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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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Horgan. McEllis trug die Hündin. Pacquin tastete sich zur Anrichte vor, einem seiner Wendepunkte. Und Kurt Lukas schaute und schaute; wie eine Landkarte prägte er sich die Ordnung in den Regalen der Anrichte ein. Da gab es oben die Flüssiggewürze, alle in klebrigen Fläschchen. Dann kamen die Pulver, Kaffee, Milch und Tee, aber auch Brause mit Vitaminen und andere Stützmittel. Das Fach darunter war für die Aufstriche, Erdnußcreme, Sardellenpaste, Salatsoßen, Marmeladen. Und in Tischhöhe standen Geschirrbehälter und Kerzen, Thermosflaschen und Gebißreiniger, der Röster, der alles verkohlte, sowie ein Aschenbecher, an dem ein maschinengeschriebener Hinweis klebte, Don’t remove. Von der Anrichte tastete sich Pacquin weiter zu einem kleinen, nur für das Entfernen von Speiseflecken gedachten Waschbecken. An immer gleicher Stelle, in immer gleicher Form, scheinbar unwandelbar, lagen dort Schwämmchen, Seife und ein Handtuch bereit.
    »Vielleicht ist es etwas vermessen«, fuhr McEllis nach einer Pfeifenpause fort, »aber Mister Kurt schien in unserem Gemeinschaftsraum mit seiner bescheidenen Einrichtung eine eigene unumstößliche Weltordnung zu erblicken. Horgan holte ihn dann wieder auf die Erde zurück. Für einen Liebenden, flüsterte er plötzlich, gebe es doch immer zwei Zeiten – die ihm gewährte und die, die er sich erkämpfen müsse. Wichen darauf alle von unseren Routen ab, gespannt auf die Antwort, und sicher trug diese beginnende Auflösung der äußeren Ordnung dazu bei, daß Mister Kurt sagte, er könne sich hier gar nichts erkämpfen, er verliere hier nur Zeit. Ich setzte mich zu ihm, während Dalla Rosa nach seinem Essen sah und die anderen vor der Durchreiche warteten, als empfingen sie noch einmal aus Maylas Hand Platten und Töpfe. Jede Eifersucht, sagte ich, verkleinert den Menschen, auch Sie, Mister Kurt; ich weiß, wovon ich rede. Er lachte. Immerhin sei er noch groß genug, daß eine Doña Elvira auf ihn fliege. – Fragte ihn, ob er ein Verhältnis mit der Sängerin habe und wen er damit herausfordern wolle. Darauf er: Ein Verhältnis, ich? Nein. Aber wenn es so wäre, dann kaum, um jemanden herauszufordern. Wen sollte ich herausfordern wollen? Etwa Gott? Man schläft nicht mit einer Frau in der Absicht, Gott zu provozieren! Er wurde laut wie ein Kind im Dunkeln, rief etwas auf deutsch und sagte mir dann ins Ohr: Ich glaube, Sie wußten nicht, was Sie taten, als Sie mich mit Mayla zusammenbrachten. Damit hatte er recht und unrecht. Doch anstatt das zu besprechen, gab ich mich priesterlich und fragte, ob ich ihm helfen könne, und er lachte wieder. Helfen? Mir ist nicht zu helfen. Aber Sie können mir eine Freude machen. Wenn Sie sich die Pfeife anstecken, das heißt ein Streichholz nehmen, weit ausholen und das Streichholz gerade so fest über die Reibfläche sausen lassen, daß es sich mit einer geringen Verzögerung entzündet. Eine wunderbare Bewegung, ich habe sie oft beobachtet an Ihnen. Konnte darauf nichts erwidern, aber tat ihm den Gefallen und mußte an meine erste Zeit auf der Insel zurückdenken, wie ich manchmal fassungslos vor den Wilden stand; Erleichterung, als endlich das Gericht auf den Tisch kam, Dalla Rosa den Deckel hob und dem Topf ein Duft entströmte, der uns zu Brüdern im Appetit werden ließ. Um so gemeiner dann die Störung; kaum waren unsere Teller gefüllt, ertönte Für Elise! Legten die Gabeln nieder und sahen uns nur an.« McEllis schrieb jetzt mit heißem Kopf. Bald fehlte allen Sätzen das Subjekt, und es wimmelte von Ausrufezeichen, die ihm schließlich verdächtig vorkamen. Seufzend machte er einen Punkt. Narciso und Infantas schillerndste Frau bei ihnen am Tisch, das sprengte den Rahmen von Notizen, das war Romanstoff. Das mochte Butterworth wiedergeben, er nicht.
    Dabei war McEllis selbst vor die Tür gegangen nach Verklingen der Hupe. »Ich brauche Ihren Gast als Zeugen«, sagte der Polizeichef sofort. »Das wissen wir, aber eilt es denn? Wir wollen gerade etwas essen.« Nun, ihm eile es nicht, und im übrigen müsse auch er noch etwas essen, aber in seinem Wagen sei Elvira Pelaez, und Damen lasse er nur ungern warten. Und da wurde McEllis, gegen jede Vernunft, ein Opfer seiner Ordensregeln, erklärte, vor den Gesetzen der Gastfreundschaft seien alle Menschen gleich, und bat den Hauptmann und die Sängerin herein. Es war dann vor allem das Sprachlose der anderen, als Narciso und Doña Elvira unter Verbeugungen in den Gemeinschaftsraum traten,

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