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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Vielleicht wollte ich
sie
leiden sehen. Vielleicht weil ich es nicht mehr konnte. Es ist alles so verworren.« Er sah mich an, und ich erkannte den Kummer in seinem Blick. »Ich bin nicht richtig im Kopf. Ich bin nicht … normal. Das werde ich nie sein.«
    Ich wollte mich nicht davon ablenken lassen, wie nah mir Billys Schicksal ging. Ich brauchte mehr Informationen. »Was ist mit Brooke?«, fragte ich. »Sei ehrlich zu mir. Ich versuche auf jeden Fall, dir zu helfen. Hast du sie getötet oder nicht?«
    »Nein«, erklärte er mit Nachdruck. »So was würde ich nie tun. Das müssen Sie mir glauben.«
    »Du weißt, dass das der Grund ist, weshalb du hier bist«, sagte ich. »Du weißt, dass dein Vater dich für schuldig hält.«
    »Ich bin wegen meines Vaters hier«, erwiderte Billy und strich sich erneut sein Haar aus den Augen, »aber er glaubt nicht, dass ich Brooke etwas angetan habe.«
    »Warum hat er dich dann hierher geschickt?«, fragte ich.
    »Warum? Wahrscheinlich, weil er es selbst getan hat. Und er ist nicht bereit, die Schuld auf sich zu nehmen. Das tut er nie.«
    »Warum sollte dein Vater deine Schwester töten?«, fragte ich.
    »Er wollte keine Tochter und schon gar keine Zwillinge«, erklärte Billy. »Er wollte, dass meine Mutter abtreibt.«
    »Woher weißt du das?«
    »Er hat sie pausenlos angeschrien, sie solle abtreiben lassen.« Billy runzelte die Stirn, als würde er sich die Szene ins Gedächtnis rufen. »Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht und hab ihn schreien gehört: Lass sie wegmachen! Hör auf, immer nur an dich selbst zu denken! Lass sie wegmachen, oder hau ab!‹ Mum hat geweint und ihn beschimpft und gesagt, sie würde es tun. Ich glaube, sie hatte sogar mal einen Termin bei einer dieser Familienplanungsorganisationen. Aber am Ende hat sie es doch nicht getan.«
    Mir fiel Laura Mossbergs Bemerkung wieder ein, dass Billys überdurchschnittliche Intelligenz ihn möglicherweise nur zu einem gerisseneren Lügner machte. »Warum erzählst du mir all das?«, fragte ich. »Warum hast du es nicht Dr. Mossberg oder der Polizei erzählt?«
    »Sie sind der Einzige, der gefragt hat«, antwortete er. Er schluckte. »Manchmal muss man eben das Risiko eingehen, jemandem zu vertrauen.« Unsere Blicke trafen sich. »Außerdem schätze ich, dass ich sowieso nichts mehr zu verlieren hab.«
    Ich fand Laura Mossberg in ihrem Büro. Sie bat mich herein, also setzte ich mich auf den Stuhl neben ihrem Schreibtisch.
    »Nun«, erkundigte sie sich. »Irgendetwas erreicht?«
    »Nur eines«, antwortete ich. »Er beharrt darauf, dass er seiner Schwester nichts angetan hat.«
    »Er hat Ihnen direkt darauf geantwortet?«
    »Ja«, sagte ich. »Das hat er.«
    »Hat er jemand anderen beschuldigt?«
    Ich war mir nicht sicher, ob das, was ich Mossberg erzählte, unter uns blieb oder an Darwin Bishop weitergeleitet werden würde. Billy war noch minderjährig, deshalb konnten seine Eltern jederzeit Einblick in die Krankenakten nehmen. Und mit seinem Freund, dem Verwaltungsdirektor des Krankenhauses, hatte Darwin Bishop wahrscheinlich eine noch direktere Informationsquelle für die Vorgänge im Payne Whitney. »Nein«, sagte ich. »Er hatte keine Theorie in Bezug auf den Mord an Brooke.«
    Sie nickte. »Dann muss ich Ihnen die gleiche Frage stellen, die Sie mir gestellt haben: Glauben Sie ihm? Könnte jemand anderer es getan haben?« Sie spielte mit den Perlenketten um ihren Hals.
    »Im Moment habe ich keinen Grund, ihm zu glauben«, erwiderte ich. »Seine psychologischen Anlagen, sein nachweisbarer Hang zur Gewalttätigkeit, seine Lügen bei den Tests, die Sie hier durchgeführt haben – all das macht alles, was er sagt, ausgesprochen fragwürdig. Ich schätze, wirklich schockierend wäre es gewesen, wenn er die Tat gestanden hätte.«
    »Da stimme ich Ihnen zu«, sagte sie. »Aber Sie wirken unbefriedigt. Was bereitet Ihnen Kopfzerbrechen?«
    Ich wusste, dass ich jemandem gegenübersaß, der ausgebildet war, die Dinge zu hören, die unausgesprochen blieben. »Ich habe Mitleid mit ihm«, sagte ich in der Hoffnung, dass es eine hinlängliche Erklärung darstellte. »Um mit den Worten seines Vaters zu sprechen: Billy ist kein schlechter Mensch, sondern krank.«
    »Und könnten Sie ihm in dieser Hinsicht vor Gericht eine Hilfe sein? Erfüllt es die Kriterien für Unzurechnungsfähigkeit?«, fragte Mossberg.
    »Er hat zweifelsohne entsetzliche Traumata durchlebt«, antwortete ich, »angefangen mit seiner Kindheit in Russland,

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