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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Weise die Tatsachen vor mir selbst geleugnet, um ein Telefongespräch mit Karlstein durchzustehen, doch die Schwellung und Verfärbung von Julias rechtem Auge, Wangenknochen und Lippen traf mich wie ein Schlag. Ebenso wie die nasogastrale Sonde, die durch ihre Nasenlöcher ihre Kehle hinunter- und in ihren Bauch hineinführte, blutige Flüssigkeit ableitete und ihr das Sprechen erschwerte. Und dennoch, als ich sie so dort liegen sah, wünschte ich nichts sehnlicher, als sie in meinen Armen zu halten, ihr Haar zu streicheln und ihr zu versprechen, dass alles wieder gut werden würde. Ich zwang mich, ein fröhliches Lächeln aufzusetzen und meine Stimme ruhig klingen zu lassen, denn ich konnte sehen, dass sie versuchte, eine Reaktion auf unseren Gesichtern abzulesen.
    Dankbarerweise versuchte Anderson, die Situation mit einem Scherz zu retten. »Ich wüsste gern, wie der andere Kerl erst aussieht«, feixte er. Es war eine Variante eines altgedienten Klischees, doch er brachte sie mit Herzlichkeit und Zuversicht, was genau das zu sein schien, was Julia im Moment brauchte. Sie lächelte.
    »Ich habe mit Dr. Karlstein gesprochen«, sagte ich. »Du wirst wieder gesund. Du brauchst nur viel Ruhe.«
    Julia versuchte, etwas zu sagen, verschluckte sich jedoch an der Sonde und wurde von einem Hustenanfall geschüttelt.
    Ich beugte mich über das Bett und half ihr, sich aufzusetzen, wobei ich die Gelegenheit genoss, meinen Arm um sie zu legen.
    »Ich hole einen Stift und Papier«, schlug Anderson vor. »Dann kannst du aufschreiben, was immer du uns sagen willst.« Er verschwand Richtung Schwesternzimmer.
    Ich hauchte einen Kuss auf Julias Ohr und spürte, wie ihre Hand gegen meinen Schenkel drückte. »Verzeih mir, dass ich nicht hier war«, sagte ich. »Ich werde von jetzt an immer für dich da sein.« Eine einzelne Träne kullerte über ihre Wange, die ich mit meinem Hemdsärmel abwischte.
    Anderson kam zurück ins Zimmer und reichte Julia einen Kugelschreiber und einen Block. Sie schrieb nur vier Worte:
Was ist mit Tess?
    Ich spürte, wie sich meine Kehle zusammenschnürte. Julias Sorge um ihr Baby, im Angesicht ihres eigenen geschundenen Körpers, ließ die Vorstellung, sie könnte für Brookes Tod oder Tess’ Herzstillstand verantwortlich sein, plötzlich vollkommen absurd erscheinen. »Dr. Karlstein sagt, es geht ihr prima. Ich werde nachher nach ihr sehen.«
    Sie nickte matt, ehe sie einen Finger hob, um uns zu bedeuten, dass sie noch mehr schreiben wollte.
Gut, euch beide zusammen zu sehen
, schrieb sie.
    Anderson und ich lasen die Worte und nickten. Es war gut, dass unsere Freundschaft überlebt hatte, obwohl wir dieselbe Frau wollten. Es bedeutete, dass unsere Freundschaft praktisch alles überstehen konnte.
    Ich persönlich zog noch einen tieferen Sinn aus Julias Worten, denn sie schienen zu sagen, dass sie sich trotz ihrer Zuneigung für North offen für mich entschieden hatte und bereit war, uns sogar vor ihm zu einem Paar zu erklären. Vielleicht konnte sie sich tatsächlich an einen einzelnen Mann binden, und der Vater von Brooke und Tess war kein Teil ihres Lebens mehr. Und vielleicht wäre sie eines Tages imstande, einzugestehen, dass der Brief, den Claire Buckley gefunden hatte, an ihn und nicht an ihre Therapeutin gerichtet war. Es musste ja nicht gleich heute sein. Oder morgen. »Ruh dich jetzt aus«, sagte ich, während ich ihr half, sich wieder auf die Kissen sinken zu lassen.
    Sie runzelte die Stirn. »Billy«, hauchte sie.
    »North und ich werden uns um Billy kümmern«, versprach ich.
    Sie sah North an, um es auch von ihm bestätigt zu hören.
    »Wir werden ihn nicht im Stich lassen«, versicherte er.
    Um 18 Uhr 30 traten wir aus Julias Krankenzimmer und wollten gerade die Intensivstation verlassen, als Garret Bishop im Korridor auftauchte. Wir blieben stehen, während er auf uns zukam. »Was machen Sie hier?«, herrschte er uns an.
    »Wir haben deine Mutter besucht«, sagte ich. »Ich nehme an, du weißt, was passiert ist.«
    Er blitzte North Anderson wütend an. »Sitzt dieser Dreckskerl noch in einer Zelle, oder haben sie ihn für ein paar Hunderttausender Kaution freigelassen?«
    »Er sitzt im Gefängnis, hier in der Stadt«, versicherte Anderson.
    Garrets Unterlippe zuckte.
    »Wenn du uns alles über die Nacht, als Brooke gestorben ist, erzählen würdest«, sagte Anderson, »dann bleibt der Dreckskerl vielleicht für immer hinter Gittern. Wenn du nicht bereit bist, ihm die Stirn zu bieten, kann

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