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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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und dem hier … ich weiß einfach nicht mehr, was ich denken soll.«
    Anderson sah zu mir, dann wieder zu Claire. »Ich frage Sie noch einmal: Halten Sie irgendwelche Informationen zurück? Haben Sie in den Nächten, als Brooke ermordet und Tess vergiftet wurde, etwas gesehen, das wichtig sein könnte?«
    »Nein«, erwiderte sie ohne große Überzeugung.
    »Na gut«, sagte Anderson. Sein Handy klingelte, doch er schenkte ihm keine Beachtung. »Was ist mit Ihrer Beziehung zu Darwin Bishop? Glauben Sie, sie trägt zu Julias Depression bei? Oder glauben Sie, sie weiß nicht, was vor sich geht?«
    Ich sah Anderson an, da mir nicht ganz klar war, worauf er hinauswollte.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, erwiderte Claire. »Ich stehe beiden Bishops nahe.«
    »Lassen Sie uns Klartext reden, Claire«, sagte Anderson.
    Sie sah ihn fragend an.
    »Ich spreche hier von Ihrer Affäre mit Darwin Bishop«, fuhr er fort. »Von Ihren gemeinsamen Hotelzimmern auf Reisen, den teuren Weinen. All diesen Dingen.«
    Sie wurde rot und stand auf. »Sie gehen jetzt besser«, sagte sie und sah mich an, als hätte ich sie verraten. »Sie beide.«
    Anderson blieb unbeirrt sitzen. »Es geht uns nicht darum, irgendjemandem das Leben schwer zu machen«, sagte er. »Die Sache bleibt unter uns. Ein kurzes Gespräch mit Garret, und schon sind wir wieder weg. Mehr wollen wir nicht.«
    Jetzt begriff ich, worauf er hinauswollte. Er setzte Claire unter Druck, damit sie uns die Gelegenheit gab, mit Garret zu sprechen.
    Claire sah aus, als könnte sie ihren Zorn keine Sekunde länger zügeln.
    Ich war mir nicht ganz sicher, ob wir unser Gespräch mit Garret bekommen oder hochkantig aus dem Haus fliegen würden. »Sie können sich darauf verlassen, dass nichts von all dem hier zur Presse durchsickert«, erklärte ich und deutete mit einem Nicken zur Wauvinet Road. Ich ließ die verschleierte Drohung einen Moment lang auf sie wirken. »Die drängeln sich da draußen schon eine halbe Meile weit die Straße hinunter. Wir sollten jetzt besser mit Garret reden und uns dann wieder auf den Weg machen.«
    Einige Augenblicke verstrichen, ehe Claire antwortete. »Ich sage ihm Bescheid, dass Sie auf sein Zimmer kommen«, erklärte sie schließlich. »Und anschließend verlassen Sie umgehend das Haus.«
    Anderson wartete, bis sie verschwunden war. »Jetzt, wo Bishop sich John McBride als Anwalt geholt hat und Captain O’Donnell sich den Fall unter den Nagel reißt, könnte das unsere letzte Chance mit Garret sein«, sagte er. »Aber ich glaube sowieso, es ist an der Zeit, ein bisschen an den Bäumen zu rütteln. Vielleicht fällt ja etwas herunter.«
    Ich nickte und deutete auf Julias Brief in Andersons Hemdtasche. »Das liest sich nicht gerade gut.« Vor meinem geistigen Auge sah ich Julia an Tess’ Bett sitzen und wünschte mir mit einem Mal, Caroline Hallissey hätte nicht entschieden, die Sitzwache abzublasen.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte Anderson.
    »Ich weiß«, gestand ich. »Ich hätte auf dich hören sollen.«
    »Wenn es um eine Frau wie sie geht, ist es schwer, etwas anderes als Geigen zu hören«, sagte er. »Mach dir deswegen keine allzu großen Vorwürfe.«
    Claire kam zurück und begleitete uns zu Garrets Zimmer, dann drehte sie auf dem Absatz um und ging wortlos davon. Garret saßüber einen von Büchern bedeckten Schreibtisch gebeugt und schrieb auf einem Block mit weißem, liniertem Papier. Die Wände des Zimmers bestanden aus vom Boden bis zur Decke reichenden Regalen, die von Büchern überquollen. Im Gegensatz zu den druckfrisch anmutenden, ungelesenen Büchern im Arbeitszimmer seines Vaters sahen Garrets reichlich abgegriffen aus – eselsohrige Philosophie-Klassiker von Plato bis Kerouac, wissenschaftliche Texte von Albert Einstein und James Watson, Bände mit Gedichten von Eliot und Yeats, religiöse Schriften des Dalai-Lama, William James und Thomas von Aquin. Das Zimmer wies keine der für einen siebzehnjährigen Jungen üblichen Verzierungen auf. Auf den Regalen standen keine Porsche- oder Corvette-Modelle, über dem Bett hing kein Poster irgendeines Teenager-Sexidols. Es gab weder ein Telefon noch irgendetwas, das mit Sport zu tun hatte – Tennis eingeschlossen.
    »Garret«, sagte ich von der Tür aus. »Ich bin’s, Dr. Clevenger. Ich habe Chief Anderson mitgebracht.«
    Er schrieb weiter.
    »Garret?« Ich machte ein paar zögernde Schritte ins Zimmer, während mir beinahe schwindelig wurde von der überwältigenden Mischung aus

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