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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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Wochenendeinkäufer wollten auf die polnischen Märkte. Jeden Samstag verstopften Hunderte von Pkws die Grenzkontrollpunkte. Der Hesse seufzte erleichtert, als er kurz nach 12 Uhr endlich auf polnischem Gebiet ankam. Bis zur litauischen Grenze waren es ungefähr 750 Kilometer. Nach seiner Schätzung würde er dazu circa acht Stunden brauchen. Einmal quer durch Polen. Und dann weitere 90 Kilometer bis Kaunas. Wenn alles gut ging, konnte er um 22 Uhr im Lager sein. Von Kaunas bis dorthin kannte er den Weg. Vor zwei Jahren hatte ihn Feller schon einmal dorthin geschickt, allerdings war er damals geflogen und ein Auto hatte ihn am Flugplatz abgeholt. Das war natürlich eine wesentlich angenehmere und bequemere Reise gewesen. Seinerzeit hatte er persönlich dem russischen General einen versiegelten Umschlag überbracht, über dessen Inhalt er selbst natürlich nichts wusste. Weiß der Teufel, was da drinstand. Aber ob deshalb dieser Aufwand nötig gewesen war? Offensichtlich ja. Letztlich war es dem Hessen egal, er fragte nie nach dem Sinn oder Unsinn eines Auftrags. Entscheidend war die Entlohnung. Feller konnte sich immer auf ihn verlassen und so würde es auch diesmal sein.
    Am liebsten würde ich den Verräter gern allein kaltmachen, dachte er. Aber ich soll unbedingt den General informieren. Den Rest erledigen seine Leibwächter. Denen möchte ich nicht in die Hände fallen. Bevor sie Klatt töten, werden sie ihn verhören, um an alle Informationen zu kommen. Feller hat mir mal erzählt, dass sie diesbezüglich einschlägige Erfahrungen in Afghanistan gesammelt hatten. Im Umgang mit den Mudschaheddin-Kämpfern konnten sie damals ihre Kenntnisse von Verhörmethoden erweitern. Sie dienten bereits dort unter General Rybakow. Ohne diese Brüder ging er nirgendwo hin. Außer wenn er ins Ausland musste. Was hatte Feller damals noch gesagt? »Kommen Sie niemals unaufgefordert näher als zwei Meter an Rybakow heran. Seine Garden greifen sofort und humorlos jeden an. Sie sind ihm absolut ergeben und würden sich sogar für ihn umbringen lassen. Dabei handelt es sich bei den Leibwächtern keineswegs um Dummköpfe.« Also Vorsicht, sagte sich der Hesse und achtete darauf, dass er im angegebenen Geschwindigkeitslimit fuhr. Es war gerade kurz nach 13 Uhr.

    Dr. Bernd Zimmermann lag ausgestreckt auf dem Rücken inmitten seines Wohnzimmers. Er trug noch die Sachen vom Vortag. Als er langsam zu sich kam, hatte er das Gefühl, dass eine Million Wecker gleichzeitig schrillten. In seinem Kopf dröhnte es und seine Zunge fühlte sich pelzig an. Als wenn ihm über Nacht ein Fell darauf gewachsen wäre. Er schlug die Augen auf und nahm langsam wahr, dass sein Telefon unaufhörlich klingelte. Ihm schien es, als würde es ihn unentwegt anschreien. Es tat ihm in den Ohren weh, und sein Kopf schien zu zerspringen. Er richtete sich schwerfällig auf und kroch auf allen Vieren zu dem Störenfried. Für einen Moment hatte er den Wunsch, einfach die Leitung aus der Wand zu reißen. Es hörte nicht auf. Was für ein hartnäckiger Anrufer, dachte Dr. Zimmermann, als er sich langsam besann und nach dem Hörer griff. Der Laut, den er zur Begrüßung von sich gab, war undefinierbar.
    Â»Mann, seit einer Stunde versuche ich, Sie zu erreichen. Was ist mit Ihnen los?«, fragte der Anrufer verärgert.
    Â»Ich habe geschlafen. Wer ist da und ruft mich mitten in der Nacht an?« Dr. Zimmermann fühlte einen Brechreiz in sich aufsteigen.
    Â»Dr. Rose. Es ist Samstag und gleich 14 Uhr. Also kann von Nacht keine Rede sein«, schnaubte er wütend. Garantiert hatte er die ganze Nacht durchgesoffen. Schwächling!
    Â»Dr. Rose, ja. Äh, was wollen Sie? Ich habe, ich wollte   …« Es gelang ihm nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Er sah auf die zwei leeren Flaschen auf dem Boden. Du lieber Gott, dachte er, von dem bisschen soll mir so übel sein?
    Â»Hören Sie mir genau zu, Dr. Zimmermann. In 20 Minuten rufe ich Sie wieder zurück. Sehen Sie zu, dass Sie bis dahin in der Lage sind, dem Gespräch zu folgen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, legte Dr. Rose auf.
    Dr. Zimmermann starrte ungläubig auf den Hörer und legte ebenfalls auf. Er setzte sich mit dem Rücken zur Wand auf den Boden und schloss die Augen. Wie war das gestern?, fragte er sich. Er versuchte, sich die letzten Stunden des

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