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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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und sie eine Woche nach der Geburt der Zwillinge gefeuert.«
    »Wissen Sie zufällig noch, wo sie herkam?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete sie. »Ich habe dabei geholfen, sie auszusuchen. Sie kommt aus Duxbury.«
    Duxbury ist ein Vorort von Boston, der etwa zwölf Meilen südlich der Stadt liegt. »Hat Julia je davon gesprochen, sich etwas anzutun?«, fragte ich. »Oder jemand anderem?«
    Claire schüttelte den Kopf. »Ich möchte die Sache nicht aufbauschen. Ich meine, es ist wahrscheinlich gar nicht so ungewöhnlich, habe ich Recht? Ich schätze, viele Frauen empfinden so wie Julia, sie sprechen eben nur nicht darüber. Und ihre Stimmung hat sich im Lauf des letzten Monats gebessert.«
    »Viele Frauen sprechen nicht darüber«,
mischte sich die Stimme in meinem Hinterkopf ein,
»aber was hat Julia gesagt?«
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Aber hat Julia irgendetwas Spezielles über ihre Gefühle gesagt – vielleicht etwas, das Sie beunruhigt hat?«, fragte ich.
    Claire wandte den Blick ab und schwieg.
    »Claire?«
    »Na ja, einmal hat sie mir erzählt …« Sie verstummte.
    »Sagen Sie es nur.«
    »Sie hat mir erzählt … Sie hat gesagt, sie wünschte, die Zwillinge wären nie geboren worden.« Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Sie hat gesagt, sie wünschte, sie wären tot.«
    Mir blieb beinahe das Herz stehen. Es stimmt, dass viele Frauen sich nach der Geburt überwältigt fühlen und wünschen, sie könnten zu ihrem Leben ohne die beständigen Forderungen eines Säuglings zurückkehren. Manche von ihnen haben sogar Fantasien, dass das Baby nicht überlebt. Die ehrlichsten und tapfersten von ihnen offenbaren ihre geheimen Gedanken Ärzten oder engen Freunden, aber angesichts von Brookes Tod – ihrer Ermordung – musste die Frage gestellt werden, ob Julia diese Gedanken in die Tat umgesetzt hatte. Mein Herz sagte mir, dass es nicht sein konnte, doch was Julia anging, konnte ich meinen Instinkten nicht hundertprozentig trauen.
    »Ich wollte nichts davon erzählen«, fuhr Claire fort, »aber als sie Billy in die psychiatrische Klinik gebracht haben, wirkte er ehrlich schockiert.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich habe ihn oft lügen gehört«, erklärte sie. »Er ist sehr überzeugend. Er kann Ihre Brieftasche in seiner Tasche haben und Ihnen hoch und heilig schwören, er hätte sie nicht gesehen. Das ist mir einmal mit ihm passiert. Er hat mir sogar geholfen, danach zu suchen, nachdem er sie gestohlen hatte. Und ich weiß noch, wie er geschworen hat, er wäre nicht einmal in der Nähe der Haustiere des Nachbarn gewesen, obwohl er überall an seinen Armen Kratzer hatte.« Sie spielte mit ihrem funkelnden Cartier-Armreif. »Aber an dem Abend, als er ins Payne Whitney gebracht wurde, wirkte er einfach nur verängstigt. So als hätte er keine Ahnung, was los war.«
    »Wollen Sie damit sagen, Sie glauben nicht, dass er es getan hat?«
    Sie kaute wieder an ihrer Unterlippe. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich wollte es mir einfach nur von der Seele reden.«
    »Ich weiß das zu schätzen, Claire«, sagte ich. »Wirklich.«
    »Wenn mir noch etwas einfällt, soll ich mich dann bei Ihnen melden?«, fragte sie.
    »Ich übernachte im Breakers«, sagte ich. »Sie können mich dort gern anrufen. Und Sie können mich jederzeit über mein Handy erreichen.« Ich gab ihr die Nummer. Claire begleitete mich zur Tür. »Nebenbei gefragt, wo ist Garret heute?«, wollte ich wissen.
    »Auf seinem Zimmer«, antwortete Claire. »Er wird nur schwer mit der ganzen Sache fertig. Er hat seine Schwester
und
seinen Bruder verloren. Es ist schon ein Kampf, ihn nur dazu zu bewegen, zum Essen aus seinem Zimmer zu kommen.«
    »Aber bei seinen Tennismatchs tritt er trotz allem an«, bemerkte ich.
    »Gelinde ausgedrückt, sehr widerstrebend.« Sie sah auf ihre Uhr. »Um genau zu sein, muss er um eins seinen Titel im Einzel verteidigen.«
    »Am Tag der Beerdigung seiner Schwester?«
    Sie verdrehte die Augen. »Ich mische mich da nicht ein. Das ist eine Sache zwischen Garret und seinem Vater.«
    Ich sah die Treppe hinauf, dann warf ich einen Blick zurück zu Darwin Bishops Arbeitszimmer. »Glauben Sie, es würde Garret stören, wenn ich ein paar Minuten mit ihm rede?«
    »Er spricht mit niemandem«, erklärte sie. »Ich glaube nicht, dass Sie im Moment etwas erreichen können.«
    »Ich würde es trotzdem gern versuchen«, erwiderte ich.
    Sie zögerte. »Ich müsste zuerst Win fragen.«
    Ich wusste, wie seine Antwort lauten

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