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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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nicht
beide
Elternteile zustimmten.
    Ich musste gestehen, dass die Dinge immer schlechter für Billy standen. Es war so, als würde sich eine spezielle Version der Geschehnisse um ihn herum verfestigen und ihn unwiderruflich und unausweichlich in die Rolle des Mörders in einem Drama zwingen, das sich nichts beugte, nicht einmal der Wahrheit.

19
    North Anderson und ich beschlossen, bei einem Kaffee im Brotherhood of Thieves, einem seiner Lieblingslokale, unsere Alternativen zu besprechen. Wir vereinbarten, uns mit den Informationen, die wir in der Hand hatten, an die Presse zu wenden, in der Hoffnung, genügend Fakten ans Licht zu bringen, dass Billy wenigstens noch den Schatten eines Zweifels zu seinen Gunsten genießen konnte, wenn sein Prozess begann. Wenn es uns schnell und erfolgreich gelang, uns Gehör zu verschaffen, würde die Staatsanwaltschaft vielleicht sogar anfangen, sich Sorgen um ihre Chancen einer Verurteilung zu machen und erst einmal abwarten, bevor sie mit dem Fall vor die Anklagejury ging. Das würde uns mehr Zeit verschaffen. In jedem Fall war ich nahezu sicher, dass Carl Rossetti sich bereit erklären würde, Billy zu vertreten – 
pro bono
, wenn nötig. Die Publicity würde ihn hundertfach dafür entschädigen.
    Diese Strategie war beileibe kein Selbstläufer. Anderson hatte seine Polizeimarke beim Bürgermeister abgeben müssen, was bedeutete, dass ich offiziell ebenfalls nicht mehr an dem Fall arbeitete. O’Donnell würde wahrscheinlich versuchen, uns als ausgebootete, verärgerte ehemalige Mitglieder seines Teams hinzustellen. Und das könnte genügen, um unsere Version der Beweise aus den Schlagzeilen oder den Nachrichtensendungen zu halten. Heutzutage sind draufgängerische Reporter ebenso rar wie draufgängerische Investmentbanker.
    Wir warteten gerade auf die Rechnung, als mein Handy klingelte. Auf der Anzeige erschien die Nummer des Mass General. Ich nahm an, dass es möglicherweise Julia war, die sich dafür entschuldigen wollte, dass sie aufgelegt hatte. Mir war ein wenig unwohl dabei, den Anruf entgegenzunehmen, während Anderson neben mir am Tisch saß, ich wollte mir jedoch keine wichtigen Neuigkeiten entgehen lassen.
    Anderson musste den Grund für mein Zögern erraten haben. Zweifelsohne kreisten seine Gedanken noch immer oft um Julia. »Wenn sie es ist, geh ran«, sagte er. »Ich kann einen Spaziergang machen, wenn du möchtest.«
    »Bleib hier.« Ich nahm den Anruf entgegen. »Frank hier«, meldete ich mich.
    »Frank, ich bin’s, John.« John Karlstein. Seine Stimme klang düsterer, als ich sie je gehört hatte.
    Auf einen Schlag schienen die Hintergrundgeräusche des Restaurants zu verstummen. Ich konnte fühlen, förmlich hören, wie mein Herz raste. Tess war tot, schoss es mir durch den Sinn. Ich starrte North Anderson an, als müsse ich mich vergewissern, dass er an meiner Seite war. Als zusätzlicher Ballast. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich zu weit in ein Unwetter hineingesegelt.
    Anderson nickte mir ermutigend zu.
    »Bist du noch dran, Frank?«, fragte Karlstein.
    Wenn Leute einen beim Namen nennen, während sie mit einem reden – besonders, wenn sie ihn zweimal in ebenso vielen Sätzen benutzen –, tun sie dies meist, weil sie es für nötig halten, eine persönliche Bindung herzustellen und Mitgefühl zu bekunden. »Schlechte Nachrichten«, sagte ich.
    »Leider ja«, bestätigte er. »Es kam wirklich völlig unerwartet.«
    Ich schloss die Augen. »Sag’s schon.«
    »Es geht um Julia.«
    Ich öffnete verwirrt die Augen. »Julia? Was ist mit ihr?«
    Anderson warf mir den typisch besorgten Blick eines Liebenden zu. »Mein Gott«, presste er hervor. »Ist ihr etwas passiert?«
    Ich senkte den Blick und lauschte Karlstein. Schuldgefühle zerrten wie Klauen an meinen Eingeweiden. Ich hatte Julia im Stich gelassen, hatte sie schutzlos der Gefahr ausgesetzt.
    »Vergiss aber nicht, dass ich all das auch nur aus zweiter Hand gehört habe«, erklärte Karlstein. »Ich war nicht auf der Beobachtungsstation, als das Ganze passiert ist. Jedenfalls ist ihr Ehemann zurückgekommen. Ich glaube, er wollte, dass sie irgendwelche Papiere unterschrieb. Sie hat das Richtige getan – sie hat ihn daran erinnert, dass ein Kontaktverbot gegen ihn verhängt worden war, und hat ihn aufgefordert zu gehen. Er hat sich nicht von der Stelle gerührt, also hat sie eine der Schwestern gebeten, die Polizei zu rufen.«
    »Und …«, sagte ich.
    »Und dann ist er einfach durchgedreht«,

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