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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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zwei Stunden Zeit. Er schrieb ins unreine. Das nächtliche Gespräch mit McEllis hatte seine Arbeit nicht leichter gemacht. Zwar gab es nun eine Einführung, aber damit begann auch die Ochsentour des Erzählens. Vorbei waren die reizvollen Tage des Ausspinnens, und so war er, als die Tür aufging und Augustin mit einer großen blonden Frau auf ihn zu trat, im ersten Moment fast erfreut: eine unerwartete Wendung.
    Der Novize stellte Elisabeth Ruggeri vor, als seien sie alte Bekannte, und erklärte so ausführlich, woher er sie kenne und warum er sie ins Haus gelassen habe, daß sie nicht mehr dazu kam, den Vorsprung zu nutzen, den sie mit Gras und Erde an der Kleidung bezahlt hatte; von der Veranda drangen die Stimmen ihrer Kollegen herein. Elisabeth Ruggeri konnte nur zusehen, wie der bleiche Priester aus dem Raum eilte und der Novize ihm nachlief.
    Im Flur trafen die beiden auf Pacquin. »Jetzt sind wir dran«, sagte der Superior und schlich zur Tür. Kaum hatte er sie leicht geöffnet, rief er, »Mein Augenlicht ist wieder da!« und machte kehrt. Butterworth warf einen Blick nach draußen und enttäuschte Pacquin – »Es sind nur Scheinwerfer.« Er sprach noch von babylonischem Stimmengewirr, großen Metallkoffern und einem Horgan, der wie ein angestrahlter Mumienfund aussehe, worauf Pacquin sagte, »Dann muß ich noch einmal nachdenken« und Augustin anwies, die Leute hinzuhalten.
    Eine kaum lösbare Aufgabe. Die einen rollten schon Kabel aus, andere errichteten Mikrophongalgen. Jemand rief, »Infanta, die Alten, erste!«; zwei verfrachteten unter Gestöhn und Entschuldigungen die Koffer in den Flur. Butterworth machte Platz. Er irrte ein Stück umher und traf auf Elisabeth Ruggeri. Sie reichte ihm seine Papiere. »Ich habe das vorsichtshalber in Sicherheit gebracht. Mir scheint, wir haben dasselbe Thema. Kurt Lukas.« Butterworth schob eine Zigarette in sein Mundstück. »Folgen Sie mir«, flüsterte er. »Ich gebe uns eine Viertelstunde, Madam.« – Der Novize stand plötzlich allein im Flur. Augustin kämmte sich noch rasch und lief dann zu Horgan und damit ins Scheinwerferlicht.
    Er stellte sich als Ordonnanz des Superiors vor, aber die Journalisten erkannten ihn gleich. Der junge Mann von dem Plakat, riefen sie und wollten wissen, wie er zu der Sekretärin des Bischofs stehe, dieser Schönheit auf der anderen Seite von Arturo Pacificador. Augustin verwahrte sich gegen jede Verbindung mit dem Ex-Gouverneur und erzählte die Geschichte des Fotos. Es gelang ihm, fast fünf Minuten zu überbrücken, bevor ihn ein Schweizer Korrespondent mit dem Zwischenruf, was denn nun mit dem Mädchen sei, unterbrach; Augustin verstand nur girl und kam auf Mayla zu sprechen. »Sie ist vergeben«, sagte er und fügte hinzu, daß er nicht über Maylas Privatleben plaudern werde, worauf man ihn ermunterte, wenigstens von seinem Privatleben zu erzählen. »Bist du verliebt in sie?« rief jemand, und der Novize verstummte. Seine Gedanken zogen sich zu einem Knoten zusammen, die Worte gingen ihm aus. Fast wäre er davongelaufen, aber da spürte er Horgans Hand am Bein, und der Knoten entwirrte sich noch einmal. Er referierte über Verliebtheit und überbrückte viereinhalb Minuten, ehe der Schweizer nachhakte. »Also eher eine unglückliche Liebe, oder?« Diesmal verstand Augustin nur Unglück und verstummte vollends. Etwas Speichel lenkte dann jedes Interesse von ihm ab; Horgan, aufmerksam wie immer, ließ seinen Faden filmgerecht fließen, bis der Superior zurückkam.
    Pacquin kam mit McEllis. Er bat die Journalisten herein. »Aber erwarten Sie keine Wunder«, sagte er, als die Schar aus Kameramännern, Beleuchtern und Tonleuten, Korrespondenten, Fotografen und Feuilletonisten ins Haus drängte. McEllis zählte zweiundzwanzig männliche Personen. »Mit einem Einvernehmen wie unter Kriegern«, raunte er Horgan zu. »Und nebenbei: gekleidet wie mondäne Sportler.«
    Man ging in den Gemeinschaftsraum, wo jeder der zweiundzwanzig sofort ein Ziel verfolgte. Die Beleuchter begannen wortlos mit Aufbauten. Sie prüften die Steckdosen, legten Leitungen, errichteten Stative und rückten den Eßtisch ans Fenster. Die Kameramänner verständigten sich über weitere Umbauten. Die Korrespondenten baten pauschal um Verzeihung und boten Exklusivverträge an. Die Fotografen streiften umher wie Kommissare, die nach Beweismitteln suchen, und sagten, »Stellen Sie sich vor, wir seien gar nicht da.« Und die Feuilletonisten sahen durch die

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