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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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Monogramm mit dem unheilschwangeren »G« meines Vaters in der Mitte. Ich rieb mit meinem Daumen darüber, während ich ihn vor meinem geistigen Auge sah, wie er in der Küchentür stand und mir sagte, ich solle doch abhauen, wenn ich denn wollte. Dann warf ich die Taschenflasche in die Wellen.
    Ich fuhr zum Breakers und bezog meine Suite. Frische Blumen und eine Flasche Merlot, ein Geschenk der Hotelleitung, waren für mich bereitgestellt worden. Zum Glück plagten mich bereits Schuldgefühle wegen meines Trinkens, sodass ich die Flasche draußen auf dem Flur neben meine Tür stellte.
    Ich war noch keine Viertelstunde in meinem Zimmer, als North Anderson vom Foyer aus anrief und sagte, er müsse mit mir reden.
    Wir gingen für ein verspätetes Abendessen in den Brant Point Grill im Hotel. Von unserem Tisch aus konnten wir sowohl den Hafen als auch den Rest des Speisesaals überblicken. Beide waren ein wenig zu hübsch und weckten einen Anflug von Unbehagen in mir. Während ich die sonnengebräunten, elegant gekleideten, schmuckbehängten Gäste betrachtete, fragte ich mich, wie die Gemeinde mit einem Mörder in ihrer Mitte fertig wurde. »Hat die Lokalzeitung über den Bishop-Fall berichtet?«, fragte ich Anderson.
    »Ich hab gehört, dass der
Boston Globe
an einem ausführlicheren Artikel recherchiert«, antwortete er. »Aber hier auf der Insel haben sie es wie einen Autodiebstahl behandelt. Im
Inquirer
gab es ganz versteckt zwei kurze Absätze.«
    »Seh nichts Böses, hör nichts Böses«, bemerkte ich. »Seltsam, wie man auf diese Weise offenbar alle schlimmen Dinge verschwinden lassen kann.«
    Anderson nickte. »Leute haben die verschiedensten Methoden, um der grausamen Wirklichkeit zu entfliehen. Das weißt du selbst am besten. Diese Insel, die Lebensart hier – das ist eindeutig eine davon. Um ehrlich zu sein, ist das der Grund, warum ich hier Polizeichef geworden bin. Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals wieder einen Mordfall bearbeiten würde. Und es hätte mir nicht gefehlt.« Er beugte sich etwas näher. »Du scheinst dich immer noch in den Schnaps zu flüchten.«
    Das bedeutete, dass mein Atem nach Scotch riechen musste. »Nur ein kleiner Ausrutscher, verstehst du? So etwas passiert.«
    »Nein, das verstehe ich nicht«, gab er zurück. »Ich verstehe nicht, wie es passieren kann, dass du alles aufs Spiel setzt, was du dir in den letzten zwei Jahren aufgebaut hast. Denn ich erinnere mich genau daran, wie es nach dem Lucas-Fall in deinem Kopf ausgesehen hat. Ich war nicht sicher, ob du je darüber hinwegkommen würdest.« Er wandte seinen Blick ab. »Vielleicht war es ein Fehler von mir, dich dazuzuholen.«
    Ich sah ihn verkniffen an. »Wie bitte?«
    Eine Kellnerin kam an unseren Tisch, worauf ich meine Aufmerksamkeit widerstrebend der Speisekarte zuwandte. Anderson tat es mir nach.
    »Hör zu«, sagte er, sobald sie wieder weg war. »Ich brauchte Hilfe, also habe ich dich gedrängt, bei diesem Fall einzusteigen. Aber vielleicht hattest du Recht, als du mich abgewiesen hast.« Er musterte mich wie ein Arzt, der eine unheilbare Krankheit diagnostizieren musste. »Vielleicht bist du nicht mehr in der Lage, diese Art von Fällen zu übernehmen. Es nimmt dich zu sehr mit.«
    »Hast du mir nicht erst gestern Abend am Telefon erklärt, dass sie erst dich von dem Fall entbinden müssten, um mir den Fall wegzunehmen?«, bemerkte ich.
    »Ich biete dir die Gelegenheit auszusteigen«, sagte er. »Denk drüber nach, und sag mir dann, wie du dich entschieden hast.«
    »Ich brauche nicht darüber nachzudenken«, gab ich zurück. »Ich stecke schon zu tief drin, um einen Rückzieher zu machen.«
    Er nickte ohne Überzeugung.
    »Ich rühre das Zeug nicht an. In Ordnung?«
    »Sicher«, sagte er.
    Ich fühlte mich in die Enge getrieben, deshalb schlug ich zurück. »Vielleicht geht es hier ja überhaupt nicht um mein Trinken«, bemerkte ich.
    »Was soll das denn heißen?«
    »Dir sitzt der Bürgermeister im Nacken. Du hast einen netten Posten, den du gern behalten willst. Ich habe einen kleinen Ausrutscher, und du schickst mich in die Wüste. Und alle sind glücklich.«
    »Und wen meinst du mit ›alle‹?«, knurrte Anderson.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Der Bürgermeister und Darwin Bishop.« Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, bereute ich sie auch schon. Ich wusste, dass Anderson mir nur helfen wollte. »Ich habe es nicht …«, setzte ich an.
    Doch er war bereits aufgesprungen. »Leck mich doch am Arsch«,

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