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Infektiöse Visionen (German Edition)

Infektiöse Visionen (German Edition)

Titel: Infektiöse Visionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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nach in einem Hotel dieser Stadt.
    Ich wusste nicht, ob ich Wendelin Forberig zuvor gehasst hatte; verachtet ganz sicher, verabscheut vielleicht, den Tod hätte ich ihm nicht gewünscht. Jetzt hasste ich ihn. Es begann als kleiner, glimmender Punkt von Glut tief im Innersten, irgendwo am Rückgrat in der Höhe des Brustbeins.
    Nachgedacht wurde in meinem Kopf, derweil ich Kartoffeln abwog und die Echtheit unseres Biozertifikats für Eier von freilaufenden Hühnern bestätigte, nachgedacht wurde über den Weg des Taxis und den Inhalt der großen Reisetasche im Kofferraum. Wo war diese Tasche jetzt? Im Gepäckfach eines Zugabteils? Oder wohl eher im Gepäckraum eines Flugzeugs nach Brasilien.
    Ja, ich hasste ihn jetzt, die Glut wuchs und griff über. Ich würde ihnen wohl folgen müssen, wenn die Glut erst verzehrend genug geworden wäre. Noch nicht heute, noch war der Bioladen offenzuhalten, der Schein zu wahren, ein letzter Versuch zu starten, das Geheimnis zu lüften, und dann ein Blick in die vergessene Vergangenheit zu werfen. Aber danach...
    Von zwölf bis zwei sperrte ich den Laden zu. Die Zeit reichte gerade so, um zur Friedrichsruh zu hetzen, an das Glas des verwaisten Schaukastens eine Nachricht an Egon Stubenfeuer zu kleben, hoffend, dass er auch ohne Gästebuch noch hierher kam, den Zettel lesen und mich anrufen würde.
    Den Nachmittag über starrte ich in die sich ausbreitende Glut – es war nicht nötig, ihr Luft zuzufächeln – und sah mich darüber hinweg den Betrieb aufrecht erhalten im Laden einer Frau, deren Liebhaber ich zu töten mir ausmalte.
     

    Kein Anruf von Stubenfeuer. Bis morgen früh gebe ich ihm noch.
    Acht Uhr, ich muss hoch zu Clarissa.

Kapitel 29: Rückführung
     

    Es war alles ein Riesenschwindel gewesen.
    Selbst dann, wenn ich meinte, in eigenem Interesse und aus eigenem Antrieb heraus zu handeln, spielte ich ihm zu, dem blauen Ding in mir und um mich herum. Letztlich war mein Ich schon aufgehoben und ließ sich nur noch hin und her zerren nach Plänen, die mir nicht mitgeteilt wurden und die zu einem Ziel führten, das ich nicht mal raten konnte.
    Ich hocke wieder angekettet im Gewölbekeller. Auch das war sein Plan gewesen. Mit einem monströsen Ziel, das ich gleich erfahren werde, aber nur, um es daraufhin sofort wieder zu vergessen, getilgt zu bekommen aus meinem Bewusstsein. Und dass ich es jetzt wieder hervor grabe, ist auch nicht meine Initiative, sondern es ist nur einfach so weit, dass ich es erfahren und mir diesmal merken darf für weitere Zappeltätigkeiten meiner Marionetten-Funktion.
    Ich hocke also auf dem eiskalten, feuchten, verdreckten Steinfußboden. Undurchdringliche Finsternis umgibt mich. Die Handschelle schneidet in meine Haut und quetscht schmerzhaft die Knochen. Irgendwo tröpfelt es hallend.
    In dieser Dunkelheit und Einsamkeit beginnt man bald, manch Nichtvorhandenes zu sehen. Lichtpunkte, die scheinbar in der Dunkelheit aufglimmen, sich zu Ringen aufblasen und am Rande des Sichtfeldes zerplatzen, um neuen Ringen Platz zu machen. Man meint, etwas husche an einem vorbei und streife dabei die Haut. Flüsterstimmen klingen auf und verwehen. Man bekommt das sichere Gefühl, nicht allein zu sein. Die Anwesenheit von Irgendwas wird fühlbar und zur Gewissheit. Dagegen sind Kälte, Durst und Hunger ein Witz.
    Irgendwann glaube ich, mein Plan sei fehlgeschlagen. Warum habe ich keine Uhr dabei? Wie lange hocke ich hier schon? Vera wird nie kommen und mich finden.
    Dann glaube ich, Schritte zu hören. Ganz nah kommen sie auf mich zu, bis direkt an das Kellerverlies, in dem ich hocke. Sie verstummen eine Weile und entfernen sich wieder.
    Das Verrückte an dem Bewusstsein, das sich in dieser Lage einstellt, ist ja: Die Besessenheit, die ich mir eingebildet habe und die mich überhaupt hierher geführt hat, ist weg. Den Blauen Frosch hat es nie gegeben. Was habe ich getan, warum habe ich mir das angetan? Wie kann ich erwarten, dass mich etwas verlässt, das nie dagewesen ist?
    Ich strecke mich nach meiner Tasche mit dem Schlüssel. Da ich sie nicht sehen kann, stochere ich mit dem Fuß im Nichts herum, völlig ahnungslos, ob die Richtung stimmt. Die Handschelle zerquetscht mir gleich die Daumenwurzel und reißt mir die Hand ab, so fest zerre ich daran, um den Fuß noch weiter ausstrecken zu können.
    Aber es kann ja nicht funktionieren, weil es von mir selbst so angelegt worden ist, um dem Blauen zu versichern, es gäbe keine Rettung und er könne mich jetzt

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