er. »Ich weiß, dass es nicht angenehm ist, Ihr Reich an die State Police abtreten zu müssen, aber Sie sind uns bald wieder los.« Er machte eine kurze Pause. »Wir haben etwa eine halbe Meile hinter dem Randgebiet der Commons einen Stofffetzen von einer von Billys Jacken gefunden. Also wissen wir, dass wir auf der richtigen Spur sind. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit.«
    Anderson nickte. »Wir sehen uns.« Er ging zu seinem Wagen.
    Ich wandte mich ebenfalls zum Gehen.
    »Hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen, Dr. Clevenger«, sagte O’Donnell und streckte seine Hand aus.
    Ich schüttelte sie. »Ich bin sicher, wir werden uns wieder sehen«, sagte ich.

15
    Ich wappnete mich zwar, als Anderson mit Vollgas von der Bishop-Villa wegbrauste, doch mein Rücken protestierte nichtsdestotrotz und schrie nach Ruhe. Ich angelte vier Motrin aus meiner Tasche und schluckte sie.
    »Claire muss O’Donnell angerufen haben, während wir mit Garret gesprochen haben«, sagte Anderson. »Vorhin war ich mir nicht sicher, aber jetzt bin ich es: Bishop hat ihn eindeutig in der Tasche.«
    »Ein Grund mehr weiterzumachen«, erwiderte ich. »Mir hat seine Bemerkung nicht gefallen, dass Billy bewaffnet sein könnte.«
    »Mir auch nicht.«
    Anderson und ich schienen abermals auf gleicher Wellenlänge zu sein, was gut war. »Wenn wir das Nortriptylin-Fläschchen geholt haben, sollte ich Julia einen weiteren Besuch in Boston abstatten«, erklärte ich. »Ich würde ihre Reaktion auf den Brief gern sehen, nicht nur hören.«
    »Gut«, sagte er und wählte eine Nummer auf seinem Handy. »Aber sieh erst mal zu, wie es heute so läuft. Du kannst einen der späten Flüge heute Abend oder den ersten morgen früh nehmen.« Während wir an den versammelten Reportern vorbeibrausten, sah Anderson starr geradeaus durch die Windschutzscheibe und hielt sich sein Telefon ans Ohr, ehe er es abschaltete und den Kopf schüttelte. »Der Anwalt, mit dem du befreundet bist, ist nicht auf den Kopf gefallen«, sagte er.
    »Rossetti? Wieso? Was ist los?«, fragte ich.
    »Der Detective, den ich beauftragt habe, die Lebensversicherungspolice der Bishops zu überprüfen, hat mir eine Nachricht hinterlassen, während wir in der Villa waren.«
    »Die Zwillinge waren versichert?«
    »Mit zehn Millionen pro Kind«, bestätigte er.
    »Zwanzig Millionen Dollar sind eine Menge Geld, selbst für Darwin Bishop.«
    »Besonders wenn seine Aktien im Keller sind«, pflichtete Anderson bei.
    Ich dachte an Bishops gatsbygleichen Aufstieg aus Brooklyn, den Abstand, der er zwischen sich und die Armut und den Hunger gebracht hatte, unter denen er als Kind gelitten hatte. Wenn seine finanziellen Probleme ihn fürchten ließen, er könnte wieder auf dem Weg dorthin zurück sein, sah er sich möglicherweise gezwungen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sein aufgeblasenes Selbstbild am Leben zu erhalten – und sogar Brooke und Tess zu ermorden. Er könnte sich sogar einreden, ihr Leben sei mit einem bankrotten Vater wertlos. Warum sie also nicht zum Wohle aller opfern, damit ihr Blut dem Rest der Familie als rettende Infusion diente?
    Manche Leute stellen diese sonderbaren Gleichungen an, wenn sie sich bedrängt fühlen, ob ihre Panik nun rational ist oder nicht. Einmal habe ich als Zeuge im Prozess gegen einen Mann ausgesagt, der seine Frau ermordet hatte, weil sie sich, zumindest laut seiner Aussage, wie eine Tyrannin ihm und den beiden Töchtern des Paares gegenüber verhalten hatte. Er war überzeugt, sie alle wären ohne seine Frau besser dran, selbst wenn dies bedeutete, dass er sein Leben hinter Gittern verbringen musste. Also war er eines Tages, nachdem er vorgegeben hatte, zur Arbeit zu fahren, nach Hause zurückgekommen und hatte sechsunddreißigmal auf sie eingestochen. Dann war er zum Einkaufen in den Supermarkt gegangen, während sie bewusstlos auf ihrem Ehebett lag und verblutete. Er hatte den Kühlschrank aufgefüllt und die Zimmer seiner Kinder aufgeräumt. Er hatte gewollt, dass alles wohl geordnet war, inmitten des bevorstehenden Chaos – seiner Festnahme, der Beerdigung seiner Frau und seines Prozesses. Dann hatte er sich ein frisches Hemd und eine saubere Hose angezogen, die Polizei gerufen und ein Geständnis abgelegt.
    Ein Neunzehnjähriger, über den ich ein Gutachten erstellt hatte, war außer sich darüber gewesen,

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