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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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mit leerem Blick geradeaus, stolperte hier und dort, bis er auf der Schwelle beinahe zusammenbrach. Ich fing ihn auf und half ihm zur Couch, wo ich sein blutgetränktes Hemd aufknöpfte und ihm auszog. Er zitterte wie Espenlaub. Der Anblick der Narben von Darwin Bishops Gürtel auf seinem Rücken schockierte mich noch immer. Ich legte ihm eine Decke um die Schultern. »Erzähl mir alles, woran du dich erinnern kannst«, forderte ich ihn auf.
    Er ließ den Kopf hängen. »Ich habe Mist gebaut.«
    »Mist gebaut? Inwiefern? Komm schon, Billy. Erzähl’s mir.«
    Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
    Ich griff zum Telefon. »Du erzählst mir jetzt alles, woran du dich erinnerst, oder ich rufe die Polizei, dann kannst du es denen erzählen«, drohte ich.
    Er atmete tief durch und öffnete die Augen, ohne den Blick vom Fußboden zu wenden. »Ich war mit meinem Freund Jason zusammen«, sagte er. »Wir sind ins Kino gegangen. Als wir herauskamen, haben ihm drei Jungs von seiner Schule aufgelauert. Sie haben angefangen, ihn zu ärgern und zu hänseln. Sie haben blöde Sachen zu ihm gesagt, wie Schwuli, Weichei, Versager. Ich hätte einfach weggehen sollen.«
    »Aber das hast du nicht getan«, stellte ich fest.
    »Ich habe sie gewarnt.« Er schüttelte den Kopf und biss die Zähne zusammen. »Ich hab gesagt: ›Verpisst euch, lasst uns in Ruhe. Sonst …‹«
    »Sonst – was?«
    Seine Oberlippe zitterte.
»Bringe ich sie um.«
Er sah mir ins Gesicht.
    »Und was ist dann passiert?«
    »Einer von ihnen ist auf mich losgegangen.« Eine Träne lief über seine Wange. »Er hat mir ins Gesicht gespuckt.«
    »Und was hast du getan?«, fragte ich.
    »Ich hab ihm eine verpasst. Was dann passiert ist, weiß ich nicht. Vor meinen Augen ist alles einfach … schwarz geworden.«
    Ich wünschte, jemand gäbe mir tausend Dollar für jeden Gewalttäter, der für den Zeitraum des Überfalls Amnesie vorschützt. »Wie bist du wieder nach Hause gekommen?«, fragte ich.
    »Ich schätze, ich war wie ferngesteuert. Ich erinnere mich an so gut wie nichts, bis ich Sie gesehen habe.«
    Ich wollte nicht die Polizei rufen, solange es nicht unbedingt nötig war. Aber ich musste wissen, was tatsächlich passiert war. »Kannst du mir Jasons Nummer geben?«, fragte ich.
    »508-931-1107.«
    Das kam reichlich zügig für jemanden, der unter Gedächtnisverlust litt. Ich griff zum Telefon und wählte.
    »Hallo?«, meldete sich eine gekünstelte Frauenstimme beim ersten Klingeln.
    »Dr. Frank Clevenger hier. Spreche ich mit Mrs. Sanderson? Jasons Mutter?«
    »Ja«, bestätigte sie zögernd.
    »Ich bin ein enger Freund von Julia Bishop und ihrer Mutter Candace«, sagte ich. »Billy ist hier bei mir.«
    »Oh.« Ihr Tonfall wurde eisig.
    »Er ist ziemlich durcheinander«, erklärte ich. »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir vielleicht erzählen, was heute Abend passiert ist.«
    »Ich kann Ihnen nur sagen, was Jason mir erzählt hat.«
    Hatte ich mehr verlangt? »Bitte«, sagte ich.
    Mrs. Sanderson seufzte, als würde ich ein schweres Opfer von ihr verlangen. »Wir haben schon lange ein Problem mit einer Gruppe von Jungs in Jasons Schule. Wir leben das ganze Jahr auf der Insel, müssen Sie wissen, und sie hänseln ihn schon seit Ewigkeiten – schon seit der zweiten Klasse. Jason ist kein schwächlicher Junge, aber er hat die Angewohnheit, sich bei Konfrontationen zurückzuziehen.«
    Mich beschlich der Verdacht, dass Jason sich dieses Verhalten zu Hause angewöhnt hatte, wenn er Mommy gegenüber klein beigeben musste. »Kinder können sehr grausam sein«, stellte ich fest. »Und heute Abend? Was ist heute Abend passiert?«
    »Das Übliche, soweit ich das sagen kann. Hänseleien, mehr nicht.«
    Das Übliche.
Mrs. Sanderson erwies sich als nicht sonderlich hilfreich. »Billy hatte Blut an seinem Hemd, als er nach Hause gekommen ist«, sagte ich, in der Hoffnung, das würde sie aus der Reserve locken. »Hat Jason eine Prügelei erwähnt?«
    »Eine Prügelei. Nun, ja, natürlich. Wenn Sie es so nennen wollen. Billy ist auf die drei Jungs losgegangen«, sagte sie. »Blutige Nasen. Aufgeplatzte Lippen. Anscheinend ein gebrochener Arm.«
    Eine Woge der Erleichterung durchflutete mich. Zumindest klang es nicht so, als hätte Billy jemanden umgebracht. »Ist mit Jason alles in Ordnung?«, fragte ich.
    »Er ist verängstigt. Er meinte, Billy sei völlig durchgedreht.« Sie machte eine Pause. »Er hatte Schaum vor dem Mund.«
    »Hat Jason erzählt, dass einer der

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