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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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ich, »warum sind Sie dann so überzeugt, dass er es gewesen ist?«
    Bishop sah mich verständnislos an.
    »Warum glauben Sie, dass er der Schuldige ist?«, fragte ich rundheraus. »Haben Sie ihn dabei beobachtet?«
    Bishop stand wortlos auf, ging zur Tür und schloss sie. Dann kehrte er an seinen Schreibtisch zurück, setzte sich und starrte mich an. »Haben Sie eine andere Theorie?«, fragte er tonlos.
    »Sie sagen selbst, in der betreffenden Nacht seien fünf Personen im Haus gewesen. Billy, Ihre Frau, Claire, Garret – und Sie selbst.«
    Er nickte nachdenklich und starrte einen Moment lang aus dem Fenster auf den weitläufigen Rasen hinter dem Haus, ehe er mich wieder ansah. »Ich habe die Angewohnheit, kein Blatt vor den Mund zu nehmen«, erklärte er. »Ich sage Ihnen, was ich denke. Sie sind im Payne Whitney gewesen und haben mit meinem Sohn gesprochen. Und er hat Ihnen ein so herzzerreißendes Märchen erzählt, dass Sie den Blick für die Realität verloren haben.«
    »Ich habe mich also hoffnungslos in die Irre leiten lassen«, konterte ich.
    »Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Bishop. »Aber ich habe Jahre gebraucht, um zu erkennen, wie abgebrüht Billy ist und wie er andere Menschen manipuliert.«
    »Ich bin überzeugt, dass das so ist«, bestätigte ich.
    »Welche Lügen er Ihnen auch immer aufgetischt hat«, fuhr Bishop fort, »es hat dazu geführt, dass Sie meine Frau ausgehorcht haben, um mehr über unsere Familie herauszufinden.«
    Das stimmte nicht ganz. Julia hatte mich angerufen, nicht andersherum. Aber ich hatte nicht vor, Bishop über diesen Irrtum aufzuklären. »Ich wollte durchaus mehr Hintergrundinformationen bekommen«, sagte ich. »Ihre Frau und ich haben uns beim Mittagessen in Boston unterhalten. Aber das wissen Sie ja bereits.« Ich hielt kurz inne. »Nur aus reiner Neugier, wenn Sie mich schon beschatten lassen wollen, wäre dann eine Chevy-Limousine oder ein Toyota 4Runner nicht ein wenig unauffälliger als ein Range Rover mit getönten Scheiben?«
    »Ich hatte nicht die Absicht, etwas zu verbergen«, bemerkte er.
    »Ich auch nicht«, konterte ich. »Ist es eine Angewohnheit von Ihnen, Leute beschatten zu lassen?«
    Bishop musterte mich ausdruckslos. »Gelegentlich. Man kann nie zu viele Informationen haben.« Er fuhr sich mit den Fingern durch sein silbernes Haar. »Lassen Sie uns nicht lange um den heißen Brei herumreden, Dr. Clevenger: Was für ein Märchen hat Billy erfunden, das Sie zu der irrigen Überzeugung gebracht hat, jemand anders könnte Brooke das angetan haben?«
    Diese Frage erschien mir wie eine offene Tür zu Bishops Wahrheit. Ich konnte nicht widerstehen hindurchzugehen. »Es ist schwer, einen von Striemen überzogenen Rücken zu erfinden«, antwortete ich.
    Bishop nickte lächelnd. »Oh, darum geht es hier also«, sagte er. »Er hat behauptet, ich würde ihn schlagen. Wieder einmal die alte Geschichte.«
    »Wohingegen Sie behaupten, er hätte sich die Verletzungen selbst zugefügt«, sagte ich.
    »Ich habe Billy ebenso wenig mit einem Gürtel verprügelt, wie ich ihn gebissen oder geschnitten oder ihm die Haare ausgerissen habe. All das hat er selbst getan.«
    »Vielleicht«, sagte ich. »Aber seine Geschichte passt ziemlich gut zu Ihrer Vergangenheit.«
    Bishop hätte eigentlich nicht fragen müssen, was ich mit dieser Bemerkung meinte. Die Botschaft, dass er es üblicherweise vorzog, sich an Kindern und Frauen zu vergreifen, die ich ihm von seinem Fahrer hatte übermitteln lassen, war nicht gerade subtil gewesen. Aber er wollte offenbar mit eigenen Ohren hören, was ich zu sagen hatte. »Welche Vergangenheit genau meinen Sie?«, fragte er.
    Ich hatte nichts dagegen, ins Detail zu gehen. »Ich meine den Ärger mit Ihrer ersten Frau Lauren. Sie wissen schon, das kleine Problem mit dem Verstoß gegen ein Kontaktverbot. Das und die Verurteilung wegen tätlichen Angriffs.«
    Er zuckte mit keiner Wimper. »Ich war damals ein anderer Mensch«, erklärte er.
    »Ach ja?«
    »Erstens«, sagte er, »war ich ein Säufer.«
    Ich hatte nicht erwartet, dass er das zugeben würde – und ganz bestimmt nicht so ungeschminkt. »Sie waren ein Säufer«, sagte ich. »Ein Alkoholiker.«
    »Ein Säufer«, wiederholte er. »›Alkoholiker‹ lässt es so klingen, als wäre ich von irgendeiner tragischen Krankheit heimgesucht worden, über die ich keine Kontrolle hatte. Ein kleiner Ausflug ins Betty-Ford-Center, und alles ist wieder gut. In Wahrheit habe ich jeden Tag von neuem

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