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Infernal: Thriller (German Edition)

Infernal: Thriller (German Edition)

Titel: Infernal: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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die Stadt eingekauft hatte. Dinge, die mein Vater nie zu Gesicht bekam. Dünne Hemdchen oder Gewänder, wie die Frauen auf den klassischen Bildern sie tragen. Ich habe sie stundenlang gemalt, während wir geredet und gelacht haben, bis das Licht schwächer wurde. Jedes Mal zögerten wir den Augenblick der Rückkehr in das kleine dunkle Haus des Zorns so lange wie möglich hinaus.«
    »Und was geschah dann? Warum ging es zu Ende?«
    Wheaton versteift sich. Sein Unterkiefer mahlt, doch kein Laut dringt über seine Lippen. Dann bewegt sich seine Hand langsam nach vorn, und der Pinsel berührt die Leinwand. »Als ich dreizehn war, wurde ich neugierig, was gewisse Dinge angeht. Viele der Bilder in Mutters Buch zeigten Nackte, und ich wollte so malen. Sie verstand die Notwendigkeit, doch wir mussten vorsichtig sein. Manchmal nahm mein Vater Arbeit in der Mühle in der Stadt an. Meine Brüder stellten dann für ihn die Fallen auf. Und dann posierte Mutter nackt für mich.«
    Trotz des kalten Badewassers fühlt sich mein Gesicht heiß an. Ich spüre, dass wir uns in den tiefen Sumpf des Inzests begeben.
    »Wurden Sie ... intim?«
    »Intim?« Seine Stimme klingt, als käme sie aus einer Höhle. »Wir waren wie ein und dieselbe Person.«
    »Ich meine ...«
    »Sie meinen Sex .« Er hebt den Pinsel, und sein Gesicht ist voller Abscheu. »So war es nicht. Manchmal habe ich sie berührt, um sie in die richtige Pose zu bringen, sicher. Und sie hat mir Dinge erzählt. Wie Liebe sein sollte, und wie sehr sie hoffte, dass sie irgendwo auf der Welt wirklich so war. Doch hauptsächlich haben wir Pläne geschmiedet. Sie sagte, ich hätte eine Begabung, die mich eines Tages berühmt machen würde. Ich schwor ihr tausend Mal, dass ich, wenn ich je von zu Hause wegkäme, erfolgreich sein und zurückkommen würde, um sie von dort wegzuholen.«
    Ein erschreckendes Bild steigt in mir auf. »Hat jemand Sie beide bei Ihrer Malerei überrascht?«
    Wheaton schließt die Augen. »Eines Nachmittags im Frühling spionierten meine Brüder uns hinterher, anstatt Fallen aufzustellen. Sie beobachteten Mutter dabei, wie sie sich auszog, dann rannten sie in die Stadt und holten meinen Vater. Als Vater in die Hütte platzte und Mutter nackt sah, drehte er durch. Er schrie unverständliches Zeug über Huren und Gott weiß was aus der Bibel. Meine Mutter kreischte ihn an zu verschwinden, doch Vater war völlig außer sich. Er befahl meinen Brüdern, mich festzuhalten, und dann ... dann fing er an, Mutter zu schlagen. Statt es hinzunehmen, wie sie es für gewöhnlich tat, wehrte sie sich. Sie kratzte ihm das Gesicht blutig. Als er es bemerkte, nahm er eine alte Sensenstange ...«
    Wheaton blinzelt, als würde er angestrengt in die Ferne sehen. »Ich höre noch immer das Pfeifen, als er zum Schlag ausholte. Und das Geräusch, als er sie damit traf. Es klang wie eine platzende Eierschale. Wie sie fiel. Sie war tot, bevor sie auf dem Boden aufkam.«
    Seine Stimme klingt wie meine, wenn ich vom »Tod« meines Vaters spreche, die Tonlage höher, mit einem hörbaren Zittern. »Warum gibt es in den Akten keinerlei Hinweis darauf?«
    »Es war niemand in der Nähe. Wir waren ganz allein. Und Mutter hatte keine Familie mehr.«
    »Hat Ihr Vater sie begraben?«
    »Nein.«
    Nein? »Was ist geschehen?«
    Wheaton starrt zu Boden, und seine Stimme sinkt zu einem kaum hörbaren Flüstern herab. »Er kam zu mir herüber. Meine Brüder hielten mich immer noch fest. Er beugte sich über mich und befahl mir, sie zu begraben und dann nach Hause zu gehen. Sein Atem stank . Er sagte, wenn ich auch nur einer Menschenseele erzähle, was passiert ist, würden er und meine Brüder schwören, dass sie mich dabei überrascht hätten, wie ich sie in diesem Schuppen vergewaltigen wollte, nachdem sie bereits tot gewesen wäre. Ich hatte so etwas Grauenhaftes noch nie gehört. Ich war wie betäubt vor Furcht. Niemand würde mir glauben, sagte er. Man würde mich in eine Besserungsanstalt in der Stadt schicken, wo andere Jungen mich jeden Tag verprügeln und in der Nacht vergewaltigen würden. Danach ließen sie mich allein bei ihr zurück.«
    »Es tut mir so Leid«, murmele ich, doch Wheaton hört mich nicht.
    »Ich konnte sie nicht begraben.« Seine Stimme ist ein leises Klagen. »Ich konnte sie nicht einmal ansehen. Ihr Schädel war an der Seite eingeschlagen. Ihre Haut sah aus wie blauer Marmor. Ich weinte, bis sich meine Augen anfühlten wie Sandpapier. Dann zerrte ich sie nach draußen zu

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