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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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innen nach außen, sodass die Flasche darin geschützt war. »Wenn Wins Fingerabdrücke auf dieser Flasche sind und Billys nicht«, sagte er, »dann wird sich der alte Herr noch lange fragen, warum er das Ding nicht über die Klippen geworfen hat.« Er lächelte. »Du wolltest doch sowieso zurück nach Boston fahren. Warum geben wir das Tablettenfläschchen nicht im kriminaltechnischen Labor der State Police ab? Ich kann zwar auch hier auf dem Revier Fingerabdrücke nehmen, aber ich würde es lieber von den Fachleuten machen lassen.«
    Anderson besorgte einen Hubschrauber, der uns auf direktem Weg zum kriminaltechnischen Labor in Boston flog. Ich war froh, unterwegs zu Julia zu sein – und dazu noch auf schnellstem Wege –, nicht nur, um sie mit dem Brief zu konfrontieren, sondern auch, um sie vor Darwin zu beschützen, der bereits einige Stunden zuvor in Boston eingetroffen sein musste. Letzteres Motiv war eindeutig das stärkere der beiden. Denn obwohl sie immer höher auf der Liste der Verdächtigen stieg und ich neuerliche Zweifel daran hegte, was, wenn überhaupt etwas, ihr unsere »Liebe« wirklich bedeutete, verspürte ich noch immer den Drang, sie zu retten. Sie war die verführerischste Frau, der ich je begegnet war.
    Während des Flugs rief Anderson über Funk das New York City Police Department an, um den Computertransfer von Bishops Fingerabdrücken zu arrangieren. Wir gingen nicht davon aus, dass Darwin leugnen würde, das Tablettenfläschchen angefasst zu haben, wollten jedoch kein Risiko eingehen; Beweismittel können in den unpassendsten Momenten verloren gehen, besonders solche gegen einen einflussreichen Verdächtigen.
    Billys Fingerabdrücke befanden sich in der Datenbank der Einwanderungsbehörde und waren bereits Teil der Ermittlungsakte, von der Anderson einen Satz bei sich hatte.
    Wir trafen uns mit Art Fields, dem Direktor des kriminaltechnischen Labors, der sich bereit erklärte, Anderson und mich bei der Untersuchung zusehen zu lassen. Fields war ein kleiner, stämmiger Mann um die sechzig mit buschigen schwarzen Augenbrauen und einem schelmischen Dauerlächeln, als hätte er gerade eine geistreiche, etwas anzügliche Anekdote gehört. »Wonach suchen wir?«, fragte er Anderson.
    »Die wichtigste Frage ist, ob Billy Bishops Fingerabdrücke auf dem Tablettenfläschchen sind«, erklärte Anderson. »Wenn nicht, dann ist dies ein sehr wichtiger Beweis, der ihn als Verdächtigen entlastet.«
    »Ist dieser Junge unterbelichtet oder so was?«, sagte Fields. »Geistig, meine ich.«
    »Nein«, versicherte ich. »Er hat einen ausgesprochen wachen Verstand.«
    »Und trotzdem soll er nicht daran gedacht haben, Handschuhe zu tragen?«, fragte Fields.
    »Natürlich könnte er das«, bestätigte Anderson, »aber der Tatort ist übersät mit seinen Abdrücken: am Fenster und am Fensterrahmen, durch die er eingestiegen ist, im Zimmer der Zwillinge und an den Wiegen, selbst an dem antiken Schreibtisch, aus dem er fünf Riesen gestohlen hat. Und er hat eine Botschaft hinterlassen. Deshalb kann ich mir kaum vorstellen, dass er sich ausgerechnet ein Paar Handschuhe angezogen hat, als er das Baby vergiftet hat, um sich der Verhaftung zu entziehen.«
    »Ich glaube nicht, dass es für Captain O’Donnell schwer vorstellbar ist«, bemerkte Fields. »Er ist felsenfest von der Schuld des Jungen überzeugt. Und er ist ein ziemlich scharfer Hund.«
    »Scheint so«, pflichtete Anderson bei, offensichtlich, um einen Streit zu vermeiden.
    Fields grinste noch breiter als gewöhnlich. »Sehr diplomatische Antwort«, meinte er. »Ich persönlich kann dieses Arschloch nicht ausstehen.«
    Anderson kicherte. »Dann wären wir wohl schon zu zweit«, sagte er. »Vielleicht sogar zu dritt!«, fügte er mit einem Blick auf mich hinzu.
    »Was haben Sie gegen O’Donnell?«, wollte ich von Fields wissen.
    »Ich bin Pathologe, kein Staatsanwalt«, antwortete er. »Ich bin an Fakten interessiert, nicht an ihrer Auslegung. Ich versteife mich nicht darauf, dass da einfach Blut an einem bestimmten Kleidungsstück sein
muss
. Wenn ich welches finde, dann finde ich es. Wenn nicht, dann nicht.«
    »Wohingegen O’Donnell …«, sagte ich.
    »Er sieht es gern, wenn die Beweismittel sich der Stoßrichtung seiner Ermittlungen anpassen. Er macht sich für ein bestimmtes Ergebnis stark. Nicht, dass er Beweise unterschieben oder verschwinden lassen würde, aber seine unerschütterliche Überzeugung, dass die Dinge dieses und nicht jenes Resultat

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