Infernal: Thriller (German Edition)
Marine Corps bei. Ein schneller, unwiderruflicher Schritt. Er konnte nichts dagegen tun. Der Krieg in Vietnam heizte sich auf, und bevor Roger wusste, wie ihm geschah, war er auf dem Weg dorthin.«
Stolz blitzt in den Augen des Künstlers auf. »Und dort erwachte ich dann richtig zum Leben. Vietnam. Er hätte es niemals ohne mich geschafft. Tagsüber schlug er sich so durch, machte Witze, klopfte anderen auf den Rücken und versuchte sich anzupassen. Doch in der Nacht machte er mir Platz. Auf Patrouille. Auf Posten. Ich konnte Dinge riechen, die er nicht einmal sehen konnte. Ich konnte nackte Füße hören, die in fünfzig Metern Entfernung das Gras verbogen. Ich hielt ihn am Leben. Und die anderen. Zum Dank bekam ich Orden.«
»Was passierte danach?«, frage ich, während ein kleiner Teil meines Verstandes immer noch überlegt, wie weit John und Baxter mit ihren Ermittlungen inzwischen gekommen sind und ob sie eine Spur zu diesem Haus gefunden haben.
»Ich kehrte nach New York zurück, wie Sie wahrscheinlich wissen. Doch ich war ein anderer Mensch. Ich nahm meinen Sold, schrieb mich an der NYU ein und malte vier Jahre lang. Als ich die Universität wieder verließ, malte ich Porträts, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich war auf der Suche nach meiner Bestimmung, und eines Tages fand ich sie. Mein überlebender Bruder starb in der Handelsmarine, und die Farm stand plötzlich zum Verkauf. Ich beschloss sie zu kaufen. Zuerst überlegte ich, ob ich das Haus einfach niederbrennen sollte, doch dann ließ ich es. Jeder Tag war süße Rache. Diese Zimmer, die Mutters Qualen gesehen hatten, und Roger füllte sie mit Licht und Farbe. Damals fing er an, die Lichtung zu malen.«
»Und wann haben Sie angefangen zu malen? Die ›Schlafenden Frauen‹?«
Wheaton schürzt die Lippen wie ein Mann, der sich an das Jahr zu erinnern versucht, in dem er geheiratet hat oder den Streitkräften beigetreten ist. »Achtundsiebzig, glaube ich. Ich war mit dem Wagen nach Norden unterwegs, und hinter einer Brücke stand ein Mädchen und trampte. Sie war jung und hübsch und sah aus wie eine Studentin. Eine Streunerin. Ein übrig gebliebener Hippie. Ich fragte, wohin sie wollte, und sie sagte: ›Überallhin, Mann, Hauptsache, es ist warm.‹« Wheaton lächelt bei der Erinnerung. »Ich wusste ganz genau, wie sie sich fühlte. Ich war ebenfalls an diesem Punkt gewesen.
Ich fuhr mit ihr zur Farm. Auf dem Weg dorthin wurde sie high. Sie hatte Pillen dabei, und die machten sie gesprächig. Ihre Geschichte war wie Dutzende anderer, die ich von Frauen gehört hatte. Ein Vater wie mein eigener. Eine Mutter, die sie nicht vor ihm beschützen konnte. Männer, die sie missbraucht hatten. Auf der Farm gab ich ihr zu essen. Sie wurde schläfrig. Ich fragte sie, ob ich sie malen dürfte, und sie sagte Ja. Als ich sie fragte, ob ich sie nackt malen dürfte, zögerte sie, wenn auch nur einen Augenblick. ›Aber du machst nichts Verrücktes, oder? Du bist viel zu nett.‹ Dann zog sie ihre Sachen aus. Ich ließ sie in die Wanne steigen.«
Seine Geschichte hat mich in faszinierte Trance versetzt, doch als mir seine letzten Worte bewusst werden, spüre ich plötzlich Übelkeit in mir aufsteigen.
»Ich malte, wie Roger es noch nie getan hat. Ich hatte die Kontrolle, verstehen Sie? Ich hielt den Pinsel. Ich bestimmte, was ich malte.«
»Aber irgendetwas geschah«, sage ich zögernd.
Wheaton legt seinen Pinsel beiseite und massiert heftig seine linke Hand. »Ja. Bevor ich mit dem Bild fertig war, wachte sie auf. Ich war nackt. Ich bin nicht sicher, wie es dazu gekommen ist, außerdem – was spielt es schon für eine Rolle? Ich weiß nur, dass ich nackt war und malte, und ich war erregt. Das Mädchen geriet in Panik.«
»Was haben Sie gemacht?«
»Ich geriet ebenfalls in Panik. Sie wusste, wo sie war. Wenn sie den Leuten erzählte, was passiert war, hätte es Roger in Schwierigkeiten gebracht. Ich versuchte, sie zu beruhigen, doch sie verstand alles falsch. Sie kämpfte. Sie ließ mir keine andere Wahl. Ich drückte sie unter Wasser und hielt sie dort fest, bis sie aufhörte, sich zu wehren.«
Mein Gott ... »Und was haben Sie danach getan?«
»Ich vollendete das Bild.« Wheaton nimmt den Pinsel wieder zur Hand, taucht ihn in die Farbe und kehrt an seine Arbeit zurück. »Sie sah so friedlich aus. Viel glücklicher als vorher, als ich sie mitgenommen hatte. Sie war meine erste ›Schlafende Frau‹.«
Neunzehnhundertachtundsiebzig. In dem
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