Infantizid
Laufe der Zeit wird die StraÃe immer schlechter. Ein paar 100 Meter vor dem Lager kann man eigentlich nur noch von einem festgefahrenen Weg sprechen. Der ist allerdings um die zehn Meter breit. Auf beiden Seiten befindet sich Wald. Ich denke, dort sollten wir einen Hinterhalt aufbauen. Vorausgesetzt, der Hesse kommt über diesen Weg.«
»Ja, er wird ihn nehmen. Zumal er ja nicht weiÃ, dass wir auf ihn warten. Also, warum sollte er Zeit verschwenden und um Kaunas herumfahren?«, fragte Dariusz.
»Richtig. Sofern er nicht weiÃ, dass wir auf ihn warten. Und wenn er nicht schon da ist. Wir können nicht alle Eventualitäten in Betracht ziehen, sonst kommen wir nicht weiter. Wir müssen es versuchen, uns bleibt gar nichts anderes übrig.«
»Wie erkennen wir ihn? Wie können wir sicher sein, dass er es ist?«, wollte Zbigniew wissen.
»Sein Auto wird mit ziemlicher Sicherheit deutsche Kennzeichen haben. PaweÅ, du versteckst dich ungefähr 500 Meter von uns entfernt neben der StraÃe und gibst uns jedes ankommende Fahrzeug durch. Zbigniew bleibt auf meiner Höhe versteckt und du, Dariusz, gehst noch einmal 50 Meter weiter. Falls er mir und Zbigniew durch die Lappen geht, wirst du ihn erledigen. Was sein Stoppen angeht, ganz einfach. Ich habe meine schwarze Uniform dabei. Er wird keinen Verdacht schöpfen und denken, ich sei ein Vorposten. Nachdem ich sicher bin, dass er es ist, töte ich ihn. Ich werde ihn aus dem Fahrzeug ziehen und im Unterholz verstecken. Zbigniew wird das Auto wenden, Dariusz stöÃt wieder zu uns, wir fahren zurück und nehmen PaweÅ auf. An dieser Kreuzung hier warten wir ab, was unser nächster Auftrag sein wird. Dazu werde ich mit Deutschland telefonieren. Das ist noch mal das Foto des Hessen. Er darf auf keinen Fall überleben.« Arndt reichte das Bild herum.
Als Zbigniew es Arndt zurückgab, fragte er: »Und was ist mit diesem Klatt? Wie willst du mit dem Kontakt aufnehmen?«
»Das weià ich auch noch nicht. Vielleicht bekommen wir per Telefon neue Informationen.« Für Arndt stand sein weiteres Vorgehen allerdings schon fest. Er musste in dieses Lager zurückkehren. Aber das sagte er den anderen nicht. Noch nicht.
Seine Uhr zeigte: 17:20.
Die Laune des Hessen verbesserte sich merklich, als er sah, dass Kaunas nur noch 20 Kilometer entfernt war. Diese eintönige Fahrt auf der Autobahn war ermüdend. Nur einmal hatte er sie zum Tanken unterbrochen. Ansonsten ging es fast die ganze Zeit nur stur geradeaus. Den gröÃten Teil der Fahrzeuge machten Lkws aller Herren Länder aus. Zum Zeitvertreib und gegen die Langeweile versuchte er anhand der Kennzeichen festzustellen, wo die Lkws herstammten. Zuerst das Land und dann die Stadt. So ziemlich alle europäischen Staaten transportierten irgendetwas in Richtung Osten.
Der Verkehr nahm immer mehr zu, je näher er Kaunas kam. Der Hesse ordnete sich auf der rechten Spur ein, um die Abfahrt Richtung Klaip Ä da, nordöstlich von Kaunas, nicht zu verpassen. Den Njemen hatte er eben über der Autobahnbrücke passiert. In gut einer halben Stunde bin ich da, dachte er. Es war 18:05 Uhr.
Einen Hinterhalt konnte man in jedem Gelände zu jeder Tages- und Jahreszeit und unter allen Witterungsbedingungen herstellen. In der Regel wurde dieser an für den Feind unübersichtlichen StraÃen oder Waldwegen angelegt. Dem Gegner durfte keine Ausweichmöglichkeit für eine Bewegung bleiben. Der Hinterhalt wurde an einer günstigen Stelle im Gelände gedeckt bezogen und durfte keinerlei Spuren aufweisen. Dafür waren drei Trupps notwendig: der Ãberfalltrupp, der Sicherungstrupp und der Beobachtungstrupp.
So weit die Theorie, dachte Peter Arndt auf dem Weg zum Ausbildungslager. Ihren UAZ-Geländewagen hatten sie, kurz nachdem sie die HauptstraÃe verlassen hatten, gut im dichten Gebüsch getarnt. Den Rest waren sie neben dem Waldweg zu Fuà gegangen. An einer leichten Biegung gab er das Zeichen zum Halt.
»Hier muss jedes Fahrzeug zwangsläufig die Geschwindigkeit drosseln. Das wird mein Posten sein. Ihr bleibt alle auf derselben StraÃenseite versteckt, damit wir untereinander nicht in das Schussfeld des jeweils anderen geraten. PaweÅ, du gehst zurück und gibst uns per Funk jedes Fahrzeug durch. Viele sollten es am Wochenende nicht sein. Zbigniew bleibt auf meiner Höhe im Unterholz verborgen liegen.
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