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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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ich.
    »Ich brauche noch ein Jahr«, erwiderte er und riss seinen Blick vom Bildschirm los. »Acrib at Software ist seit März um fünfundvierzig Prozent gefallen. Ich besitze ein beachtliches Aktienpaket von ihnen.«
    Es stieß mir übel auf, dass Bishop am Tag der Beerdigung seiner Tochter sein Portfolio überwachte, doch es überraschte mich nicht. »Tut mir Leid, das zu hören«, sagte ich und bemühte mich, den Sarkasmus aus meiner Stimme zu filtern.
    »Nicht so sehr wie mir.« Er sah wieder auf den Bildschirm. »Verfolgen Sie die Börse?«
    »Nicht sonderlich«, erklärte ich.
    »Da können Sie von Glück sagen.« Er nahm seine Brille ab und sah mich zum ersten Mal wirklich an. »Es ist ein hartes Spiel. Wie bei so vielen Dingen im Leben sollte man nicht einsteigen, wenn man nicht verlieren kann. Man kann sich ziemlich die Finger verbrennen.«
    Ich hatte nicht das Gefühl, dass Bishop über die Börse sprach. Er warnte mich, meine Finger von der Mordermittlung zu lassen – oder von Julia. »Danke für den Tipp«, sagte ich. »Ich werde es mir merken.«
    »Ich habe es nur gut gemeint.« Er schenkte mir sein aufgesetztes Bishop-Lächeln. »Was führt Sie hierher?«
    Ich beschloss, mit dem anzufangen, was ich Bishop über Billy zu erzählen hatte. »Ihr Sohn hat mich gestern Abend angerufen«, sagte ich.
    Das schien ihn nicht zu überraschen. »Konnten Sie den Anruf zurückverfolgen?«, fragte er.
    Bishop hatte sich nicht erkundigt, ob es Billy gut ging, ob er auf der Straße lebte oder damit drohte, sich umzubringen. Seine erste Frage war rein strategisch, ob man Billy aufspüren könnte. »Der Anruf hat nicht lange genug gedauert«, erklärte ich. »Und mein Apparat hat ohnehin keine Fangschaltung.«
    »Was wollte er?«
    »Er wollte, dass ich ihm Geld leihe, was ich abgelehnt habe.«
    »Das war bestimmt eine kluge Entscheidung«, sagte Bishop. »Vielleicht kriegt er ja Hunger oder Angst und geht in die Klinik zurück.« Er schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, er wäre dort geblieben. Wir hätten unser Bestes für ihn getan.«
    »Davon war er nicht überzeugt«, bemerkte ich.
    »Das war er nie«, erwiderte Bishop. »Es ist nicht leicht, jemandem zu trauen, wenn man seine Eltern auf die Weise verloren hat, wie er es getan hat.«
    »Ohne Zweifel«, pflichtete ich bei.
    »Es ist auch schwer, jemandem zu trauen, wenn dein Adoptivvater dich mit einem Riemen verprügelt«,
meldete sich die Stimme in meinem Hinterkopf zu Wort.
    »Sie sollten wissen, dass er sehr wütend war«, fuhr ich fort. »Ich hatte den Eindruck, er könnte möglicherweise Ihnen oder Ihrer Familie etwas antun.«
    »Wir haben lange mit Billys Wut zu kämpfen gehabt«, sagte Bishop. »Seit der Sache mit Brooke gehen wir kein Risiko mehr ein. Hier ist es praktisch wie in Fort Knox. Uns kann nichts passieren.«
    »Haben Sie irgendeine Ahnung, woher seine Wut stammt?«, fragte ich.
    »Ich würde sagen, sie ist eine verlagerte Reaktion auf die tragischen Verluste, die er in seinem Leben erlitten hat«, antwortete er. »Aber das wissen Sie bestimmt besser als ich.«
    »Wussten Sie, dass die Polizei vorhatte, ihn heute Morgen zu verhaften?«
    »Ja«, bestätigte er. »Das hat mir sogar geholfen, die ganze Sache klarer zu sehen.« Er verschränkte seine muskulösen Arme.
    »Inwiefern?«
    »Angesichts der Tatsache, dass sie beschlossen haben, Billy zu verhaften und vor Gericht zu stellen, ist seine größte Chance auf einen Freispruch, wenn er auf unschuldig plädiert. Sein Gemütszustand und seine traumatische Vergangenheit sollten irrelevant sein, da weder Unzurechnungsfähigkeit noch verminderte Schuldfähigkeit nachgewiesen werden müssen. Wie ich bereits sagte, waren wir in der Nacht, als Brooke ermordet wurde, zu mehreren im Haus. Ich sehe keine Möglichkeit, wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft jemals beweisen können, dass Billy der Schuldige ist.«
    Diese Strategie war simpel: Billy würde wegen Mordes vor Gericht gestellt und entweder freigesprochen werden oder lebenslänglich hinter Gitter wandern. In jedem Fall war die Chance, dass der Verdacht auf irgendein anderes Familienmitglied fiel, praktisch gleich null. Nach dem zu urteilen, was Laura Mossberg mir im Payne Whitney erzählt hatte, war dies von Anfang an Bishops Plan gewesen. Er hatte nie ernsthaft vorgehabt, Billy vor dem Prozess zu bewahren. Ich beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. »Wenn Sie nicht glauben, dass der Staatsanwalt Billys Schuld beweisen kann«, sagte

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