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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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Durchreiche, warfen einen Blick in den Kühlschrank und interessierten sich für Beiläufiges wie die Hinweise auf den Aschenbechern, die Rubriken der Bibliothek oder das Befinden von Elisabeth Ruggeri als einziger Frau im Raum. Dann flammte blendendes Licht auf. »Und in der Art von Mondsüchtigen wandelten die Kameramänner mit ihrem Gerät auf unseren abendlichen Routen«, hielt Butterworth in seinen Schnellnotizen fest. »Die einen filmen, die anderen fragen, sie saugen förmlich an uns«, schrieb er mit fliegenden Fingern. »Zeigte der Dame aus Italien mein Porträt-Papier, und sie exzerpierte sofort ganze Sätze! Mister Kurt ist übrigens verschwunden. Aber in gewisser Weise sind wir im Moment alle verschwunden. Dalla Rosa steht reglos vor der Bücherwand, ein befristetes Denkmal. McEllis bewacht den Gang zu den Kammern. Pacquin flieht nach vorn, er stellt sich blind. Augustin raucht. Horgan macht die Schnecke, er stellt sich tot. Und ich schreibe und schreibe, was sicher auch nicht höflich ist.« Butterworth erwog mit den anderen, ob man Getränke anbieten solle. Man einigte sich auf Eiswasser mit Zitronenscheibchen, und der Novize übernahm die Rolle des Kellners. Dalla Rosa füllte Tassen, Becher und Gläser; sein Auge fixierte einen Mann, der Puderdosen, Quasten und Kämme auspackte.
    »Wir sind gleich soweit«, sagte einer der Kameramänner auf deutsch, und von Schevens Mundwinkel rutschten herab. Er trat zwischen Horgan und den zwergenhaften Pacquin und sprach einführende Worte; ein pessimistischer Riese mit grauen Koteletten. Den Superior stellte er als erblindeten Abt vor, Horgan als ebenfalls leidgeprüft. Danach erwähnte er Strapazen und Gefahren, unter denen man bis in dieses kleine Paradies im Herzen einer von Bürgerkrieg erschütterten Insel gelangt sei, bezeichnete die fünf Bewohner als Männer alten Schlags und nannte die Atmosphäre, die in ihrer Mitte herrsche, einzigartig. Einzigartig wie der ganze Ort Infanta und seine Menschen, die durch die Armut geprägt seien. Er machte eine Atempause, in der sich Elisabeth Ruggeri einschaltete. »Die Menschen sind hier durch den Glauben geprägt«, sagte sie und erinnerte an die Menge der Wartenden vor dem Friedhof. Von Scheven widersprach. Er nannte Einrichtungen wie Busstation, Garküchen und Lotteriestände in Nähe des Friedhofs, die ein Herumstehen dort eher aus Alltagsgründen wahrscheinlich machten, zählte noch die benachbarten Läden auf und regte schließlich die Partnerschaft einer deutschen Gemeinde mit Infanta an. Danach besprach er sich mit seinem Team.
    Butterworth trat von hinten an McEllis heran. »Die Recherchen dieses Mannes haben innerhalb weniger Tage einen Grundstock beängstigender Ortskenntnis ergeben«, flüsterte er. »Und der Mann hat zweifellos Wahnideen von seiner Bedeutung.« McEllis stimmte dem durch sachtes Nicken zu, und Butterworth erwähnte das Gespräch mit Elisabeth Ruggeri. »Von unserem Gast weiß sie mehr als wir. So hörte ich von seiner Wohnung, sie stelle eine raffinierte Kombination von Geschmacklosem dar, den Gipfel der Eleganz. Dann bat sie mich um ein Kuvert für einen Brief an ihren alten Bekannten, der ihr leider aus dem Weg gehe. Ich gab ihr also einen Umschlag, und sie beendete hastig den Brief und bat mich, ihn zu übergeben. Sie ließ ihn schlicht liegen, als hier der Trubel begann, zusammen mit einer Kassette, die sie in meinem Beisein ausgewechselt hatte, und einem Heft, das ihr als Unterlage diente. Den Brief habe ich bei mir, die zwei anderen Dinge liegen unter meinem Bett.« Butterworth trat neben McEllis, und beide sahen zu Elisabeth Ruggeri, die mit einer Zeitung vor ihrem Gesicht fächelte.
    Die Luft war zum Ersticken. Viele hatten die Hemden geöffnet, einige stöhnten. Das Eiswasser war ausgegangen. Auch der Bourbon wurde schon knapp; die Amerikaner hatten die Flasche gefunden. Sie erzählten Horgan aus der Heimat und tranken mit ihm auf sein Wohl, während sich die Deutschen nach ihrer Unterredung an Pacquin wandten. Sie verlangten die Hauskapelle zu sehen, und plötzlich sprachen auch die anderen von Gregorios Leiche: Ob sie schon unter der Erde sei, und wenn nicht, wo dann. Der Superior stellte sich schwerhörig. »Hat es geklingelt?« fragte er, und Gereiztheit machte sich breit. Ein Schwede sah in die Marmeladentöpfe. Der Schweizer drehte den Wasserhahn auf und zu, als besichtige er eine Wohnung. Die Fotografen ließen Zigarettenasche fallen. Bowles erzählte aus Indien; von

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