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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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»Kommandant Almandras«, teilte er den Fernsehzuschauern mit, »hat immer als Anhänger des Präsidenten gegolten. Die Menschen in Infanta sind entsetzt über den unmenschlichen Mord.« Er machte eine Pause, um das Wortspiel zur Geltung zu bringen, und Kurt Lukas nannte ihn Arschloch Lügner Idiot und sprang auf. »Verachtet hat der Kommandant diese Regierung, nichts als verachtet, und dafür hat man ihn umgebracht.« Er suchte seine Kleider zusammen. Auf der Fahrt zu seinem Haus, sagte der Reporter, sei der Kommandant zuerst angeschossen worden. Heftig blutend sei er den Tätern entkommen. Bei einem Tümpel hätten sie ihn wieder eingeholt, aus dem Wagen gezerrt, mit unzähligen Schüssen niedergestreckt und ins Wasser gestoßen. Der Reporter kommentierte Bilder vom Tatort. Kurt Lukas erkannte den Tümpel. Sie hatten dort gehalten, um die Gans zu kaufen; jeden Augenblick konnte Butterworth auftauchen. Aber Narciso kam ins Bild. »Der Kommandant«, erklärte er, »ist an der Front gefallen. Doch die Mörder kommen nicht weit. Sie sind mit dem Fahrzeug des Opfers geflohen. Wir verfolgen ihre Spur.« Der Reporter wünschte ihm Glück und erwähnte Verdienste des Toten.
    »Ich kenne diesen Kommandanten« – Elisabeth Ruggeri kam aus dem Bett –, »er sprach von dir. Und beeindruckte mich.« Kurt Lukas stellte den Fernseher ab. »Man hat ihn getötet, weil er beeindruckt. Er erzählte mir von der Begegnung mit dir. Ich wußte, daß du hier bist. Hätte er das nicht erzählt, wäre ich sicher schon in Rom. Natürlich nahm er an, du seist meine Geliebte. Und ich sagte, Nein, eine Bekannte. Wir saßen in seinem Wagen, nachts, es war unerträglich heiß. Ich mochte ihn. Bevor ich ausstieg, riet er mir, ich sollte mit Mayla ein Kind machen.«
    »Ist das ihr Name, Mayla?«
    »Ja.«
    »Schön.«
    Kurt Lukas ging ins Bad. Er lehnte die Tür hinter sich an. »Was heißt schön?« rief er.
    »Schön heißt einleuchtend«, sagte Elisabeth Ruggeri und pochte mit den Nägeln gegen die Tür. »Was machst du?« Sie drückte die Klinke herunter, aber blieb stehen.
    »Ich zähle meine grauen Haare. Es sind nicht zwei, sondern fünf.«
    »Wer sagt, es seien zwei?«
    »McEllis.«
    »Ist das einer der Alten?«
    »Ja. Er hat mich mit Mayla zusammengebracht. Ich weiß noch immer nicht, warum.«
    Elisabeth Ruggeri zog sich an.
    »Und kehrst du zu ihr zurück, an diesen Ort, wie war noch sein Name?«
    Kurt Lukas kam aus dem Bad.
    »Der Name spielt keine Rolle.«
    »Liebling, ich will dir nichts nehmen. Übrigens hast du nicht fünf graue Haare, sondern schon sieben, und sie sind auch nicht grau, sondern weiß. Oder glaubst du mir nicht?«
    »Ich glaube jeder Frau.«
    Kurt Lukas küßte Elisabeth Ruggeris Hände und ging.
    Sein Ergrauen oder Weißwerden war nicht das Schlimmste; ihr Liebling hatte ihn erschreckt, mehr als der Tod des Kommandanten.

I n diesen Tagen, als in allen Straßen die Angst vor einem Gewaltausbruch wuchs, erhielt Augustin Post aus Infanta. Ein vielversprechend praller Umschlag war mit der letzten Luftfracht in die Hauptstadt gelangt; aufgrund der angespannten Lage wurden Flughäfen geschlossen.
    Der Brief z. Hd. des Novizen Augustin war an das Priesterseminar der Gesellschaft Jesu adressiert und landete, im Zuge der internen Postverteilung, nach dem Mittagessen beim Empfänger. Augustin sah nur den Poststempel und die Frauenhandschrift, mit der sein Name geschrieben war, und entfernte sich ins Freie. Unter einem Nußbaum, wie sie rings um das Seminar wuchsen, brach er den Umschlag auf, und zum Vorschein kamen ein zweiter Umschlag, An Mister Kurt Lukas , sowie ein grauer Zettel. Alles vielversprechend Pralle befand sich in dem zweiten Umschlag, während auf dem Zettel in ermahnender Druckschrift folgendes stand: »Mein lieber Augustin, ich brauche Deine Hilfe. Ich bitte Dich, diesen Brief sofort zu überbringen. Lukas – ich weiß nicht, wie Du ihn genannt hast – ist bestimmt noch in der Stadt und wird in einem der großen Hotels wohnen. Du wirst ihn schon finden; ich danke Dir. M.« Dem schloß sich noch ein P. S. an. »Wenn Du meinen Brief überbracht hast, dann geh zu der Lebenden Mauer und reihe Dich mutig ein. Ich bete für alle, die dort ausharren.«
    Augustin setzte sich unter den Baum. Er knüllte den Zettel und glättete ihn wieder, las die Zeilen noch einmal, studierte sie, ob etwas zwischen ihnen stehe, strich über die Schrift und roch am Papier. Der Schlagersänger in ihm hatte gehofft, ein

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