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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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dass ich Ihnen ins Wort falle. Wir sollten uns in Ruhe darüber unterhalten. Nicht am Telefon. Würde es Ihnen morgen Mittag gegen 13 Uhr passen? In unseren Räumlichkeiten, Erfurt, Juri-Gagarin-Ring 113. Nicht zu verfehlen. Wir danken Ihnen für Ihr Interesse. Auf Wiederhören.«
    Ehe Matti Klatt antworten konnte, hatte der andere bereits aufgelegt. Damit lag er mit der Vermutung, dass sie seine Telefonnummer hatten, gar nicht so falsch. Dass aber ein Rückruf innerhalb von so kurzer Zeit erfolgte, damit hatte er wirklich nicht gerechnet. Schon gar nicht auf diese Art und Weise. Das klang wie eine Vorladung. Und Matti Klatt hatte den Eindruck, dass Widerspruch nicht geduldet wurde.
    Worauf lasse ich mich da ein?, fragte er sich. Er fühlte sich überrumpelt und wollte sich keinesfalls die Pistole auf die Brust setzen lassen. Aber das schien ab jetzt nur noch Wunschdenken zu sein.

    Als Kriminaloberkommissar Hubaczek den Opel vor der Polizeiinspektion Berlin-Pankow parkte, schaute ihn Leichenkolbe verwundert an.
    Â»Warum fährst du nicht in den Hof? Dort ist er sicherer aufgehoben.«
    Halb in Gedanken erwiderte Hubaczek: »Ich möchte etwas testen. Geh schon mal vor und melde uns an. Ich komme gleich nach.« Dieses Gefühl der Unruhe ließ ihn einfach nicht los. Irgendetwas ging hier vor. Er konnte nicht genau sagen, was. Hubaczek wollte zuerst mit dem Auto beginnen, weil es ihn die ganze Zeit am meisten beschäftigte. Er musste auf Nummer sicher gehen. Als er sich in Weimar auf den Fahrersitz gesetzt hatte, bemerkte er, dass dieser ganz an die hintere Sitzbank geschoben war. Es war ihm früher noch nie aufgefallen, dass einer seiner Kollegen den Opel so verließ.
    Vielleicht ist es dieser Umstand gewesen, der mich so unruhig machte, dachte er.
    Nachdem er die vorderen Türen geschlossen hatte, öffnete er die hinter dem Fahrer. Er beugte sich nach vorn und steckte ein winziges Stück Papier in den Schlitz zwischen Tür und Karosse. Dasselbe machte er auf der Beifahrerseite, bevor er das Auto per Fernbedienung verriegelte und Leichenkolbe folgte.
    Wir werden ja sehen, dachte er, als er das Gebäude der Dienststelle betrat.

    Seit 20 Minuten war keine Bewegung auf dem Gehöft zu erkennen. Stüpp hatte genug Zeit, sich einen Eindruck von der Umgebung zu verschaffen. Er saß gut getarnt unter einem Busch. Der Himmel war immer noch klar, es wurde nur ein wenig kühler. Ihn fröstelte und er setzte seine Sturmhaube wieder auf. Er schätzte die Entfernung bis zum Anwesen auf circa 200 Meter. Er musste es jetzt riskieren, die Zeit lief gegen ihn. Je schneller er in Berlin war, desto besser. Stüpp kroch aus seiner Deckung und lief gebückt in Richtung Gut. Es war niemand zu sehen. Er fragte sich, wie das Motorrad hierhergekommen war, wenn weit und breit kein Mensch in der Nähe zu sein schien. So ein Teil ließ man doch in dieser gottverlassenen Gegend nicht einfach stehen. Er legte seinen Tornister ab und betrat den Hof. Es war ein alter Bauernhof mit Haupt- und Nebengebäude, gebaut aus Bruchsteinen und einem Walmdach. Die Fenster wurden nur noch von ihren Rahmen gehalten. Die Scharniere waren weggerostet und man konnte annehmen, dass der nächste Windstoß sie gänzlich aus den Angeln reißen würde. Der ganze Bauernhof war von einer völlig zerfallenen Mauer umschlossen. Der Boden war mit Natursteinen gepflastert, die man bloß bei näherem Hinsehen erkennen konnte, da aus den Fugen das Gras wucherte. Außerdem war er völlig uneben. Am Nebengebäude standen verschiedene Landwirtschaftsgeräte, die aussahen, als wären sie Jahrzehnte nicht benutzt worden. Das gesamte Grundstück hatte ungefähr eine Größe von 35 mal 60 Metern. Hier wohnt niemand mehr, dachte er. Außerdem hatte doch jeder Bauernhof einen Hund.
    Es war keine Menschenseele zu sehen, ebenso wenig Viehzeug. Kein Laut zu hören. Dies ließ ihn ruhiger und sicherer werden. Zuerst wollte er das Motorrad in Gang bringen und sich dann irgendwo anders zivile Klamotten besorgen. Als er sich herumdrehte, um das Kraftrad in Augenschein zu nehmen, fuhr ihm der Schreck in die Glieder. Er starrte in ein doppelläufiges Jagdgewehr.
    Â»Guten Morgen, Genosse«, sagte ein Baum von einem Kerl auf Russisch. Er musste über zwei Meter groß sein und hatte Schultern so breit wie ein überdimensionaler Kleiderschrank. Stüpp überlegte

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